Die Leidensfähigkeit eines HSV-Fans ist wohl eine der beeindruckensten Eigenschaften der Rotenhosen-Supporter. Seit Jahren darf man mit einem Kader, der sich qualitativ in der absoluten Spitze der Liga befindet am Ende mit dem vierten Platz oder einer Niederlage in der Relegation begnügen. Trotzdem geht's für Zehntausende jede Woche ins Stadion oder in geringerer Menge zur Auswärtsfahrt.
Doch dieses Jahr scheint es so, als würden die Hamburger diese grenzenlose Liebe mit guter Leistung belohnen und den Wunsch eines ganzen Bundeslandes endlich erfüllen. Ein großer Faktor dafür kommt aus den eigenen Reihen - Merlin Polzin. Durch die Blutbahn des gebürtigen Bramfelders pumpt blaues Blut, gemischt mit rautenförmigen, schwarz-weißen Blutkörperchen.
Der 34-Jährige geht nicht nur über die emotionale Schiene als Identifikationsfigur des gemeinen HSV-Fans. Er ist ebenso sportlich, wie taktisch versiert und kann dies auf einer persönlichen Ebene in den Kopf der Spieler pflanzen. Scheinbar benötigt es Zauberei, um den Ex-Bundesliga-Dino zurück ins deutsche Oberhaus zu bringen und wer wäre dafür besser geeignet, als ein Coach mit dem magischen Namen "Merlin"?
Ergebnisse mit Aussagekraft
Ähnlich wie damals unter Tim Walter fehlte auch bei Steffen Baumgart das gewisse Etwas. Das scheint Merlin Polzin mitzubringen und die bisherigen Ergebnisse sprechen eine klare Sprache. Gegen Karlsruhe gab's zum Auftakt nach Amtsübernahme direkt einen 3:1 Auswärtssieg, bei schwierigen Partien gegen Darmstadt und Ulm bewies man Moral, sicherte sich wichtige Punkte, um vor der Winterpause nochmal beim 5:0 gegen Fürth Selbstvertrauen zu tanken.
Doch anstatt hier Muffensausen zu bekommen, machte Polzin da weiter, wo er angefangen hatte. Gegen Köln gab es im Spitzenduell und unter viel Druck einen hart erkämpften 1:0 Heim-Erfolg, der Rückenwind für das kommende Programm bieten soll. Bereits am Samstag wartet die Hertha in Berlin, danach empfängt man Zuhause Hannover, bevor es nach Münster zum Auswärtsspiel geht. Drei Spiele, die mit der Körpersprache und dem Selbstverständnis, dass der Bramfelder seiner Mannschaft einimpft alle, ohne Frage, gewonnen werden können und auch sollten.
Match-Center: Hertha BSC vs. Hamburger SV
Es wäre ein Zeichen in Richtung der Konkurrenz, während die zweite Liga in der aktuellen Saison mehr denn je an den Wilden Westen erinnert. Fast jeder kann aufsteigen, doch nur zwei bis drei Teams dürfen am Ende wirklich den Traum der Bundesliga leben.
Darum klappt es mit Polzin
Man wünscht es sich im Fan-Lager des HSV jedes Jahr aufs Neue, dass es dieses Jahr "wirklich" klappt. Nur um im Mai erneut enttäuscht zu werden, nachdem die Hanseaten das Saisonziel erneut knapp verpasst haben. Doch dieses Jahr ist es anders, nicht nur der Wunsch, sondern auch Realismus halten in Einzug im Volkspark.
Man schaut mit einer abgeklärten, aber analytischen Art von Spiel zu Spiel und scheint nicht mehr den Fokus auf das Wesentliche zu verlieren. Mit dieser Art Fußball zu spielen und die richtigen Schlüsse aus Fehlern, aber auch Erfolgen zu ziehen, kann Merlin Polzin historisches gelingen. Er wäre der erste Trainer in der Vereinsgeschichte, dem der Aufstieg mit dem großen Hamburger SV gelingt.
