Der Spitzenreiter dominiert den Serienmeister: Die Überflieger von Bayer Leverkusen haben das Bundesliga-Topspiel gegen Bayern München auf eindrucksvolle Art und Weise gewonnen und den Verfolger im Titelkampf auf fünf Punkte distanziert. Das Team von Erfolgstrainer Xabi Alonso blieb durch das 3:0 auch im 31. Pflichtspiel in dieser Saison ungeschlagen, die Träume von der ersten Meisterschaft der Vereinsgeschichte werden 13 Spiele vor Saisonende immer realistischer.
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Ausgerechnet Stanisic
Ausgerechnet Bayern-Leihgabe Josip Stanisic besorgte mit seinem ersten Saisontor die Führung der Werkself (18.), Alejandro Grimaldo (50.) und Jeremie Frimpong (90.+5) per Traumtor legten nach. Bayern, zuletzt elfmal in Serie deutscher Meister, agierte schläfrig und fehleranfällig - und muss nach dem frühen Aus im DFB-Pokal auch um den zweiten Saisontitel bangen.
Beide Trainer rotierten kräftig durch. Bei den Gästen gab Kapitän Manuel Neuer nach seinen Kniebeschwerden rechtzeitig grünes Licht, Joshua Kimmich und Thomas Müller nahmen hingegen nur auf der Bank Platz. Thomas Tuchel stellte auf Dreierkette um und konnte wieder auf Dayot Upamecano setzen, der allerdings einen mehr als unglücklichen Abend erlebte.
Über links kam Winterneuzugang Sacha Boey zu seinem Startelfdebüt. "Wir sind weiter von unserem Toplevel entfernt als Leverkusen, und genau da liegt die Chance", sagte Tuchel.
Alonso, der weiter auf den verletzten Exequiel Palacios verzichten musste, sorgte vor allem mit seiner rechten Außenbahn für Aufsehen. Dort bekamen Stanisic und Nathan Tella den Vorzug vor Frimpong und Jonas Hofmann, in der Spitze setzte Alonso auf das Tempo von Amine Adli anstelle von Zielspieler Patrik Schick.
Beide Aufstellungen hätten ihn "überrascht", sagte Bundestrainer Julian Nagelsmann vor Anpfiff bei Sky. "Am Ende sind es aber zwei herausragende Trainer, ich bin sehr gespannt." Er tippe auf ein "spätes 3:3".
DFL-Proteste machen vor Spitzenspiel nicht halt
Später startete in jedem Fall das Spiel. Beide Fanlager nutzten die größtmögliche Bühne für einen achtminütigen Protest, aus der überwiegend kostümierten Leverkusener Nordkurve waren am Karnevalssamstag kurz vor dem Anpfiff symbolisch jede Menge Kamelle geflogen.
Das Spiel der Spiele, als "The Big One" vermarktet und in mehr als 200 Ländern übertragen, begann verhalten, beiden Teams war die Nervosität und der Respekt vor 30.210 Zuschauern in der ausverkauften BayArena anzumerken. Die erste Chance gehörte Bayer: Nach Fehler von Upamecano war der Abschluss von Adli jedoch leichte Beute für Neuer (11.).
EM-Hoffnung Florian Wirtz war erneut Dreh- und Angelpunkt der Bayer-Offensive - und nutzte das "schläfrige" (Lothar Matthäus bei Sky) Verhalten der Bayern mit einem schnellen Einwurf eiskalt aus. Andrichs Hereingabe ging erst durch die Beine von Upamecano, dann unberührt durch den halben Sechszehner. Stanisic hatte am zweiten Pfosten leichtes Spiel, jubelte gegen seinen Noch-Arbeitgeber aber nicht.
Der Tabellenführer schürte die überforderten Gäste nun regelrecht hinten ein. Adli, Wirtz und Jonathan Tah hatten binnen einer Minute beste Gelegenheiten (23.), Upamecano klärte im letzten Moment gegen den enteilten Adli (42.).
Tuchel wirkte genervt, reagierte in der Pause aber nicht - und wurde kalt erwischt. Ein simpler Doppelpass zwischen Tella und Torschütze Grimaldo hebelte kurz nach Wiederanpfiff die komplette Münchner Abwehr aus, Nagelsmann zuckte auf der Tribüne nur anerkennend mit den Schultern.
Erst in der 60. Minute kamen Kimmich und Müller für den schwachen Upamecano und blassen Aleksandar Pavlovic. Für die Aufholjagd reichte es aber nicht mehr. Frimpong (88.) traf für Bayer zunächst den Pfosten, ehe er einen Konter aufs leere Tor traumhaft vollendete.
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Stimmen zum Spiel
Bayern-Ikone Thomas Müller ließ nach der klaren Niederlage seinem Frust freien Lauf. “Man darf den Druck spüren, aber das muss uns Energie geben”, sagte der 34-Jährige im Sky-Interview. Der Auftritt vom FC Bayern sei zu verkopft gewesen: “Wir spielen von A nach B, von B nach C - und keiner nimmt sich die Freiheit, um einfach mit dem Zocken zu beginnen.”
Einer Trainerdiskussion wollte Müller keinen Raum geben. Stattdessen nahm er seine Teamkollegen in die Pflicht: “Es waren genügend Spieler auf dem Platz, von internationalem Format. Da muss man nicht auf den Trainer gehen.” Der taktische Ansatz, das “Leverkusener System zu spiegeln” sei grundsätzlich der richtige gewesen. Stattdessen fordert der Routinier eine “gewisse Spielintelligenz, eine gewisse Selbstständigkeit (...) Da müssen wir uns dringend steigern – und das werden wir auch tun.”
Bayern-Cheftrainer Thomas Tuchel wirkte nach dem Schlusspfiff konsterniert: “Wir haben im Grunde durch eigene Fehler das Momentum kippen lassen.” Seiner Mannschaft habe “vorne die Durchschlagskraft gefehlt, um zu gewinnen.”
Auch in der Defensive hätten viele Abläufe nicht gestimmt. Besonders der erste Gegentreffer ärgerte Tuchel: “Das ist ein Tor, das man normalerweise in der Fünferkette nicht bekommen kann. (...) Ein klarer Konzentrationsfehler. Das geht nicht.”
Für die Brandrede von Thomas Müller zeigte der 50-Jährige Verständnis. Mit seiner Kritik habe er “nicht unrecht. (...) Wir wollten sehr offensiv verteidigen, fast in Mann-gegen-Mann, gar nicht den Spielaufbau von Leverkusen aufkommen lassen. Ich glaube, dass wir das lange geschafft haben. Aber wir haben dann falsche Entscheidungen getroffen.” In Hinblick auf das Meisterschaftsrennen wolle der FC Bayern “ nicht die Flinte nicht ins Korn werfen. (...) Aber wenn Leverkusen so weiterspielt, wird es schwierig.”
Sein Gegenüber Xabi Alonso war hingegen zufrieden: “Der Sieg ist verdient.” Mit der Leistung seiner Mannschaft war er in vielerlei Hinsicht zufrieden: “Wir haben das super gemacht. Die Disziplin, die Kompaktheit der Mannschaft war super.” Für den Spanier stand die defensive Arbeit im Vordergrund. Auf Lob für einzelne Spieler verzichtete der Erfolgscoach: “Die ganze Mannschaft hat eine super Leistung auf den Platz gebracht.”
Über die deutsche Meisterschaft möchte er aber erst im Mai sprechen: "Wir müssen Geduld haben und mit beiden Füßen auf dem Boden bleiben."
