"Wenn man hoch schaut - die Tribünen haben gefühlt nie geendet", sagt die 28-Jährige im Gespräch mit dem Sport-Informations-Dienst (SID), "du kommst dir ein bisschen wie im Zoo vor: Du stehst unten, und alle schauen auf dich." Der Rahmen für das allererste Spiel in der Profiliga PWHL hätte für die Berlinerin nicht eindrucksvoller sein können. Und der Kontrast zu ihrem letzten Auftritt für die Eisbären in der DFEL nicht größer. 211 Fans hatten im Wellblechpalast Kluges Abschiedsvorstellung gegen Bergkamen gesehen, drei Wochen später gab sie in der fast ausverkauften NHL-Arena ihr Debüt für die Toronto Sceptres.
Seit dem Wechsel im Februar erlebt die Berlinerin als erste deutsche Feldspielerin in der PWHL, was es heißt, Eishockey-Profi zu sein. "Wir haben sechs Trainer auf dem Eis, drei Physiotherapeuten, Ernährungsberater, Athletikcoach, Psychologen, Ärzte", erzählt Kluge, "wenn wir reisen, werden die unsere Sachen gepackt und schon zum nächsten Ort gebracht. Wir kommen nur mit unserem Handgepäck zum Flughafen, werden danach zum Hotel gefahren. Wir können uns ganz darauf konzentrieren, unsere bestmögliche Leistung zu bringen."
Die Chance, das Hobby wirklich zum Beruf zu machen, kam mit Verspätung - und nach gründlicher Überlegung. Denn schon im vergangenen Sommer hatte sich Kluge für den Draft angemeldet, doch niemand wählte sie aus. Dennoch wurde sie von Toronto ins Trainingscamp eingeladen und bekam ein Vertragsangebot, doch da hatte sie bereits für ein weiteres Jahr als Sportsoldatin bei der Bundeswehr unterschrieben. Auch wenn "dadurch Sicherheit verloren" ging und "Ansprüche nach der Karriere" wegfielen, entschied sich Kluge, die schon vier Jahre lang in Minnesota College-Eishockey gespielt hatte, für das Abenteuer in Kanada.
Kluge will Erfahrung ins Nationalteam bringen
Sportlich war der Profistart durchaus schwierig. Meist drei, vier, manchmal auch sechs Minuten durfte Kluge nur aufs Eis. "Im ersten Spiel in Edmonton habe ich mich ziemlich schwergetan. Auch die nächsten Spiele waren nicht meine besten", gibt sie zu: "Ich probiere immer noch, mich allem anzupassen. Ich lerne jeden Tag extrem viel dazu und werde sicherer." Zuletzt gelangen ihr die ersten zwei Torvorlagen, "man merkt langsam, dass ich angekommen bin."
Die Erfahrungen der ersten sechs Wochen in Übersee sollen jetzt auch der Nationalmannschaft zugutekommen, mit der Kluge am Mittwoch (11.00 Uhr) in Budweis gegen Schweden in die WM startet. Es ist bereits ihre neunte. Früher war "das Ziel immer, nicht abzusteigen", jetzt geht der Blick nach oben: "Wir können mittlerweile auch gegen gute Mannschaften mithalten." So wie letztes Jahr, als das Halbfinale denkbar knapp verpasst wurde. Nun hat Bundestrainer Jeff MacLeod sogar das Wort "Medaille" in den Mund genommen. "Wir brauchen uns auf keinen Fall zu verstecken", sagt Kluge, die sich freuen würde, ihre Teamkolleginnen aus Toronto wiederzusehen - wenn es möglichst spät im Turnier gegen die Topfavoriten USA und Kanada gehen sollte.
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