Moritz Jenz im Portrait: Der neue Abwehrchef auf Schalke

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Moritz Jenz im Portrait: Der neue Abwehrchef auf Schalke
Moritz Jenz im Portrait: Der neue Abwehrchef auf Schalke
Moritz Jenz im Portrait: Der neue Abwehrchef auf Schalke
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Am Samstag (18:30 Uhr) steigt in der Veltins Arena das große Revierderby. Schalke 04 empfängt Borussia Dortmund. Kein Team bewies in den vergangenen Partien mehr defensive Stabilität als der Abstiegskandidat aus Gelsenkirchen. Wem das zu verdanken ist? Einem gebürtigen Berliner, der sich in Gelsenkirchen pudelwohl fühlt. Moritz Jenz (23) ist der neue Abwehrchef auf Schalke.

An Moritz Jenz kommt keiner vorbei. Kein Fußballexperte, der über den geschicktesten Wintertransfer sprechen will. Kein Schalke-Fan, der erklären will, wieso man plötzlich vom Klassenerhalt träumen darf. Kein Gegenspieler, der ihm in die Quere kommt.

Jenz hat die königsblaue Abwehr innerhalb kürzester Zeit stabilisiert. In den vergangenen sechs Spielen kassierte Schalke nur ein Gegentor — das entspricht einem Schnitt von 0,17 pro Spiel. In den sechs Bundesligaspielen vor Jenz’ Ankunft wurden 16 Gegentore kassiert — ein Schnitt von 2,7. 

Jenz blockt einen Schuss von Gladbachs Koné ab
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Verschiedene Faktoren machen den gebürtigen Berliner vielleicht zum entscheidenden Faktor im Abstiegskampf. Er gibt seinem Nebenmann Maya Yoshida viel Sicherheit. Der 34-jährige Japaner verfügt über eine immense Erfahrung und überzeugte auch bei der Weltmeisterschaft als Anführer der blauen Samurai. In Gelsenkirchen wollte es anfangs nicht so recht klappen.

Um die Tiefe zu verteidigen, fehlte ihm die Geschwindigkeit. Um seinen Vorderleuten ein Gefühl von Sicherheit zu vermitteln, fehlte ihm die richtige Ausstrahlung. Um sein starkes Stellungsspiel zur Geltung kommen zu lassen, fehlte ihm die nötige Entlastung. 

Jenz nahm Yoshida viele Aufgaben ab. Er ist schnell genug, um im Zweifelsfall Steilpässe abzulaufen. Er ist intelligent genug, um sich aktiv am Spielaufbau zu beteiligen. Und er ist die Form von Anführer, die man in Yoshida gesucht, aber nicht gefunden hat. 

Anlaufzeit brauchte er keine. Thomas Reis zeigte sich nach seiner Ankunft in Gelsenkirchen überzeugt: "Er ist jung, aber erfahren. Und hat eine ruhige Art, die unserem Spiel generell guttut."

Jenz ist ein Haudegen, der über gewonnene Zweikämpfe ebenso jubelt wie über Treffer, ein Spieler mit starker Mentalität. Es ist, als wäre er ein echter “Schalker Jung”. Das Ruhrgebiet passt zu ihm. 

Es begann in Berlin

Dabei liegen seine Wurzeln woanders. Über Umwege kam er zum Berliner Traditionsklub Tennis Borussia. Dort machte er mit starken Leistungen auf sich aufmerksam, der FC Fulham lotste den damals erst 16-jährigen Moritz auf die Insel. 

Der Schotte Peter Grant, damals Jugendtrainer am Craven Cottage, erzählte in einem Interview mit der britischen Boulevardzeitung “The Sun” von den nicht zu übersehenden Fähigkeiten des jungen Deutsch-Nigerianers: “Als ich begonnen habe, ihn zu beobachten, da glaubte ich ganz ehrlich, dass er es bis ganz nach oben schaffen kann.”   

Als Jugendlicher in ein fremdes Land zu ziehen — eine große Herausforderung. Für den jungen Jenz aber auch eine große Verlockung. Mit seiner Familie unternahm er häufig ausgedehnte Reisen, Berührungsängste mit der Fremde hatte er keine.

Anfangs gab es dennoch Eingewöhnungsprobleme. Das Schul-Englisch habe ihm kaum geholfen, erzählte er dem YouTube-Kanal von Schalke 04. Auch das englische Essen habe ihm anfangs nicht besonders zugesagt.

Zudem waren ihm die dort aktiven Jugendspieler nicht besonders gewogen: "Meine Mitspieler haben mir gezeigt, dass sie nicht so gut finden, dass ein Deutscher ihnen einen Platz in der Startelf wegnimmt. Wenn ich eine Sache in England gelernt habe, dann, mir nichts gefallen zu lassen und Härte im Spiel zu zeigen", erklärte er in einem Interview mit transfermarkt.de. "Ich dachte immer, wenn man in Berlin aufwächst, weiß man, was Durchsetzungsvermögen ist. Aber London war nochmal eine andere, härtere Schule."

