Elye Wahi ist erst 20 Jahre jung, hat aber bereits eine beachtlich wellenreiche Karriere hinter sich. Aufgewachsen in Courcouronnes, einem Vorort von Paris, zeigte er früh ein außergewöhnliches Talent. Seine Karriere begann in der renommierten Nachwuchsakademie von SM Caen, doch schon als 15-Jähriger geriet Wahi in die Schlagzeilen – und zwar nicht aus sportlichen Gründen. Er sah sich Vorwürfen der sexuellen Nötigung von Mitschülern ausgesetzt, was dazu führte, dass er die Akademie trotz überragender Leistungen verlassen musste.
Für viele Spieler wäre das das Ende ihrer Karriere gewesen, doch Wahi kämpfte sich zurück. Sein Talent führte ihn über kleinere Stationen schließlich nach Montpellier, wo er sein enormes Potenzial endgültig unter Beweis stellte. Mit 17 feierte er gegen Metz sein Ligue 1-Debüt, in den nächsten zwei Jahren legte er für das Mittelklasse-Team 29 Tore und acht Vorlagen auf.
Diese Leistungen brachten ihm 2023 den Wechsel zum frischgebackenen Champions League-Teilnehmer RC Lens, wo er den zu RB Leipzig abgewanderten Lois Openda ersetzen sollte. Doch obwohl Wahi in Nordfrankreich solide Leistungen zeigte, schien die Luft für den dynamischen Stürmer nicht so richtig zu passen – nicht zum einzigen Mal in seiner Karriere.
Während sein zur Weltklasse gereifter Vorgänger Omar Marmoush demonstrativ Demut ausstrahlte und nach seinem emotionalen Abschied vor der Frankfurter Kurve nach dem Spiel gegen Borussia Dortmund als Held ging, punktet Wahi eher durch eine Prise „Pariser Frechheit“. Das drückt sich im positiven Fall in einer Unberechenbarkeit auf dem Platz auf, die jede Abwehr zur Verzweiflung bringen kann und die Markus Krösche und Co. mehr als 25 Millionen Euro wert war.
Wahi polarisiert auch abseits des Platzes
Im negativen Fall wirken Wahis Aktionen aber schnell leichtfertig, in Marseille beispielsweise wurde der Angreifer nach drei teilweise schludrig vergebenen Torchancen bereits in seinem ersten Heimspiel ausgepfiffen. Ein weiterer Grund dafür war übrigens, dass der in der Nähe von Paris geborene Wahi nur wenige Jahre zuvor in einem Interview einen Wechsel zu OM kategorisch ausgeschlossen hatte. „Das ist eine Gewissheit, weil ich Pariser bin“, sagte er damals - und wechselte 2024 doch an die französische Südküstenmetropole.
Dass Elye Wahi nun in Frankfurt gelandet ist, hat auch mit der Hartnäckigkeit von Trainer Dino Toppmöller zu tun. Bereits im Sommer 2023 war Wahi ein Thema bei der Eintracht, der Französisch sprechende Toppmöller hatte den begehrten Stürmer auch sprachlich überzeugt. Doch ein Transfer scheiterte, weil durch den späten Verkauf von Randal Kolo Muani an Paris Saint-Germain die finanziellen Mittel und der Kaderplatz erst zu spät frei wurden. Toppmöller blieb dran – und bekommt nun seinen Wunschspieler.
Und der ist, blicken wir auf die Transferpolitik der Eintracht in den vergangenen Jahren, nicht unbedingt in der Tradition eines Omar Marmoush anzusehen, sondern eher in der eines Randal Kolo Muani oder Hugo Ekitike. Ein Offensivmann mit Ecken und Kanten, noch etwas ungeschliffen, der mit der richtigen Behandlung aber zu einem echten Diamanten werden kann.