Die Bayern haben den Champagner schon kalt gestellt, die Rachegelüste des Rekordmeisters sind riesig - doch Bayer Leverkusen greift voller Entschlossenheit nach seiner wohl letzten Chance. Um den aufmüpfigen Rivalen im Kampf um die Vormachtstellung im deutschen Fußball endlich in die Schranken zu weisen, beschwor der FC Bayern aber in altbekannter Manier sein "Mia-san-mia-Gefühl". Vor dem ultimativen Showdown um die Schale schreckten die Münchner wie in früheren Tagen auch nicht vor einem intensiven Flirt mit Zauberfuß Florian Wirtz zurück.
5 Spiele ohne Sieg gegen die Werkself
Der FC Bayern müsse den Double-Gewinner "jetzt auch mal schlagen", forderte Bayern-Kapitän Manuel Neuer vor dem Bundesliga-Gipfeltreffen am Samstag (18.30 Uhr/Sky) in der BayArena: "Das wäre der größte Wunsch von uns." Und das nicht einfach nur, weil die Münchner ihre Negativserie gegen Leverkusen durchbrechen wollen: Mit dem ersten Sieg nach fünf Partien ohne Erfolg dürften die Bayern alle Zweifel daran ausräumen, dass die Schale zurück nach München kommt. Oder sorgt "Bayern-Schreck" Xabi Alonso gegen seinen Lieblingsgegner doch nochmal für Spannung?

Mit allem anderen als einem Heimsieg könne Bayer den Titel "fast abschreiben", gab Leverkusens Kapitän Lukas Hradecky zu. Jeder könne sehen, meinte auch Bayerns Sportvorstand Max Eberl etwas zurückhaltender, wie die Tabelle nach dem Topspiel im Erfolgsfall aussehen würde. "Leverkusen muss wahrscheinlich eher gewinnen als wir, um es offen zu halten. Was nicht heißt, dass wir abwarten."
Transfergerüchte als Ablenkungsmanöver?
So oder so ähnlich dachte wohl auch Ehrenpräsident Uli Hoeneß, als er kurz vor dem Kracher von einer Verpflichtung des begehrtesten Bayer-Profis träumte ("Wir wollen Wirtz"). Ob die Charmeoffensive Unruhe beim künftigen Gegner stiftete? Zumindest öffentlich ließen die Träumereien die Bayer-Verantwortlichen kalt. "Als ich mit zehn Jahren den kicker gelesen habe, haben die Bayern das schon gemacht vor Spielen", betonte Sportchef Simon Rolfes, "von daher ist das vielleicht keine neue Taktik".
Dass auch Bayern-Boss Jan-Christian Dreesen und Sportdirektor Christoph Freund mit ihren Aussagen für weiteren Wirtz-Wirbel sorgten, gefiel zumindest Eberl eher weniger. Es gehöre sich vor so einem Spiel einfach nicht, "so eine Thematik aufzumachen", sagte der 51-Jährige: "Flo Wirtz ist Spieler von Bayer Leverkusen. Wir haben selbst herausragende Spieler in unseren Reihen." Wie etwa Ausnahmekönner Jamal Musiala, der neben Wirtz im Topspiel für Spektakel sorgen könnte.
Auf ihn und auf den Schwung aus dem erfolgreichen Play-off-Hinspiel der Königsklasse in Glasgow (2:1) setzen die Bayern jedenfalls. Dass sie vor ziemlich genau einem Jahr im Titelrennen vom späteren Meister gedemütigt wurden (0:3), haben sie in München aber ebenso wenig vergessen wie den Fakt, dass Leverkusen seit 18 Monaten nur einmal in der Liga verloren hat. "Wir wären gerne eines von den Teams, das es nochmal schafft", sagte Kompany.
Bayer ausgeruht und doch mit Druck
Zumindest die Statistik spricht aber für die Leverkusener, die in der Vorwoche in Wolfsburg (0:0) unerwartet gepatzt hatten, aber etwas ausgeruhter ins Spiel gehen dürften. Zweimal behauptete sich Alonsos Team in dieser Saison schon gegen die Bayern, dazu will der Spanier auch in seinem fünften Ligaspiel gegen seinen Ex-Klub ungeschlagen bleiben - und damit zum alleinigen Rekordhalter unter den Trainern aufsteigen.
"Es ist alles möglich, und wir werden nicht so schnell aufgeben", sagte Bayer-Anführer Granit Xhaka im Sky-Interview: "Wir wissen natürlich, dass wir die Bayern schlagen müssen, um dranzubleiben." Angesichts des deutlichen Vorsprungs habe der FC Bayern den Double-Gewinner in diesem Jahr aber bislang "doch in Schach gehalten", sagte Eberl, für den die Frage nach der Vormachtstellung damit beantwortet ist.
Steht auch deshalb der Champagner schon bereit für die Bayern? "Der ist immer kalt gestellt", sagte Neuer mit einem Grinsen, "aber wir müssen natürlich dafür was tun."
Zum Match-Center: Bayer Leverkusen vs. FC Bayern München