Für viele Tennisspieler ist eine Teilnahme an einem der vier Grand Slams ein großer Traum. Wenn Kevin Krawietz und Tim Pütz am Samstag (20 Uhr/MESZ, 14 Uhr/Ortszeit) auf das australische Duo Max Purcell und Jordan Thompson trifft, ist es bereits der 25. für Krawietz, sowie der 23. für Pütz.
Zum Match-Center: Krawietz/Pütz vs. Purcell/Thompson
Kevin Krawietz: Doppelter Jubel in Paris
Der Stern des Kevin Krawietz ging im September 2015 in Marokko auf. Bei einem ATP Challenger in Meknes gewann der damals 23-Jährige sein erstes Turnier, damals an der Seite von Landsmann Maximilian Marterer. Fortan sollte er immer wieder Stammgast auf den Finalbühnen der Challenger Tour sein. Bemerkenswert: Es dauerte lange, bis sich ein festes Duo fand. Seine ersten 15 Finals spielte er mit zehn unterschiedlichen Partnern.
Im August 2017 gewann Krawietz dann erstmals an der Seite von Mies, doch es dauerte bis ins Folgejahr, bis aus zwei zufälligen Partnern ein starkes Team wurde. Zehn Finals bestritt das Duo alleine auf der Challenger Tour – acht davon gewann man. Auch in Wimbledon schlug man gemeinsam auf und erreichte dabei die dritte Runde. Erst gegen die späteren Sieger Mike Bryan und Jack Sock war Schluss.
Schon früh war abzusehen, wo der heute 32-Jährige seine Stärken hat: Auf dem Sand. Von 27 Finals waren 20 auf Sand – 12 gewann er, wobei neun davon aus den letzten zehn Endspielen kam.
2019 dann der endgültige Sprung auf die große ATP Tour. Im Februar gewann das Duo Krawietz/Mies direkt die New York Open, ehe im Juni der größte Erfolg der Karriere folgen sollte: Der Sieg bei den French Open.
Schon früh wurde klar, dass viel möglich sei. Man besiegte die gesetzten Duos Mahut/Melzer, sowie die an 4 gesetzten Marach/Pavic. Im Finale warteten Jeremy Chardy und Fabrice Martin, die Tage vorher erst die an 1 gesetzten Kubot/Melo überraschten. Doch auch das französische Duo, mit den eigenen Fans im Rücken, war für Krawietz/Mies keine Hürde. 6:2, 7:6 (7:3) hieß es, ehe alle Dämme brachen und eine der größten Überraschungen der deutschen Tennisgeschichte vollendet war.
Es folgte ein weiterer gemeinsamer French-Open-Titel 2020 und eine vorübergehende Trennung in 2021 – Mies verpasste die Saison verletzungsbedingt. In dieser Zeit versuchte sich Krawietz mit diversen Partnern und gewann Turniere an der Seite von Wesley Koolhof und Horia Tecau. 2022 spielte er erneut mit Mies, gewann in Barcelona und der Heimat in München, ehe man sich zur Saison 2023 trennte. Krawietz spielt fortan mit Tim Pütz.
Tim Pütz: Doppelspezialist auf allen Belägen
Tim Pütz war kein schlechter Einzelspieler. Auf ITF-Level gewann er zwischen 2011 und 2013 sechs Turniere, unter anderem gegen den heutigen ungarischen Topspieler Marton Fucsovics. Doch schnell wurde klar, dass der 36-Jährige seine Stärken im Doppel hat.
Ab 2013 spielte er zahlreiche Challenger-Turniere im Doppel und gewann diese immer häufiger. 2013 gewann er an der Seite von Rameez Junaid in Liberec. Es folgten 14 weitere Titel mit insgesamt zwölf unterschiedlichen Partnern. Der Untergrund spielte für ihn keine Rolle. Sand, Hartplatz, Teppich, Halle – nur Rasen blieb ihm in seiner Challenger-Karriere verwehrt.
