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Doncic-Davis-Trade: „Win now“-Modus der Dallas Mavericks ist bereits gescheitert

Anthony Davis verlässt den Court verletzt.
Anthony Davis verlässt den Court verletzt.Tim Heitman / GETTY IMAGES NORTH AMERICA / Getty Images via AFP
Auch wenn seit dem Trade bereits über eine Woche ins Land gezogen ist, sind die NBA und besonders das Fanlager der Dallas Mavericks weiter im Ausnahmezustand. Die Texaner gaben freiwillig ihren jungen Superstar Luka Doncic an die Los Angeles Lakers ab und bekamen im Gegenzug einen in die Jahre gekommenen Anthony Davis. Der kurzfristige Erfolg soll so, ein Jahr nach Erreichen der NBA Finals, sichergestellt werden. Doch bereits jetzt ist dieses Ziel akut gefährdet.

Luka Doncic gilt als eines der Gesichter der Liga. Mit nur 25 Jahren ist der Slowene bereits in seiner siebten NBA-Saison, nachdem er zuvor schon drei Jahre in Spanien für Real Madrid gespielt hat. In seinem jungen Alter hat er bereits mehr erreicht, als die meisten Spieler in ihrer Karriere jemals werden: 5x All-Star, 5x All-NBA First Team, NBA Scoring Champion 2023/24, Rookie of the Year 2018/19 sowie zahlreiche hochkarätige Auszeichnungen in der EuroLeague.

Wieso gibt man so einen Ausnahmespieler dann ab? Mit 25 Jahren ist der gewöhnliche Spieler noch nicht auf dem absteigenden Ast und doch sah es Mavs-GM Nico Harrison als erwiesen an, dass nur eine Trennung von Doncic einen zweiten NBA-Titel nach 2011 nach Dallas bringen kann.

"Defense wins championships"

In den Augen von Nico Harrison – der auf der Pressekonferenz nach dem Trade immer von einem "wir" zusammen mit einem ernüchternd reinschauenden Cheftrainer Jason Kidd gesprochen hat – war die Defensive im Vorjahr das große Problem, weshalb es nicht zum neuen Ring an seinem Finger gereicht hat.

"Defense wins championships" (Defensive gewinnt Meisterschaften), hieß es von Harrison. Ironisch: Nach der Niederlage in den NBA Finals sicherte man sich in der Offseason nicht die Dienste eines Defensivspezialisten, sondern mit Klay Thompson einen der besten Offensivspieler der späten 2010er-Jahre.

Dies musste und wollte Harrison, dessen Team in der unteren Hälfte steht, was gegnerische Punkte angeht, nachholen. Auf eine Art und Weise, die Berichten zufolge viele NBA-Teams wütend machte, ging er ausschließlich auf die Los Angeles Lakers zu und bot ihnen Doncic aktiv an. In einem Trade, bei dem neben dem Slowenen auch der Würzburger Maximilian Kleber und Markieff Morris nach Kalifornien geschickt wurden, kamen Anthony Davis, Max Christie und lediglich ein Erstrunden-Pick zu den Mavericks. Für mehr Picks sei Berichten zufolge die Fitness von Doncic zu unklar gewesen.

Dass in einem Trade, bei dem es Fitnessbedenken gab, nicht Anthony Davis das Ziel der Sorgen war, ist aufgrund seiner Vergangenheit durchaus überraschend. Zwischen 2020 und 2023 spielte er in den drei Saisons gerade einmal 36, 40 und 56 Spiele. 2023/24 konnte er dies zumindest etwas vergessen machen, als er mit 76 Spielen einen Karrierehöchstwert aufstellte.

Davis ist in der Theorie genau dieses Defensivtalent, was Harrison gesucht hat. In seinem nun 13. NBA-Jahr kam der 31-Jährige ganze elf Saisons auf mindestens 2,0 Blocks pro Spiel, dazu in jeder Spielzeit auch konstant über 1,0 Steals pro Spiel. Bei einer Trefferquote von zumeist (11/13) über 50% hat AD zudem seit seiner Rookie-Saison nie weniger als 20 Punkte pro Spiel geworfen.

Kurzfristiger Erfolg schnell in Gefahr

Bei den Mavericks-Fans ist das Versprechen von sich kurzfristig einsetzendem Erfolg jedoch nicht gut angekommen. Vielerorts las man Kommentare, dass "drei Ringe mit AD nicht so viel wert sein werden, wie einer mit Luka." Zu sehr hängt man in Dallas an Doncic, den man sich in der Trade-Nacht gegen Trae Young ertauscht hatte.

Man sah, wie aus dem jungen, schmächtigen Slowenen ein gestandener NBA-Star wurde. Der 25-Jährige wurde nach Dirk Nowitzki als nächster Franchise-Star angesehen, der seine gesamte Karriere bei den Mavericks verbringt – so auch der "geschockte" Doncic selbst, der sich ein Haus in seiner "Heimat" Dallas kaufte und von einem "großen Schock" sprach.

