Spät in der Nachspielzeit, in einem mehr oder weniger unbedeutenden Freundschaftsspielen gegen die Yokohama Marinos erinnerte Joao Cancelo die Fans von Manchester City daran, wieso er auf der defensiven Außenbahn jahrelang gesetzt war. Vom rechten Flügel spielte Cancelo einen perfekten Pass in die Schnittstelle, bediente Stoßstürmer Erling Haaland, bereitete das Tor zum 5:3-Endstand mustergültig vor.
Dass der 29-jährige Portugiese und Haaland auf dem Platz bestens miteinander harmonieren ist keine Neuigkeit. So war Haalands legendärem Siegestreffer in der CL-Gruppenphase 22/23 gegen Borussia Dortmund – welcher ihm zahlreiche Vergleiche mit Zlatan Ibrahimovic bescherte – eine traumhafte Außenristflanke von Cancelo vorausgegangen.
Dessen Fähigkeiten im Dribbling, sein hohes, intuitives Spielverständnis, seine maßgenauen Flanken, seine Beidfüßigkeit: All das prädestinieren Cancelo für einen Stammplatz im System von City-Trainer Pep Guardiola. 154 Einsätze unter Guardiola beweisen, dass der Teammanager in der Tat viel von Cancelo hält – oder es zumindest getan hat.
Mit Reservistenrolle unzufrieden
In der Vorsaison kam es jedoch zum folgenschweren Zerwürfnis mit dem Mastermind der Skyblues. Cancelo bemängelte, dass er zu wenig Spielzeit bekam. Vor dem Ligaspiel gegen die Wolves Ende Januar setzte er sich demonstrativ sofort auf die Ersatzbank, anstatt sich zusammen mit der Mannschaft im Kabinentrakt auf das Spiel vorzubereiten.
Guardiolas Reaktion folgte prompt. Er sprach ihn nur noch mit Nachnamen an und setzte den Portugiesen auf die Transferliste. Bayerns damaliger Sportchef Hasan Salihamidzic schlug zu, eine Leihe mit Kaufoption in Höhe von 70 Millionen Euro wurde ausverhandelt. Pep leistete keinerlei Widerstand.
Beim deutschen Rekordmeister hinterließ Cancelo nicht den Eindruck, um die hohe Kaufoption zu rechtfertigen (ein Tor und vier Vorlagen in 15 Ligaeinsätzen). Außerdem wurde dem Iberer nachgesagt, sich an der Säbener Straße unwohl zu fühlen. Der überraschende Trainerwechsel von Nagelsmann zu Tuchel erschwerte die Integration zusätzlich.
Dem FC Barcelona und Ligakonkurrent Arsenal wird Interesse an einer Verpflichtung nachgesagt. Ansonsten scheint Cancelo trotz eines prall gefüllten Trophäenschranks (6 Meistertitel in Portugal, Italien, England und Deutschland) und 44 Länderspielen für Portugal kaum Interesse zu wecken.
Traum von der Versöhnung
Was etliche Citizens nach dem starken Auftritt gegen Yokohama von einer Versöhnung zwischen Pep Guardiola und Joao Cancelo träumen ließ.
“Cancelo, entschuldige dich einfach und führe Guardiola zum Essen aus”, hieß es auf Twitter etwa, oder: “In Spielen, in denen Kevin (Anm.: De Bruyne) fehlt, könnte er so wichtig sein. Wenn Kevin fehlt, flankt und passend niemand auf vergleichbare Weise wie er.” Oder: “Ehrlich, er muss nächste Saison für uns spielen. Er ist zu gut für jeden anderen Premier-League-Verein.”
Die Fans dürften ihre Entscheidung bereits getroffen haben. Doch Pep Guardiola ist nicht dafür bekannt, Spielern, die sich seinem Konzept nicht fügen, all zu leichtherzig zu verzeihen. Ob Cancelo eine zweite Chance im Etihad bekommt, hängt wohl vorwiegend davon ab, welche Angebote bis zum Ende des Transferfensters noch in Peps Büro eintreffen werden.