PSV und Peter Bosz: Das Märchen und der Hurra-Fußball halten an

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PSV und Peter Bosz: Das Märchen und der Hurra-Fußball halten an

Aktualisiert
Peter Bosz ist aktuell der Trainer der Stunde
Peter Bosz ist aktuell der Trainer der StundeAFP
In Eindhoven ist in den letzten Monaten etwas Besonderes entstanden: Peter Bosz (60) hat eine Mannschaft aufgebaut, die seit Saisonbeginn die Massen begeistert - sowohl national in den Niederlanden, als auch international in der Champions League. Ein Muster des Ex-Trainers von Borussia Dortmund und Bayer Leverkusen, das einem durchaus bekannt vorkommen kann...

Bosz attackierte in Sevilla

Als PSV eine halbe Stunde vor Schluss mit 0:2 gegen Sevilla am 5. Spieltag der Champions League 2023/24 zurückliegt und kurz vor dem Ausscheiden aus der Champions League steht, bringt Peter Bosz einen offensiven Mittelfeldspieler für einen seiner Innenverteidiger. Der riskante Schachzug zahlt sich aus: Wenige Minuten später erzielt seine Mannschaft den Anschluss, gleicht später sogar aus nachdem der Gegner nach Platzverweis auf 10 Mann reduziert wurde.

Zum Match-Center: Sevilla vs. PSV Eindhoven

Die Mannschaft des Niederländers hat daraufhin die Chance, einen Punkt mitzunehmen, um vor dem letzten Spiel noch eine realistische Chance auf den Gruppensieg zu wahren. Der normale Fußballsachverstand würde zum "Verwalten" aufrufen.

Das Risiko zahlt sich aus

Nicht so Bosz. Obwohl Sevilla nun alles daran setzt, das zum Überleben nötige Tor zu erzielen, nimmt er noch einen weiteren Innenverteidiger und einen defensiven Mittelfeldspieler aus dem Spiel und bringt stattdessen einen offensiven Außenverteidiger und einen Stürmer. Seine Mannschaft steht damit ohne natürlichen Innenverteidiger auf dem Felds.

Der von Bosz eingewechselte Stürmer Ricardo Pepi erzielt den Siegtreffer, der PSV ins Achtelfinale schießt. Auf die Frage nach seinen Auswechslungen antwortete der Trainer, dass eine 0:2-Niederlage nicht besser sei als eine 0:4-Niederlage. Die Frage, warum er es nicht hätte versuchen sollen, versteht er nicht.

Peter Bost: Bisher tadellose Saison

Was für jeden normalen Trainer ein absoluter Schock-Move wäre, ist etwas, an das sich die PSV-Fans mittlerweile gewöhnt haben. Das "offene Visier", das Bosz vorlebt, hat sich nämlich zuletzt bewährt.

Nach der schweren Niederlage gegen Arsenal zum Auftakt der Königsklasse holte die Mannschaft sowohl gegen Lens als auch gegen Sevilla jeweils einen Sieg und ein Unentschieden und sicherte sich damit den Einzug in die nächste Runde. Auch in der Eredivisie läuft es nach wie vor hervorragend: 22 Spiele, 19 Siege, 80 Tore, 13 Gegentore.

Die Spitze der Eredivisie
Die Spitze der EredivisieFlashscore

Als Bosz im Juni die Nachfolge von Ruud van Nistelrooy antrat, übernahm er einen Verein, der bestenfalls als zweitstärkste Mannschaft der Niederlande galt und 2022/23 nicht den Hauch einer Chance hatte, Arne Slots Feyenoord den Titel streitig zu machen.

PSV: Team der Star

Ohne Xavi Simons wären sie wahrscheinlich nicht einmal Zweiter hinter den Rotterdamern geworden. Selbst die optimistischsten PSV-Fans haben sich wohl keine allzu großen Hoffnungen gemacht, dass sie den Rivalen in dieser Saison den Kampf hätten ansagen können, vor allem als dann auch noch das niederländische Wunderkind im Juli in Richtung Leipzig abwanderte.

Das änderte sich einige Wochen später, als die Eindhovener mit einem verdienten 1:0-Sieg über den amtierenden Meister den niederländischen Superpokal gewannen. Ein Omen für die Zukunft.

