Als Lukas Kwasniok zum 1. FC Köln kam, war die Skepsis groß – und das nicht ganz unbegründet.
Der neue Trainer ist bekannt für seine leidenschaftliche, direkte Art, für Emotionalität an der Seitenlinie, für klare Worte auch abseits des Platzes. In einer Stadt wie Köln, in der der Fußball ohnehin auf einer hochemotionalen Frequenz gelebt wird, hatten viele Fans zunächst Sorge: Passt so eine explosive Persönlichkeit zu einem Umfeld, das ohnehin selten leise ist?
Doch Kwasniok hat schnell angedeutet, dass er mehr ist als ein Lautsprecher. Bei seiner ersten Pressekonferenz präsentierte er sich reflektiert, ruhig, konzentriert – ohne dabei seinen Charakter zu verleugnen.
1. FC Köln: Kwasniok zeigt sich demütig
Statt große Versprechen abzugeben, sprach er von Arbeit, Demut und Vertrauen in das Bestehende. Er wolle den Klub Schritt für Schritt weiterentwickeln. Ein Saisonziel vermied er bewusst, vielmehr geht es für Köln darum, sich als Aufsteiger in der Bundesliga zu etablieren.
Genau dieser Ton könnte entscheidend sein. Der emotionale Kwasniok umging Fragen nach Europa gekonnt und konzentrierte sich auf das Wesentliche. Gelingt ihm das, auch wenn es mal nicht so gut läuft, über die ganze Saison, ist für den FC 2025/26 mehr möglich, als viele den Kölnern wohl zutrauen.
Kwasniok mit klarer Spielidee
Denn: Kwasniok bringt eine klare Spielidee mit – und die hat in der 2. Liga Eindruck hinterlassen. Nicht umsonst legte Köln rund eine Millionen Euro Ablöse für den ehemaligen Paderborner auf den Tisch.
Seine Teams spielen mutig, schnell, mit Zug zum Tor. Es geht nicht darum, Spiele zu verwalten, sondern aktiv zu gestalten.
Dass das nicht immer perfekt funktionierte, gehört zur Wahrheit dazu. Aber genau dieser offensive, risikofreudige Ansatz könnte in Köln gut funktionieren – vor allem, wenn man ihn mit einem gut zusammengestellten Kader unterfüttert.
Transfersperre ade: Köln mit vielversprechenden Neuzugängen
Nach zweijähriger Transfersperre ist den Kölnern auf dem Transfermarkt ein smarter Neustart gelungen. Mit Ragnar Ache kommt ein physisch starker, robuster Stürmer, der in der vergangenen Saison seine Torgefahr eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat. Einer, der Räume aufreißt, Bälle festmachen kann und ein Spiel alleine beschäftigen kann.
Im zentralen Mittelfeld wurde mit Isak Johannesson von Fortuna Düsseldorf ein spielintelligenter Akteur geholt, der Tempo, Technik und Übersicht mitbringt – genau das, was es im Mittelfeld zuletzt oft vermissen ließ.
Zudem verfügt der FC über ein paar echte Rohdiamanten im eigenen Kader. Eric Martel zeigt bei der laufenden U21-EM starke Leistungen, als Sechser bringt er alle Qualitäten mit, die ein guter Bundesliga-Spieler haben sollte. Natürlich weckt Martel im laufenden Transferfenster Interesse bei anderen Klubs, Sportdirektor Thomas Kessler machte allerdings bereits klar, dass der Verein in guten Gesprächen mit Martel sei.
Eigengewächse müssen gehalten werden
Mit Said El Mala, der bei der U19-EM herausragte, lauert noch ein wahres Supertalent im Kader. Der 18-Jährige bringt Tempo, Technik und Mut ins Spiel und kam bei den DFB-Junioren in vier Partien auf vier Tore und zwei Assists.
Entscheidend wird sein, ob der FC es schafft, diesen Kern zu halten – und aus dem vorhandenen Material eine funktionierende Einheit zu formen.
Die Bundesliga ist in der Spitze zwar unerbittlich, in der Breite aber seit Jahren sehr ausgeglichen. Das haben Mainz 05 und der SC Freiburg erst vergangenes Jahr unter Beweis gestellt. Wer strukturiert arbeitet, mit klarem Plan und ruhiger Hand, kann schnell für positive Überraschungen sorgen.
Und genau hier liegt vielleicht die große Chance für Lukas Kwasniok und den FC: Wenn es gelingt, die emotionale Energie, die diesen Verein ausmacht, nicht als Chaos-Faktor, sondern als Antrieb zu nutzen – gepaart mit Mut, Taktik und einem offenen Umgangston – dann ist mehr möglich, als viele dem FC derzeit zutrauen. Vielleicht war Kwasniok letztlich doch genau der Richtige zur genau richtigen Zeit.