Eigentlich könnte Tim Walter stolz sein. 100 Pflichtspiele als Trainer des Hamburger SV - das schaffen nicht viele. Wenn der 48-Jährige am Samstag (ab 20:30 Uhr live bei Sport1, Sky und in der Flashscore-Audioreportage) bei Schalke 04 "auf Bewährung" sein Jubiläum feiert, hilft auch ein Blick auf die andere Seite: Bei den abgestürzten Königsblauen ist Karel Geraerts bereits der sechste Coach seit Juli 2021, als Walter an selber Stelle sein Debüt gab.
Ein 3:1 wie damals käme dem HSV-Coach, der nach der Hinrunde wackelte und jetzt unter besonderer Beobachtung steht, sicher zupass. "Nur wer Angst um irgendetwas hat, fürchtet sich. Und ich fürchte mich nie", sagte Walter trotzig. Doch er weiß: Sollte er in den ersten Spielen des Jahres den Wiederaufstieg nach sechs Jahren in der 2. Fußball-Bundesliga in Gefahr bringen, dürfte er die Marke des letzten "Hunderters" auf der Hamburger Bank nicht erreichen: Thomas Doll brachte es zwischen 2004 und 2007 auf 111 Spiele.
Ungefähr zur selben Zeit leitete Mirko Slomka das Schalker Training - als letzter S04-Coach, der die 100 übersprang. Seitdem gab es in Gelsenkirchen 25 Wechsel auf der Bank, beim HSV 23. Beim Duell der "Trainerkiller-Klubs" steht diesmal aber nur Walter im Blickpunkt, sein Gegenüber Geraerts sitzt - erstmal - sicher im Sattel. Diskutiert wurde auf Schalke in der Winterpause nicht über den Belgier, der die völlig verkorkste erste Saisonhälfte mit sieben Punkten aus den vergangenen drei Spielen noch ein wenig schönte. Sondern über seinen prominenten Landsmann Marc Wilmots.
Wilmots könnte der einzige Schalker Neuzugang werden
Der einstige "Eurofighter", der sich mit dem UEFA-Cup-Sieg 1997 auf Schalke unsterblich machte, ist die bislang einzige Neuverpflichtung in der Winterpause. "Willi, das Kampfschwein", soll nach jahrelanger, mitunter haarsträubend verfehlter Transferpolitik, die zu zwei Abstiegen führte, als Sportdirektor endlich wieder fachliche Expertise einbringen. Damit der freie Fall gestoppt wird - und die Bundesliga wieder ins Visier rückt.
"Wir müssen die Ambition haben, in den nächsten zwei Jahren zurück in die Bundesliga zu kommen", sagte Wilmots im Trainingslager in Portugal, deutete gegenüber der Bild aber auch an, dass mangels Geld auf dem Wintertransfermarkt auch "nichts" passieren könnte. Der zuletzt noch immer mit 165 Millionen Euro verschuldete Traditionsklub sparte nach dem Ausscheiden von Peter Knäbel bereits den Posten des Sportvorstands ein und degradierte den bisherigen Sportdirektor Andre Hechelmann zum Technischen Direktor, der nach seinen Transferflops im Sommer Wilmots als Kaderplaner den Vortritt lassen musste.
Vom Aufstiegsrennen ist Schalke als Tabellen-14. - elf Punkte hinter dem HSV - weit entfernt. Der verwegene Plan, in fünf bis sieben Jahren in den Europapokal zurückzukehren, ist vom neuen Vorstandschef Matthias Tillmann schon zu den Akten gelegt worden. Die Hamburger dagegen sind als Dritter mittendrin. Ob Walter allerdings derjenige ist, der den einstigen Bundesliga-Dino zurück ins Oberhaus führt, bezweifeln inzwischen viele. "Wir wollen Dinge besser machen, aber in diesem Zuge das Rad auch nicht neu erfinden", kündigte der Coach an. Während sich der beim 1. FC Köln entlassene Steffen Baumgart mit Hinweis auf seine Fan-Vergangenheit schon mal als Nachfolger ins Gespräch brachte.
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