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Deutsche Schiedsrichter unter Beschuss – VAR "verfälscht alles"

Der erfahrene DFB-Schiri Deniz Aytekin
Der erfahrene DFB-Schiri Deniz AytekinČTK / imago sportfotodienst / Harald Bremes

Die Kritik an den Schiedsrichtern und dem Videobeweis wird nicht leiser, das gesamte Konstrukt wird infrage gestellt.

Auf ihrem Instagram-Kanal bejubeln die DFB-Schiris derzeit die zuletzt geknackte Marke von 30.000 Followern und feiern die Aufmerksamkeit als "Wahnsinn".

Dieser Begriff wurde in den vergangenen Tagen und Wochen auch anderswo immer wieder mit den Unparteiischen in Verbindung gebracht – allerdings in ganz anderem Zusammenhang. Die Kritik am Gesamtauftritt der Bundesliga-Referees inklusive Fehlentscheidungen und fragwürdigen Videobeweis-Einsätzen reißt nicht ab.

"Videobeweis macht den Fußball nicht besser"

Obwohl die Schiedsrichter-Bosse stets betonen, dass der Videobeweis den Fußball gerechter gemacht habe, ist das Urteil des früheren Top-Unparteiischen Urs Meier vernichtend. "Die Frage, als der VAR eingeführt wurde, war: Macht er den Fußball besser? Die kann man heute beantworten. Der Videobeweis macht den Fußball nicht besser – und auch nicht gerechter", sagte der Schweizer der FAZ.

Nach Ansicht Meiers verlassen sich zu viele Schiedsrichter auf den VAR und haben dadurch ihr Handwerk verlernt. Das sei vergleichbar mit dem Alltag.

Technik lässt Fähigkeiten "verkümmern"

"Seit wir das Handy haben und alle Kontakte darin gespeichert sind, können wir Telefonnummern nicht mehr auswendig. Weil wir das Navigationssystem haben, wissen wir nicht mehr, wo wir eigentlich hinfahren müssen", erläuterte der frühere ZDF-Experte: "Überall da, wo uns die Technik hilft, verkümmert auch unsere Fähigkeit, Dinge selbst zu tun."

Wie Meier sehen es mittlerweile viele Protagonisten in der Bundesliga. Am vergangenen Bundesliga-Spieltag hatte es erneut harsche Kritik an den VAR-Einsätzen gegeben.

Kwasniok "hasst" den VAR

"Ich mag den VAR nicht, ich hasse den VAR", hatte Trainer Lukas Kwasniok vom 1. FC Köln nach dem Derby bei Borussia Mönchengladbach (1:3) gesagt: "Er verfälscht alles. Ich habe das Gefühl, dass der VAR Chef ist, nicht mehr der Unparteiische." Vor allem die Eingriffe bei Strafstoß-Entscheidungen bringen Kwasniok auf die Palme: "Das Problem ist, dass diese Situation am Bildschirm immer anders bewertet wird als live."

Tatsächlich verstärkt sich der Eindruck, dass die eigentlich geltende Prämisse "klare Fehlentscheidung" kaum noch eine Rolle bei den Hinweisen aus dem Kölner Keller spielt.

Abseits und Millimeter-Entscheidungen

Bemängelt wird zudem, dass sich die Schiedsrichter immer mehr auf den Assistenten verlassen. Das sieht auch Meier so. "Viele kämpfen nicht mehr um die letzten Meter, um eine richtig gute Position auf dem Feld zu haben. Andere treffen überhaupt keine Entscheidungen mehr", sagte er.

Zu allem Überfluss sorgt auch die halbautomatische Technologie beim Abseits, die das Prozedere beschleunigen und Fehler ausschließen sollte, für Ärger. Kritiker halten nichts von Millimeter-Entscheidungen wie am vergangenen Samstag bei Union Berlin gegen Bayern München (2:2). "Ist es im Sinne des Sports?", fragte Ex-Nationalspieler Dietmar Hamann als Sky-Experte rhetorisch: "Nein, ist es nicht."