Spielbericht: England nimmt defensiv orientierte Iraner auseinander

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Spielbericht: England nimmt defensiv orientierte Iraner auseinander

Spielbericht: England nimmt defensiv orientierte Iraner auseinander
Spielbericht: England nimmt defensiv orientierte Iraner auseinanderAFP
Nicht nur die kritischen Stimmen in England, auch die iranischen Nationalspieler wurden zum Verstummen gebracht: Die persischen Spieler bewiesen ihr politisches Engagement und schwiegen als Zeichen des Protest bei der eigenen Nationalhymne. Die Mannschaft von Gareth Southgate fand den perfekten Start ins Turnier. In Doha wurde der Iran 6:2 (3:0) geschlagen. Bukayo Saka traf doppelt, auch BVB-Leistungsträger Bellingham scorte.

Der Fokus lag vor dem Spiel nicht auf sportlichen Themen. Viele Fans in Doha hatten Schwierigkeiten, ins Khalifa International Stadium zu gelangen. Ein Update der Ticket-App hatte vor allem englische Fans in die Bredouille gebracht. Die wirklich großen Themen waren allerdings politischer Natur. Dass die FIFA bekanntgab, alle Verbände, deren Kapitäne eine "One Love"-Schleife tragen würden, sportlich sanktionieren zu wollen, stieß auf allgemeines Unverständnis. 

Harry Kane trug darum eine den offiziellen Regularien entsprechende Kapitänsbinde. Auch die seit September anhaltenden Proteste im Iran lenkten von Fragen nach taktischer Ausrichtung oder der passenden Aufstellung ab. Irans Spieler sangen bei der eigenen Hymne nicht mit, danach rückte der Fußball in den Vordergrund. Gareth Southgate setzte überraschend auf eine Viererkette, Maguire und Stones bildeten das Innenverteidiger-Pärchen.

England bestimmte das Spielgeschehen
England bestimmte das SpielgeschehenStatsPerform

Erste Halbzeit: England überwindet Irans Defensivblock dreifach

Vom Anpfiff weg war klar: Iran rührt Beton an, England wird viel Zeit damit verbringen, Lücken im dichten 4-5-1 der Perser zu suchen. Jude Bellingham führte in Minute drei erstmals etwas Raumgewinn herbei, sein langer Ball fand den aufgerückten Rechtsverteidiger Trippier. Dessen Flanke brachte außer einem harmlosen Eckball aber nichts ein. Durch das Zentrum - bekanntlich Heimat des Torgehäuses - gab es kein Durchkommen. Lediglich Stürmer Mehdi Taremi und die Außenspieler Hajsafi und Jahanbakhsh hatten von Defensivpapst Carlos Queiroz die Erlaubnis bekommen, hin und wieder die eigene Hälfte zu verlassen.

In der achten Minute gab es den großen Aufreger der ersten Hälfte. Eine sich vom Tor wegdrehende Kane-Flanke wollte Irans Torhüter Alireza Beiranvand wegfausten, es kam zum folgenschweren Missverständnis mit Abwehrspieler Hosseini - dessen Schulter erwischte Beiranvands Kopf frontal. Trotz Nasenbluten und achtminütiger Behandlungspause entschieden die Mannschaftsärzte, dass er weiterhin am Spiel teilnehmen dürfe. Eine Spielaktion später gab der 30-Jährige vernünftigerweise selbst das Signal: Hossein Hosseini ersetzte seinen wohl von einer Gehirnerschütterung geplagten Kollegen.

Nach einem Eckball verletzte sich Torhüter Beiranvand
Nach einem Eckball verletzte sich Torhüter BeiranvandAFP

In der 27. Minute wagte Bukayo Saka einen frechen Schuss vom Strafraumrand. Der Arsenal-Youngster bekam nicht genügend Druck hinter den Ball, Ersatztorhüter fing "Al Rihla" problemlos. Drei Minuten später der erste wirklich ansehnliche Spielzug der Engländer: Sterling ließ den Ball in die Tiefe prallen, Saka brachte ihn zur Mitte, wo Mason Mount aber nur das Außennetz traf. Der Iran präsentierte sich in der Folge mutiger, im Umschaltspiel ergaben sich für England folgerichtig mehr offene Räume.  In der 32. Minute setzte sich Harry Maguire bei einem Eckball durch, sein Kopfball traf aber nur die Querlatte.

In Minute 35 erzielte Dortmunds Bellingham seinen ersten Länderspieltreffer. Mount setzte sich in den Zwischenraum ab, durch direktes Passspiel kam Shaw in eine gute Position für eine Hereingabe. Diese kam ideal zur Mitte, Bellingham ließ Majid Hosseini im Luftduell keine Chance, sein Kopfball fand den Weg ins Netz. Der nächste Treffer kam in der 43. Minute zustande: Nach Eckball von Luke Shaw setzte sich Maguire regelkonform gegen Roozbeh Cheshmi durch, der 21-jährige Bukayo Saka erwischte den Ball perfekt. Drei Minuten später sicherte sich auch Flügelstürmer Sterling seinen ersten Torjubel. Torhüter Pickford mit einem weiten Abschlag, Bellingham auf Kane, Ball zur Mitte: der Chelsea-Stürmer schloss perfekt ab, Ersatztorhüter Hosseini musste zum dritten Mal hinter sich greifen.