Auch wenn das Team aktuell keinen Starspieler wie Xavi in den Reihen hat, funktionieren sie als Mannschaft besser als je zuvor und zeigen in dieser Saison den vielleicht aufregendsten Fußball in Europas Topligen. Joey Veerman, Johan Bakayoko, Noa Lang und Luuk de Jong sind die Träger des Erfolgs auf dem Spielfeld.

"BoszBall": Lieber 4:3 als 1:0

Im modernen Fußball ist Bosz einer der engsten Verfechter des aggressiven Fußball-Stils von Johan Cruyff. Im Laufe der Jahre hat er sich einen Namen für seinen extrem angriffslustigen Fußball gemacht, der in den Niederlanden auch als "BoszBall" bekannt ist.

Wie sein Vorbild setzt er dabei auf die Dominanz des Ballbesitzes, indem er aus der Abwehr heraus spielt und den Ball bei Verlust so schnell wie möglich zurückerobert - am besten innerhalb von fünf Sekunden.

PSV ist im Moment nicht zu stoppen
PSV ist im Moment nicht zu stoppenProfimedia

Die Fünf-Sekunden-Regel, wie er sie nennt, ist riskant, da die Abwehrreihe hoch stehen muss und die Spieler ihre Positionen verlassen müssen, um den Gegner unter Druck zu setzen. Aber das kümmert ihn wenig, denn er gewinnt lieber 4:3 als 1:0.

Dieser Ansatz war gegen die nominell schwächeren Mannschaften in der Eredivisie so auch zu erwarten. Die Bosz-Mannschaft hat neunmal mit drei oder mehr Toren Vorsprung gewonnen und in sieben Spielen mindestens vier Tore erzielt.

Bost scheiterte in der Bundesliga zweifach

Man befürchtete jedoch, dass der Stil der Mannschaft zu offensiv sein könnte, um gegen stärkere Gegner zu bestehen. Diese Befürchtungen schienen sich zu bewahrheiten, als Arsenal die Mannschaft in ihrem ersten Champions-League-Spiel mit 4:0 zerlegte.

Doch seitdem hat BoszBall beim PSV - im Gegensatz zu seinen früheren Stationen bei Borussia Dortmund, Bayer Leverkusen und Lyon, wo ihn grundsätzliche Defensivschwächen nach anfänglichem Offensiv-Hochs letztlich den Job gekostet haben - gegen Top-Mannschaften genauso gut abgeschnitten wie gegen schwache Mannschaften.

Vor dem entscheidenden Gruppenspiel der Champions League gegen Lens im November schien es unvermeidlich, dass die erstaunliche Formkurve des PSV zu Ende gehen würde. Es standen schwierige Partien beim FC Twente, in Sevilla und bei Feyenoord an. Doch alle vier Spiele wurden schlussendlich gewonnen.

Mitte März 2024 ist man weiterhin ungeschlagen, ließ zuletzt beim 2:2-Remis auch Verfolger Feyenoord nicht näher herankommen und reist nach dem 1:1 im Hinspiel gegen Dortmund vor knapp drei Wochen mit offenen Chancen auf den Einzug ins Viertelfinale in den Signal Iduna Park.

PSV und Bosz: Wie lange geht es noch gut?

Ob der Weg von Peter Bosz bei PSV Eindhoven von langer Dauer sein wird, ist angesichts der Kamikaze-Methode natürlich alles andere als garantiert. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass Teams von Bost innerhalb weniger Wochen vom Hurra-Fußball in eine tiefe Krise stürzen können. Doch muss konstantiert werden, dass der Niederländer mit seiner Mannschaft in dieser Saison konstant gute Leistungen gezeigt hat, auch nach der Winterpause. Und eins ist sicher: Der Unterhaltungsfaktor wird in den Augen von Bosz nach wie vor das sein, was den Fußball ausmacht.

"Ich will die Fans im Stadion unterhalten", hatte er einst ausgesagt: "Die Leute sollen ein tolles Spiel sehen. Wenn ich nach Hause gehe, soll ich sagen: 'Wow, das war spannend.'

In Eindhoven bleibt Bosz jedenfalls der Mann der Stunde. Die Frage ist: Kann er es diesmal über einen längeren Zeitraum durchziehen?

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