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Das Wiedersehen: Seltene BVB-Euphorie vor Barcelona

Aktualisiert
Serhou Guirassy ist eine der Konstanten beim BVB.
Serhou Guirassy ist eine der Konstanten beim BVB.Harry Langer/DeFodi Images/Shutt / Shutterstock Editorial / Profimedia
Diesmal aber wirklich! Der Schwung aus Lille soll Borussia Dortmund endlich zu einer Bundesliga-Aufholjagd beflügeln.

Ihr Wiedersehen haben Niko Kovac und Hansi Flick schon vor Wochen verabredet. Da gratulierte der Trainer von Borussia Dortmund seinem früheren Co-Trainer herzlich zum 60. Geburtstag, wie er in Lille mit heiserer Stimme berichtete, und die einstigen Gefährten schlossen damit, dass so ein Duell doch eigentlich ganz nett wäre. Nun kämpft das frühere Bayern-Duo gegeneinander um den Einzug ins Champions-League-Halbfinale.

Match-Center: FC Barcelona vs. Borussia Dortmund

Der BVB blickt in trostlosen Wochen voller Freude auf diese Fußball-Feste gegen den FC Barcelona. "Ich bin sehr stolz. Und seit Tagen angeschlagen - gegen 40.000 Leute anzuschreien, hat mir nicht geholfen", sagte Kovac lächelnd.

Auf dem nächtlichen Rückflug nach Paderborn begleitete die Mannschaft ein seltener Passagier: Selbstvertrauen. "Wir sind wieder unter den besten Acht in Europa", stellte Sportdirektor Sebastian Kehl nach dem 2:1 im Achtelfinal-Rückspiel beim OSC Lille zufrieden fest, "das ist erneut ein richtig gutes Zeichen." Bezeichnend war sein Nachsatz: "Es zeigt, dass diese Mannschaft auch etwas kann."

Kovac sieht seine wankelmütigen Profis sogar "für solche Spiele geboren" - und vielleicht ist das genau das Problem. Scheint das Flutlicht auf die große Bühne, kann diese Mannschaft über sich hinauswachsen, manchmal, keineswegs immer. Stellt sich hingegen der knochentrockene FC Augsburg im Liga-Alltag vor, ist sie ratlos. Somit gehört der BVB zu den acht besten Mannschaften Europas, aber nur zu den zehn besten Deutschlands. Warum?

"Es gibt so Sachen", sagte Karim Adeyemi mit einem Kopfschütteln. "Es ist hart." Sein Ballvertändeln im Mittelfeld hatte ein Gegentor (5.) eingeleitet, das wirkte wie die gesamte BVB-Seuchensaison in wenigen Sekunden: Pleiten, Pech und Pannen. Die Abgesänge waren geschrieben - doch die Dortmunder kämpften sich endlich mal durch Widerstände und drehten das Spiel überzeugend.

Einerseits. Andererseits: Einfacher als über Sporting Lissabon und Lille geht es nicht ins Viertelfinale. Real Madrid beispielsweise hatte Manchester City und Atlético Madrid aus dem Weg zu räumen. Der BVB habe "eine extrem schwierige Phase, auch wenn sie gestern wieder von einigen heilig gesprochen wurden", merkte auch Bundestrainer Julian Nagelsmann am Donnerstag an.

Es bleibt der Eindruck einer unerklärlichen Doppelgesichtigkeit. "Wir sind auch nicht zufrieden, solche Ergebnisse abzuliefern und dann in der Champions League top zu spielen", sagte Adeyemi. "Manchmal im Leben soll es einfach nicht sein."

"Ausgelassene Stimmung" kein Dauerzustand

Beim BVB bleibt der Eindruck einer unerklärlichen Doppelgesichtigkeit. "Wir sind auch nicht zufrieden, solche Ergebnisse abzuliefern und dann in der Champions League top zu spielen", sagte Adeyemi. "Manchmal im Leben soll es einfach nicht sein."

Mit einer derart laschen Erklärung wird ihn Kovac nicht davonkommen lassen. Der BVB hat unterstrichen, dass er für die Champions League taugt - jetzt ist seine einzige Chance, aus der Achterbahn auszusteigen und in der Bundesliga eine Serie zu starten. Leipzig, Mainz und Freiburg: Drei direkte Konkurrenten stehen dem sieben Punkte abgehängten BVB vor den Barcelona-Spielen im April im Weg, zwischen den rauschenden Abenden geht es zum FC Bayern. Knüppelharte Wochen als letzte Chance.

Kovac gönnte seinen Spielern "die ausgelassene Stimmung" deshalb nur kurz. Mit Tomate-Hähnchen-Wraps in der Hand ging es sofort zum Flughafen, "dann müssen wir uns neu fokussieren", forderte der Trainer.

Kovac kennt seine Mannschaft schließlich, er hat in sechs Wochen einen BVB-Crashkurs bekommen. Für Lille hatte er seine Spieler mit einem Donnerwetter wachgerüttelt. Es geht weiterhin nur über die Einstellung: "Sie haben viel investiert und sich zerrissen", sagte Kehl. "Das müssen sie auch am Samstag tun."

Dann gibt es ein weiteres Wiedersehen: Der angeschlagene RB-Trainer Marco Rose war dem BVB in Umständen, die er heute sehr gerne hätte, einst nicht mehr gut genug.