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Neuer Trainer mit altem Profil? Schalke überrascht mit Muslic

Neuer Trainer mit altem Profil? Schalke überrascht mit Muslic
Neuer Trainer mit altem Profil? Schalke überrascht mit MuslicProfimedia
Frank Baumann ist noch nicht offiziell Sportvorstand, den Trainer hat er aber bereits ausgesucht. Miron Muslic erinnert in vielem an seine gescheiterten Vorgänger.

Die Überraschung war groß. "Miron wer?", fragten sich nicht nur die Journalisten der WAZ, sondern auch die meisten Fans, als der Name des neuen Trainers von Schalke 04 durchgesickert war. Nicht Lukas Kwasniok, nicht Christian Titz - sondern Miron Muslic. Wer? Der 42-Jährige, Kriegsflüchtling aus Bosnien-Herzegowina, Kurzzeittrainer in Österreich, in Belgien mit einem Außenseiter im Europapokal, in England Absteiger aus der zweiten Liga, bekennender Fan von Jürgen Klopp, soll die abgestürzten Königsblauen wieder nach oben führen.

Unerwartet – und doch alles beim Alten

Erst am Sonntag beginnt Frank Baumann offiziell als Sportvorstand auf Schalke. Doch die wichtigste Entscheidung hat der langjährige Bremer Sportchef schon gefällt - ganz anders, als es fast alle erwarteten. Denn nach dem zweiten Jahr im Zweitligakeller, mit Abstiegskampf und existenziellen Nöten und der schlechtesten Platzierung in der 121-jährigen Vereinsgeschichte sollten eigentlich die Lehren aus den Fehlern der jüngsten Vergangenheit gezogen werden. Der vermeintlich größte: Die letzten Trainer hatten zuvor nie in Deutschland gearbeitet, kannten die Liga ebenso wenig wie die Dimensionen bei einem Großklub.

Muslic, der nach WAZ-Informationen einen Vertrag bis 2027 erhalten und eine Ablöse von knapp unter einer Million Euro kosten soll, passt erstaunlicherweise genau in dieses Profil. Vieles erinnert an Karel Geraerts und Kees van Wonderen, die nach enttäuschenden Leistungen gefeuert wurden. Wie Geraerts führte Muslic einen belgischen Außenseiter nach Europa: Mit Cercle Brügge erreichte er die Conference League. Wie van Wonderen machte er sich einen Namen als Förderer junger Spieler. Und wie seine Vorgänger kann er lediglich eine erfolgreiche Saison bei einem kleinen Klub vorweisen.

Durchwachsene Trainerkarriere

Trotzdem darf sich Muslic als 37. Trainer seit der Jahrtausendwende - inklusive Interimslösungen und Rückkehrer - beim einstigen Champions-League-Stammgast versuchen. Offenbar, weil er nach der Absage des Wunschkandidaten Kwasniok zur vorgegebenen Spielidee passt. Hohes Pressing, Überfallfußball der Marke Klopp, die Muslic schon immer bewunderte. "Ich habe immer gedacht, sie spielen mit 13", sagte Muslic dem Guardian, als er als Coach von Plymouth Argyle vom Klopp-Fußball schwärmte. 

Auch Ralf Rangnick, Roger Schmidt, Diego Simeone, Oliver Glasner und Arne Slot hätten ihn beeinflusst, erzählte er. Vor allem aber seine eigene Geschichte: Als Neunjähriger floh er mit seinen Eltern und seiner kleinen Schwester vor dem Bürgerkrieg in seiner Heimat über Ungarn nach Österreich, lebte in einer Flüchtlingsunterkunft in Innsbruck, zog danach ständig um, "wir lebten wie Nomaden", fand schließlich als Amateurfußballer in seiner "zweiten Heimat" in den Trainerjob. Erst als Assistent, dann im Nachwuchs. Der erste Profijob beim SV Ried hielt nur für zehn Spiele, in Brügge kam nach gut zwei Jahren trotz des Europa-Abenteuers der Rauswurf. Bei Plymouth sollte er trotz des Abstiegs bleiben, sein Weggang löste großen Unmut aus. "Meine Vergangenheit definiert die Person, die ich jetzt bin", sagte Muslic, "ich habe sie in meiner Seele und werde sie nie vergessen."