2018 gewann Pütz schließlich erstmals auf der ATP Tour – ausgerechnet auf dem noch unbejubelten Rasen von Stuttgart. Doch obwohl über die Jahre immer wieder vereinzelte Titel dazukamen, blieb der ganz große Durchbruch aus – bis er 2021 bei den Hamburg Open mit Michael Venus aufschlug. Er gewann sein erstes ATP 500er-Turnier – unter anderem gegen Kevin Krawietz -, ehe er nur Monate später den größten Titel seiner Karriere einfuhr: Mit seinem neuen Top-Partner Venus gewann er das Paris Masters.
Die Parallele zum heutigen Partner Krawietz liegt nah: Beide gewannen ihren (bisher) größten Titel der Karriere in Paris und beide besiegten dabei ein französisches Duo.
Fünf weitere Finals erreichte das Doppel Pütz/Venus bis Ende 2022, gewann dabei aber nur eins. Das verlorene Endspiel der Cincinnati Open war das letzte. Zur Saison 2023 spielte Pütz mit Krawietz. Seinen ersten Grand-Slam-Titel holte er jedoch mit Miyu Kato im Mixed-Doppel von Wimbledon 2023.
Krawietz/Pütz: Zwei Jahre Anlauf für den großen Titel?
Dass das Doppel Krawietz/Pütz funktionieren kann, wurde schnell klar. Direkt im April 2023 erreichte man das Finale von München. Im Juli des gleichen Jahres kam der erste Titel im dritten Endspiel dazu: In Hamburg gewann man gegen das belgische Duo Gille/Vliegen. Ein Jahr später kam an gleicher Wirkungsstätte der zweite Titel des Doppels dazu.
Im zweiten Jahr steht nun bereits das siebte Finale der beiden Deutschen an. Für die gleiche Anzahl an Endspielen benötigte Krawietz mit Pütz eine Saison mehr. Der Unterschied: Krawietz/Mies gewannen dabei zwei Grand Slams, Pütz/Venus in selbiger Endspiel-Anzahl ein Masters.
In New York kommt nun der erste Härtetest auf die beiden derzeit besten deutschen Doppelspieler zu. Sollte das Endspiel verloren gehen, wird noch niemand von einem Versagen der Partnerschaft sprechen, doch der erste größere Titel müsste weiter warten. Bei einem Sieg würde man hingegen zum erst zweiten Doppel zweier Deutscher werden, dass, nach Gottfried von Cramm und Henner Henkel in 1937, die US Open gewinnt – historisch.
Vorschau: Hartes Duell im US-Open-Endspiel
Auch wenn Tim Pütz und Kevin Krawietz durchaus ein starkes Doppel sind, liegt die Favoritenrollen am Samstag bei Jordan Thompson und Max Purcell. Das australische Duo erreichte dieses Jahr schon vier Endspiele, gewann dabei im Februar die beiden Hartplatz-Turniere in Dallas und Los Cabos und im April auf Sand in Houston. Nur das größte Endspiel in Wimbledon ging in drei Tiebreaks verloren.
Die gute Harmonie und Klasse auf Hartplatz bestätigten die Australier in New York bereits. So besiegte man nicht nur Andreas Mies mit Partner John Patrick Smith – und verlor dort den einzigen Satz des gesamten Turniers -, sondern auch das an 1 gesetzte Top-Doppel Granollers/Zeballos.
Mehr Kraft mussten Krawietz/Pütz opfern. Nach zwei glatten Zwei-Satz-Siegen, konnte man sich gegen die an 5, 16 und schließlich 4 gesetzten Doppel nur in drei Sätzen durchbeißen. Ein kräftemäßiger Nachteil für die Deutschen? Mitnichten! Denn während man sich rein auf das Doppel konzentrierte, spielten Purcell und Thompson noch im Einzel und kamen mit der 2. und 4. Runde auch durchaus ins Schwitzen.
Finals müssen für sich betrachtet werden. Eine gute Form und ausgeruhte Arme und Beine helfen zwar, doch wenn man vor vollem Haus um einen der größten Pokale der Tenniswelt spielt, kann alles passieren – auch ein erster Grand-Slam-Erfolg für das Duo Krawietz/Pütz?