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Alphonso Davies und der FC Bayern: "Roadrunner" in der Sackgasse?

Alphonso Davies und der FC Bayern: Roadrunner in der Sackgasse?
Alphonso Davies und der FC Bayern: Roadrunner in der Sackgasse?ULRIK PEDERSEN/NurPhoto via AFP
Alphonso Davies, der „Roadrunner“ des FC Bayern, steht im Zentrum hitziger Vertragsverhandlungen. Der Kanadier, der einst aus Vancouver kam und die Bundesliga mit seinem Tempo elektrisierte, verlangt nun satte 20 Millionen Euro Gehalt im Jahr, gepaart mit einer Einmalzahlung von 15 Millionen Euro. Eine Menge Geld für einen Linksverteidiger, der zuletzt nicht mehr ganz so oft im „Turbo-Modus“ unterwegs war. Sollte der FC Bayern diesem Wunsch wirklich nachgeben? Zeit für eine kritische Bestandsaufnahme.

Davies’ Karriere in München begann wie ein Hollywood-Film. Wer erinnert sich nicht an sein legendäres Solo gegen den FC Barcelona im Champions-League-Viertelfinale 2020, als er Nelson Semedo so auseinandernahm, dass dieser vermutlich noch heute Albträume hat? Doch seit diesem Höhepunkt hat der Tempodribbler seine Offensivqualitäten nach und nach besser versteckt.

Werfen wir einen Blick auf seine Bundesliga-Statistiken der letzten Jahre, so sehen wir, dass nach mittlerweile fünfeinhalb Jahren als Stammspieler die große Weiterentwicklung ausbleibt. An die sieben Scorerpunkte aus seiner ersten Bundesliga-Saison ist der Kanadier nur noch in einer weiteren Spielzeit herangekommen, in diesem Jahr war er bislang an drei Treffern direkt beteiligt.

Auch wenn das für einen Außenverteidiger offensiv gute Werte sind, so müssen sich Spieler und Verein die Frage der Verhältnismäßigkeit stellen. Anders gesagt: Davies ist immer noch ein sehr guter Mann, aber für so viel Geld sollte man etwas mehr erwarten als gelegentliche Tempoläufe, die immer häufiger mit einem Fehlpass enden als mit einer Vorlage.

Das Problem ist nicht nur, was Davies auf dem Platz zeigt, sondern auch, was er abseits davon verlangt. 20 Millionen Euro pro Jahr? Damit würde er in Sphären aufsteigen, die beim FC Bayern bislang nur Spielern wie Manuel Neuer, Joshua Kimmich oder Robert Lewandowski vorbehalten waren. Ist Davies auf diesem Level? Sicherlich nicht.

Eine Erhöhung würde zudem eine fatale Signalwirkung haben. Man stelle sich vor, ein Jamal Musiala hört von Davies’ Mega-Deal. Nicht auszudenken, welche Gehaltsforderungen der Wunderknabe der Münchener angesichts seiner bereits jetzt herausragenden Wichtigkeit stellen könnte. Der FC Bayern hat seine legendäre Disziplin bei Gehältern lange gepflegt, und Davies könnte diese Balance gefährlich ins Wanken bringen.

Was, wenn Davies geht?

Die Welt geht nicht unter, wenn Alphonso Davies die Säbener Straße verlässt – auch wenn die Fans ihren "Phonzie" sicher vermissen würden. Der Markt bietet einige Alternativen, die sowohl sportlich als auch finanziell vernünftiger erscheinen. Da wäre zunächst Raphaël Guerreiro: Der Portugiese interpretiert die Position eher als Spielmacher denn als Flügelspieler, hat sich aber schon jetzt als flexibler und offensivstarker Linksverteidiger bewährt. Warum nicht auf einen Mann setzen, der ohnehin da ist?

Einer, der bald wieder da sein wird, ist Frans Krätzig. Nachdem das Talent bereits in der U21 vielversprechende Ansätze gezeigt hat, blüht er in den letzten Wochen auch bei auf seiner neuesten Leihstation in Heidenheim auf. Eines der erklärten Ziele der Bayern-Bosse für die nächsten Jahre ist es, Talente aus dem Campus zu den Profis hochzuziehen. Vielleicht ist es Zeit, mutig auf die Jugend zu setzen? Immerhin hat Davies selbst als 18-Jähriger seine Chance genutzt.

Und sollte all das nicht klappen, steht immer noch der Transfermarkt offen: Spieler wie Alejandro Balde (Barcelona), Álvaro Carreras (Benfica) oder der deutsche Nationalspieler David Raum (RB Leipzig) mit seinen gefürchteten Flanken zu vermutlich deutlich humaneren Konditionen wären spannende externe Verstärkungen. Der Markt ist groß, die Optionen vielfältig – und der FC Bayern hat die Mittel, einen Nachfolger zu finden.

Fazit: Ein teurer "Roadrunner" mit Tempolimit

Alphonso Davies ist unbestritten ein außergewöhnliches Talent. Aber selbst die schnellsten Spieler können sich in Sackgassen navigieren, wenn ihre Forderungen zu hoch sind. Der Rekordmeister sollte sich nicht von Nostalgie oder Angst leiten lassen, sondern nüchtern abwägen: Wenn Davies seine Forderungen nicht senkt, könnte ein Abschied die bessere Lösung sein – für beide Seiten.

Mit dem Erlös eines potenziellen Transfers könnten die Münchner den Kader breiter und stärker aufstellen. Und wer weiß? Vielleicht bringt der nächste „Roadrunner“ mehr als nur Tempo mit – vielleicht auch Konstanz zu einem günstigeren Preis.

Anton Latuska
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