Der brasilianische Schiedsrichter Raphael Claus hatte da bereits 14 Minuten Nachspielzeit verkündet. Diese brachte das englische Team humorlos über die Bühne. Der gegnerische Abwehrblock war über die Flügel dreimal geknackt worden, vorerst genügte das den Three Lions. Der Außenseiter hatte in der ersten Spielhälfte nur einen Torschuss verzeichnet. Kurz vor dem Pausenpfiff kam Alireza Jahanbakhsh zum Abschluss, sein Schuss landete auf den Tribünen des Khalifa International Stadium. 

Zweite Halbzeit: England verwaltet, hält aber nicht die Null

Mit drei Wechsel ging der Iran in den neuen Spielabschnitt, am Spielverlauf änderten die frischen Kräfte wenig. Morteza Pouraliganji brachte den durchbrechenden Harry Kane unfair zu Fall und wurde verwarnt, Englands Teamkapitän konnte erst nach kurzer Behandlungspause wieder am Spiel teilnehmen. Den fälligen Freistoß setzte Kieran Trippier in die Mauer (51.). England bestimmte das Geschehen und wusste enge Situationen zu den eigenen Gunsten aufzulösen.

In der 62. Minute belohnte sich England für eine souveräne Leistung zum vierten Mal. Shaw fing einen weiten Abschlag von Torhüter Hosseini ab und leitete auf Sterling weiter. Der wurde kurz ins Stolpern gebracht, leitete aber dennoch problemlos zu Flügelstürmer Saka weiter. Der bewies seine ganze Klasse, drang mitsamt Ball in den Strafraum ein, verzögerte ideal und fand die entscheidende Lücke in der dicht gestaffelten persischen Abwehrreihe. Doppelpack für den Arsenal-Spieler.

Grund, sich zurückzulehnen? Nicht ganz! Sadegh Moharrami setzte sich am rechten Flügel dank hartnäckigen Nachsetzens durch, leitete auf den eingewechselten Ali Gholizadeh weiter. Der in Belgien aktive Gholizadeh spielte einen traumhaften Steilpass, Porto-Stürmer Taremi knallte das Kunstleder unter die Latte (65.). Ein schöner Anschlusstreffer, der den vom Publikum lautstark unterstützten Asiaten neuen Mut gab.

Mehdi Taremi erzielte das einzige Tor für den Iran
Mehdi Taremi erzielte das einzige Tor für den IranAFP

Im Anschluss musste der formschwache, diesmal aber überzeguende Maguire das Feld angeschlagen verlassen. Für ihn kam Eric Dier ins Spiel. Rashford, Grealish und Foden kamen ebenfalls ins Spiel - die drei bis dahin vielleicht stärksten Engländer, Saka, Sterling und Mount gingen vom Platz. Mit seiner ersten Ballaktion sorgte Marcus Rashford für das 5:1 (72.). Harry Kane hatte sich einmal mehr als Ballverteiler geübt und sicherte sich seine zweite Torvorlage an diesem Tag. Mit einem einfachen Haken ließ Rashford den großen Unglücksvogel Majid Hosseini und Pouraliganji ins Leere fahren, mit einem Flachschuss veredelte der United-Stürmer seine Aktion.

Wenig später entschieden sich beide Trainer für neue Stürmer, Newcastle-Angreifer Wilson kam für den überragenden Kane ins Spiel. Leverkusens Sardar Azmoun ersetzte Ahmad Noorollahi. In der 84. Minute kam Rashford nach wunderschönem Bellingham-Pass erneut zum Abschluss. Aus ähnlicher Position wie beim Treffer zuvor, diesmal konnte die iranische Abwehr den Versuch blocken. In der 90. Minute stich der nächste Joker. Wilson behielt bei einem starken England-Konter die Ruhe, Jack Grealish lief sich in der Mitte frei und verwertete den Querpass problemlos.

In der achten Minute der Nachspielzeit sorgte Joker Azmoun beinahe für den zweiten Treffer der Perser. Jordan Pickford verkürzte gegen den zuletzt angeschlagenen Stürmer den Winkel stark und lenkte dessen Schuss mit den Fingerspitzen an die Latte. Was Pickford noch verhindern konnte, ermöglichte John Stones: der City-Verteidiger verschuldete in der allerletzen Minute (90.+11) einen Strafstoß. Mehdi Taremi sicherte sich vom Punkt seinen zweiten Treffer.

Spieler des Spiels: Jude Bellingham 

In Dortmund weiß man längst um die Zauber-Fähigkeiten von Jude Bellingham. Gegen den Iran kamen auch die englischen Fans einmal mehr in den Genuss seiner Fähigkeiten als Speilgestalter, Antreiber und Gefahrenherd. Zwar präsentierten sich etliche von Southgates Mannen stark, keiner drückte der Partie so sehr den Stempel auf wie der 19-jährige WM-Debütant. 

BVB-Star Bellingham überzeugte auch im Trikot der Three Lions vollends
BVB-Star Bellingham überzeugte auch im Trikot der Three Lions vollendsStatsPerform