Der Donnerstag war beim FC Bayern als "Feiertag" geplant. Manuel Neuer beging seinen 39. Geburtstag, aber ach, auch der Kapitän ist ja verletzt. Wie seine Vorderleute Dayot Upamecano und Alphonso Davies. Und so musste Trainer Vincent Kompany beim verregnet-traurigen Start in die heiße Saisonphase erstmal durchzählen, wie viele Profis er überhaupt noch zur Verfügung hat.
Neben Neuer, Upamecano und Davies fällt auch der erkrankte Aleksandar Pavlovic bis auf Weiteres aus, Abwehr-Ersatzmann Hiroki Ito wurde nach seinem Einsatz für Japan erst am Donnerstag zurückerwartet. Der Sommer-Zugang ist bei der Titeljagd in Bundesliga und Champions League mit dem großen Traum vom "Finale dahoam" am 31. Mai plötzlich gesetzt, Kompanys Not in der Defensive groß.
Zumal dem schwarzen Mittwoch mit den niederschmetternden Diagnosen für Davies und Upamecano ein schwarzer Donnerstag folgte: Das Duo fällt wohl länger aus als angenommen. Bei Upamecano soll laut Bild-Zeitung neben den freien Gelenkkörpern im linken Knie auch ein Knorpelschaden diagnostiziert worden sein, auch bei Davies liege neben dem Kreuzbandriss im rechten Knie ein Schaden am Knorpel vor.
Upamecano fiele demnach nicht nur einige Wochen, sondern "mindestens drei Monate" aus. Ein Einsatz noch in dieser Saison käme einem Wunder gleich, heißt es. Der inzwischen in Innsbruck erfolgreich operierte Davies könnte bis zu acht Monate fehlen. Üblich ist bei einem Kreuzbandriss rund ein halbes Jahr.
Anpassung der Spielidee nötig?
So steht Kompany vor der Frage, wer vor Neuer-Ersatz Jonas Urbig den Laden dichtmachen soll - und ob er nicht seine Spielidee anpassen muss. Der Belgier lässt seine Bayern am liebsten so hoch verteidigen, dass die letzte Linie mitunter in der gegnerischen Hälfte steht. Das mag am Samstag (15.30 Uhr/Sky) gegen den FC St. Pauli, die mit zwölf Toren harmloseste Auswärtsmannschaft, noch der richtige Ansatz sein. Aber gegen die Defensivkünstler von Inter Mailand im Viertelfinale der Königsklasse (8./16. April)?
Die pfeilschnellen Upamecano und Davies sind für Kompanys Risiko-Stil essenziell - Stichwort: Restverteidigung. Zumal das Vabanquespiel mit dem etatmäßigen Rechtsverteidiger Konrad Laimer, einem gelernten Mittelfeldspieler, ohnehin schon eine Unwucht hat. Dort setzen Gegner gerne an - auch links, wenn da anstelle von Davies etwa Raphael Guerreiro spielt.

Erster Davies-Ersatz für die K.o.-Duelle dürfte deshalb Ito sein, der in Sachen Geschwindigkeit nicht weit hinter der Spitze liegt. Der Japaner kann auch im Zentrum spielen, wo zuletzt aber meist Routinier Eric Dier anstelle von Upamecano oder dem ebenfalls gesetzten Min-Jae Kim auflief. Der Engländer Dier gilt als verlässlicher Verteidiger alter Schule, ein Sprinter ist er nicht. Als Alternative stünde Außenverteidiger Josip Stanisic bereit, der sich bei seinem einzigen Saisoneinsatz im Zentrum gegen Bochum (2:3) aber nicht für diese Position empfehlen konnte.
Immerhin: St. Pauli könnte für Kompany der richtige Gegner sein, um seine neue Defensivformation einzuspielen - auch wenn der Aufsteiger schon viermal auswärts gewonnen hat (so oft wie Leipzig, Freiburg, Augsburg und Stuttgart).
Oder, Herr Dier? "Ich sehe das so", sagte der Brite kürzlich in einem Interview mit dem Vereinsmagazin: "Ein Innenverteidiger muss (...) immer mit dem schlimmsten Fall rechnen. Nur so ist man bereit, ihn zu verhindern." Na dann.
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