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Eskalation droht: Organisierte Fanszene und DFL weiter auf Konfrontationskurs

SID
Ein Wolfsburg-Ultra zündet Pyrotechnik.
Ein Wolfsburg-Ultra zündet Pyrotechnik.AFP
Das Nordduell zwischen Hamburg und Hannover mit der geschmacklosen Provokation der Gästefans könnte ein Vorbote für die nächste Proteststufe im deutschen Fußball gewesen sein.

Drei Männer im Fadenkreuz der Fans, ein Spiel am Rande des Abbruchs - und große Sorgen vor einer weiteren Eskalation: Beim Nordduell zwischen dem Hamburger SV und Hannover 96 erreichte der Investorenstreit zwischen den Ultras und der Deutschen Fußball Liga die befürchtete nächste Proteststufe. Der Graben wird immer tiefer, der Sport zur Nebensache.

Bedrückt hockte Stefan Leitl auf dem Podium in den Katakomben des Hamburger Volksparkstadions. Eigentlich sei er "super happy", sagte Hannovers Trainer. Seine Mannschaft hatte den HSV in einem wilden Zweitligaspiel mit 4:3 bezwungen und darf wieder von der Bundesligarückkehr träumen. Doch einige der eigenen Anhänger hatten Leitl den Abend nachhaltig versaut.

"Man hört immer: Fußball gehört den Fans. Aber Fußball gehört auch den Fußballern", sagte Leitl aufgebracht: "Was heute passiert ist, hat in einem Stadion nichts verloren. Das nervt einfach."

H96-Sportdirektor warnt: Stimmung droht "zu kippen"

Im Gästeblock waren Plakate mit Porträts in Fadenkreuzen aufgetaucht, darunter der Kopf von Hannovers Geschäftsführer Martin Kind. Das Spiel stand kurz vor dem Abbruch, nach einer halbstündigen Unterbrechung setzte Schiedsrichter Sören Storks die Begegnung fort. Hannover gewann durch ein Tor in der Nachspielzeit, der HSV verlor zu Hause zum dritten Mal in Folge.

Das Offensivspektakel, der Aufstiegskampf, die beiden Platzverweise für den HSV in der Schlussphase: Alles rückte in den Hintergrund. Das verdeutlichte Hannovers Sportdirektor Marcus Mann bei Sky. "So, wie es im Moment ist, kann und darf es nicht weitergehen", sagte er: "Im Stadion droht dann auch irgendwann die Stimmung zu kippen."

Die ist bei fast allen Erst- und Zweitliga-Vereinen angespannt wie nie zuvor. Tennisbälle und Schokotaler fliegen überall auf den Rasen, weiterer, lauterer, kompromissloserer Protest gegen den Einstieg eines externen Geldgebers bei der DFL ist längst ausgemachte Sache. "Ich bin mir sicher: An diesem Wochenende werden wieder Spiele unterbrochen werden, denn die DFL hat kein Angebot gemacht, das nur ansatzweise verhandlungswert wäre", sagte Thomas Kessen, Sprecher des Bündnisses "Unsere Kurve" bei RTL/ntv.

Tennisbälle wurden zum Symbol der Unruhen.
Tennisbälle wurden zum Symbol der Unruhen.Profimedia

Und so kam es: Am Samstag stand die Bundesliga-Partie zwischen Union Berlin und dem VfL Wolfsburg (1:0) nach mehreren Unterbrechungen von insgesamt einer halben Stunde vor dem Abbruch. Erneut waren Hunderte Tennisbälle auf das Feld geflogen, auch in der Partie zwischen Borussia Mönchengladbach und Darmstadt 98 (0:0) kam es zu einer längeren Unterbrechung.

Martin Kind kündigt "Reaktionen" an

Vorstandschef Jan-Christian Dreesen von Bayern München kritisierte in der Welt am Sonntag die Auswüchse der Proteste. Es gehe in "einigen Ultra-Szenen (...) nicht mehr um den Fußball, sondern in erster Linie um Machtdemonstration". Diese "unlautere" Beeinflussung des Spiels, betonte das Mitglied des DFL-Präsidiums, werde "nichts ändern an der grundsätzlichen Einstellung der Mehrheit der 36 Bundesligaklubs".

Auf den Fadenkreuzen der Hannover-Fans waren auch die beiden CEOs der möglichen DFL-Investoren zu sehen. Die geschmacklosen Banner verschwanden irgendwann, Konsequenzen werden sie dennoch haben, wie Kind selbst ankündigte: "Es wird Reaktionen geben. Ende!", sagte er laut HAZ.

Durch dieses Banne (u.) hatten Hannover-Fans versucht, einen Spielabbruch zu provozieren.
Durch dieses Banne (u.) hatten Hannover-Fans versucht, einen Spielabbruch zu provozieren.Profimedia

Kind spielt eine zentrale Rolle in der Auseinandersetzung zwischen einem Teil der Fans und der DFL. Der Geschäftsführer der Profiabteilung in Hannover soll entgegen der Anweisung seines Vereins bei der DFL-Mitgliederversammlung im Dezember für den Einstieg eines Investors gestimmt haben. Ohne Kinds Stimme wäre der Deal gescheitert. Seitdem kocht die Fan-Seele.

In Hamburg protestierten auch die Heimfans und ketteten Fahrradschlösser in die Tornetze. Die Verzögerung nervte Spieler, Trainer und viele Zuschauer, doch erst die Plakate im Gästeblock sorgten für Entsetzen. "Die sind ein Unding", sagte Hannovers Sportchef Mann und flehte: "So wie es jetzt läuft, kann es nicht weitergehen. Wir müssen eine Lösung finden."