Von Fulham ging es weiter zu Lausanne-Sport in die Schweizer Super League. Das Ziel war der Klassenerhalt, am Ende belegte man den starken sechsten Platz. Trainer Giorgio Contini erkannte sein Potenzial. Jenz’ modernes Spielverständnis und Einsatzbereitschaft überzeugten ihn, der damals erst 21-jährige Verteidiger durfte bis Saisonende 30 Ligaeinsätze absolvieren.

Das wiederum brachte den FC Lorient auf die Idee, sich die Dienste von Jenz 3,5 Millionen Euro kosten zu lassen. In der französischen Ligue 1 konnte er sich aber nicht gegen erfahrene Akteure wie Julien Laporte oder Leo Petrot nachhaltig durchsetzen. Er stagnierte nicht, kam immer noch auf 18 Einsätze. Aber die Sehnsucht nach mehr Spielzeit war nicht zu leugnen.

Stoß in die richtige Richtung

Über die Beziehungen zu Peter Grant entstand Kontakt zu Celtic Glasgow. Der 52-fache schottische Meister befand sich auf der Suche nach einem passenden Back-up für Carl Starfelt und Stephen Welsh. Es wurde Kontakt zu Lorient aufgenommen, der französische Erstligist zeigte sich gesprächsbereit. 

"Manchmal braucht man halt einen Stoß in die richtige Richtung. Celtic löst bei jedem neutralen Fußballfan eine Faszination aus. Für mich war Celtic immer eng verbunden mit den Namen Shunsuke Nakamura und Henrik Larsson. Somit stand innerhalb von wenigen Minuten die Entscheidung fest: Ich mache das mit Celtic. Und das, obwohl ich als Kind nicht in Celtic-Bettwäsche geschlafen habe", erzählte Jenz gegenüber transfermarkt.de.

Schnell machte sich Jenz mit seiner Spielweise auch in Schottland einen Namen. Beim Debüt gegen Ross County erzielte er sofort ein entscheidendes Tor. In der Folge geisterte ein Meme durch die Fanszene. Sein Kopf war auf jenen eines Mercedes-Wagens gephotoshoppt worden. Der Spitzname “Mercedes” entstand.

Er profitierte von den Ausfällen der nominellen Stammspieler Starfelt und Welsh, durfte sämtliche Gruppenspiele in der Champions League über die volle Distanz absolvieren. Auch im Old Firm stand er 33 Minuten auf dem Platz.

Jenz im Zweikampf mit den Real-Stars Valverde (li.) und Eden Hazard (re.)
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Jenz sammelte wichtige Erfahrungen. Als im Januar Peter Knäbel anklopfte, musste er dennoch nicht lange überlegen. Einmal in der Bundesliga aufzulaufen — das war schon immer sein Traum gewesen.

Er hatte bei Celtic seine Pflicht erfüllt, einen hervorragenden Job als Ersatzspieler gemacht. Bei Lorient war der US-amerikanische Investor Bill Foley eingestiegen, bekanntermaßen auch Besitzer des AFC Bournemouth. Weitaus prominentere Namen als jener von Jenz hielten an der Bretagne Einzug. 

Man zeigte sich offen für Verhandlungen. Wenige Tage vor Schließung des Transferfensters wurde eine Leihe bis zum Saisonende vereinbart. Im Vertrag ist auch eine Kaufpflicht verankert. Sollte Schalke der Klassenerhalt gelingen, muss Jenz für 4 Millionen Euro fest verpflichtet werden. Wenngleich die finanziellen Probleme bei den Knappen altbekannt sind — dieses Geld würde man liebend gerne überweisen. 

Und auch “Mercedes” bekundete bereits großes Interesse an einem Verbleib. Er fühlt sich wohl im Pott, erwartet außerdem bald sein erstes Kind. Den Support der Fans findet er großartig. Nach seinem Debüt für S04 erklärte er gegenüber der WAZ: “Wie die Fans da hinten abgehen, ist krass. Da ist es konstant laut — sehr geil.

Am Samstagabend wird er im 140. Revierderby wieder ein wichtiger Faktor für die Spielidee von Thomas Reis sein. Er identifiziert sich mit Schalke, was in dem brisanten Duell mit Dortmund kein Nachteil ist. Jenz ist ein Leader und eisenharter Zweikämpfer. 

Zu seinen Hobbys mag das auf den ersten Blick nicht so gut passen. Am liebsten besucht er Museen. In Interviews wirkt er ruhig und besonnen. Bloß auf dem Platz — da wird aus Moritz Jenz dann "Mercedes". Ein Turm in der Abwehr, ein aggressiver Leader. Genau das, was man im Abstiegskampf eben braucht.