Während die Lakers nun mit Doncic, Jaxson Hayes, Austin Reaves, dem doch nicht getradeten Dalton Knecht und auch Bronny James hervorragend für die Zukunft aufgestellt sind und zumindest in diesem Jahr auch noch LeBron James haben, sind die Mavericks im "Win now"-Modus.

Klay Thompson ist 35, Kyrie Irving 32 und Anthony Davis 31. Während Thompson und Davis beide noch einen Vertrag über die Saison hinaus haben, soll es fraglich sein, ob Irving seine Player Option nach Ende der Saison wahrnimmt. Der gebürtige Australier soll nach dem Doncic-Trade an einen Abschied denken.

Es bleibt also nur die laufende Saison, um einen Titel mit den neuen "Big 3" zu gewinnen. Doch die Ära hat schon nach rund drei Vierteln einen großen Rückschlag hingenommen. Davis kam mit einer Bauchmuskelzerrung nach Dallas und debütierte am 8. Februar gegen die Houston Rockets. Der großgewachsene Power Forward spielte überragend, erzielte 26 Punkte, 16 Rebounds, 7 Assists und 3 Blocks, ging dann aber ohne Fremdeinwirkung zu Boden.

Diagnose: Adduktorenzerrung und eine damit verbundene mehrwöchige Pause. Aufgrund des All-Star-Games wird der 31-Jährige zwar nicht allzu viele Spiele verpassen, doch es ist gut möglich, dass man es dieses Mal langsam angehen will.

Aber kann man es sich erlauben? Die Western Conference ist unfassbar eng. Mit derzeit 28 Siegen hat man als Achter gerade einmal zwei Siege Rückstand auf den Play-off-Platz 6, gleichzeitig aber auch nur zwei Siege Vorsprung auf einen Nicht-Play-in-Platz.

In Abwesenheit von Davis müssen nun erneut die Kader- und Rotationsspieler ihr Können unter Beweis stellen. Doch was passiert, wenn immer mehr Spieler wegbrechen? Daniel Gafford verletzte sich Montagnacht beim 128:129 gegen die Sacramento Kings am Knie, P.J. Washington war bereits vorher schon Day-to-day mit einer Knöchelverletzung. Mit Urgestein Dwight Powell (Hüftverletzung) und dem jungen Dereck Lively II (Stressfraktur im Knöchel) fehlen zudem zwei weitere Big Men.

Die Mavericks, die sich derzeit eine Niederlagenserie kaum erlauben können, spielen neben Irving – der gegen die Kings ganze 44 Minuten spielte – und Thompson derzeit also mit vielen Spielern, die wohl gute Kaderspieler sind, aber ein Team nicht auf Dauer tragen können: Kessler Edwards und Dante Exum starteten gegen Sacramento, dazu bekamen Olivier-Maxence Prosper, Naji Marshall, Max Christie und Spencer Dinwiddie viele Minuten von der Bank. 

Der einzig fitte Center im Kader der Mavs ist Kylor Kelley, der bei der 101:144-Blamage in Cleveland ein Double-Double erziele, sich aber nicht in die Rotation von Jason Kidd spielen konnte – vielleicht muss er jetzt aber ran. Er ist mit 7 Fuß (2,13m) der mit Abstand größte fitte Spieler, doch hat er das Kaliber ein Starting Center in der NBA zu sein? Eigentlich nicht.

Was nun?

Jason Kidd und die Dallas Mavericks sind gezwungen, die Abwesenheit von Anthony Davis zu kompensieren. Kyrie Irving und Klay Thompson müssen ihre ohnehin bereits großen Rollen nochmals vergrößern und das Team irgendwie in den Play-in-Plätzen halten.

Währenddessen muss das Team probieren, die eigenen Fans wieder auf die eigene Seite zu ziehen. Seit Tagen demonstrieren viele Zuschauer vor und in der Arena gegen die Entscheidungen von Nico Harrison und fordern seine Entlassung. Sich der Kritik nicht mehr zu stellen, der Vorstellungs-Pressekonferenz von Davis, Christie und Martin fernzubleiben und alle Fans, die eine Entlassung fordern, der Arena zu verweisen, verschlimmert die Situation nur noch.

Anstatt mit einem Dreigestirn aus Doncic – der in der vergangenen Nacht beim 132:113-Sieg gegen die Utah Jazz sein Lakers-Debüt gab –, Thompson und Irving, sowie einer gesunden Stimmung im Umfeld des Teams, die direkten Play-off-Plätze anzugreifen, steht man in einer schlechten Situation. Es fehlt der Hoffnungsträger, es fehlt die Stimmung und vor allem das Vertrauen der eigenen Fans, diese Situation zu überstehen.