Niko Kovac: Ein Mann, der lieber missverstanden als verstanden wird

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Niko Kovac: Ein Mann, der lieber missverstanden als verstanden wird

Niko Kovac: Ein Mann, der lieber missverstanden als verstanden wird
Niko Kovac: Ein Mann, der lieber missverstanden als verstanden wirdAFP
Am Samstag um 15:30 Uhr treffen in Hoffenheim zwei als "Plastikvereine" verschriene Vereine aufeinander. Die TSG empfängt Wolfsburg. Auf Seiten der Niedersachen straft Niko Kovac die Kritiker seit Wochen lügen. Kovac' Fußball sei bieder und anspruchslos. Das ist die landläufige Meinung. Zuletzt blieb er mit dem VfL jedoch sieben Spiele ungeschlagen. Warum der Deutsch-Kroate nie zum Liebling der Medienlandschaft wird, hat mit dem Geschehen auf dem grünen Rasen nicht viel zu tun.

Auf dem Platz überzeugt der VfL Wolfsburg mit einer diszipliniert auftretenden Truppe. Ridle Baku und Paulo Otavio sorgen auf den Flügeln für ordentlich Betrieb. Maximilian Arnold organisiert das Spiel, während die Vorstöße von Yannick Gerhardt oder Patrick Wimmer Räume für den jeweiligen Mittelstürmer öffnen. 

Auch hinten zeigten sich die Wölfe in den letzten Wochen stabil. Mit dem Auftritt am Dienstag gegen Dortmund sorgte Niko Kovac für Staunen. Der BVB befindet sich nicht in Topform, doch die Art und Weise, wie diese als bieder geltende Truppe aus Wolfsburg die Gäste aus dem Ruhrpott vollkommen in Zaum hielt - beeindruckte - wohl auch Kovac' Neider. 

Seit sieben Spielen ist Wolfsburg ungeschlagen. Wer sich dem VfL auch in den Weg stellte - Kovac hatte eine Antwort parat, schenkte den richtigen Spielern das Vertrauen. Erst kürzlich führte er Felix Nmecha an die Startelf heran, der jüngere Bruder von Unglücksrabe Lukas Nmecha sammelte in jüngster Vergangenheit vier Scorerpunkte, beim 4:0-Sieg gegen Bochum traf er doppelt.

Kovac setzte dem Scheitern ein Ende

Oliver Glasner führte Wolfsburg in der Spielzeit 2020/21 in die Champions League Ränge. Ein großer Erfolg, doch der Zwist mit Geschäftsführer Jörg Schmadtke hatte Glasners Abgang nach Frankfurt zur Folge. Mark van Bommel kam als Hoffnungsträger nach Niedersachsen.

Was ambitioniert begann, endete mit dem Gefühl, die Verpflichtung des Vize-Weltmeisters 2010 wäre ein besserer Show-Gag gewesen. Für die Geschehnisse am Rasen schien er kaum Erklärungen parat gehabt zu haben. Auch Florian Kohfeldt konnte den Karren nicht aus dem Dreck ziehen, mit einem Punkteschnitt von 1,14 konnte der bei Werder aufgezogene Trainer keine Werbung für seinen Namen machen. 

Als im Sommer Niko Kovac das Zepter beim VW-Club übernahm, fand ein Trainer seinen Weg zurück in die Bundesliga, über den niemand eine feste Meinung zu haben schien. Ja, in Frankfurt hatte er den DFB-Pokal gewonnen. Und bei den Bayern 2018/19 wurde er Doublesieger.

Nach dem Gewinn des DFB-Pokals 2018 galt Kovac als logischer Nachfolger von Jupp Heynckes
Nach dem Gewinn des DFB-Pokals 2018 galt Kovac als logischer Nachfolger von Jupp HeynckesProfimedia

Doch Kovac' Fußball konnte sich nie von dem Vorurteil lösen, bieder zu sein, dem Anspruch einer internationalen Spitzenmannschaft nicht gerecht zu werden. Kreativität und Dominanz seien unter Kovac beim FCB auf der Strecke geblieben - so machte es die Runde kurz bevor der in Deutschland aufgewachsene Kroate an der Säbener Straße rausgeschmissen wurde.

Nach einem katastrophalen Saisonstart - die ersten fünf Bundesliga-Partien blieb Wolfsburg sieglos - fühlten sich die Kritiker von einst bestätigt.  Seine Entscheidung, Max Kruse auszubooten, bot der Öffentlichkeit zusätzliche Gesprächsthemen. Darauf angesprochen sagte Kovac etwas, das ganz typisch Kovac ist: "Über die Person Max Kruse gibt es nichts Negatives zu berichten. Alles war gut - von daher gibt es dazu nichts Weiteres zu sagen."

Kovac pflegt einen rhetorischen Stil, der automatisch Gegenwind erzeugt. Das war in Frankfurt so, das war bei den Bayern so, das ist in Wolfsburg so. Tatsächlich sind Fußball-Diskussionen - nicht nur in Deutschland, sondern weltweit - tendenziell nicht von Fachwissen, sondern von Oberflächlichkeiten und Sensationalismus geprägt. 

Leistungssport ist Ergebnissport

Der Profifußball ist mit Geld nur so vollgepumpt. Warum? Weil Woche für Woche abertausende Fans ins Stadion gehen, sündhaft teure Tickets bezahlen, viel Geld für möglichst billig produzierte Trikots ausgeben. Weil dieser Sport Milliarden von Menschen alles - fast so vielen noch mehr bedeutet. Die Aussagen von Niko Kovac passen nicht ganz in diese Zeit. Sie wirken ebenso nüchtern wie stur.

Kann auch lachen: Niko Kovac
Kann auch lachen: Niko KovacProfimedia

Sympathiewerte à la Jürgen Klopp wird der Wolfsburg-Coach niemals reproduzieren können. Das einzige wirksame Mittel, welches dem 51-Jährigen zur Verfügung steht: Ergebnisse. Niederlagen nähren die Kovac allgemein entgegen gebrachte Ablehnung. Siege lassen die Kritiker verstummen und die Skeptiker staunen.

Und solche sicherte er sich in den letzten Wochen einige. Am Samstag (15:30, live auf Sky) soll in Hoffenheim der nächste Erfolg eingefahren werden. Mit drei Punkten würde der VfL Anschluss an die Spitzengruppe gewinnen. Eine Qualifikation fürs europäische Geschäft wären für Jörg Schmadtke wohl das beste Argument, den oft missverstandenen Kovac auch wirklich bis zum Vertragsende 2025 arbeiten zu lassen.