Vor seinem Rückspiel im Viertelfinale der Champions League gegen den FC Barcelona am Dienstag (21.00 Uhr/Prime Video) steht der BVB ohne Halteseile und feste Schuhe vor einem Berg, der kaum zu erklimmen ist. Diese "wahnsinnige Aufgabe, das Riesenbrett", wie Torhüter Gregor Kobel es nennt, ist wohl nur noch der Kampf um einen würdigen Abschied für womöglich lange Zeit.
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Wenn normalerweise das Flutlicht im Signal-Iduna-Park angeknipst wird, sich Weltklasse-Gegner vorstellen, dann sind das Dortmunder Festtage. Nach der 0:4-Demütigung auswärts aber wird nach dem Abpfiff wohl ein Hauch Wehmut mitschwingen: Ob und wann der BVB in die Champions League zurückkehren wird, ist angesichts der sechs Punkte Rückstand auf einen entsprechenden Platz in der Bundesliga ungewiss.
"Ich bin Optimist, aber auch Realist"
Dieses Stadion hat das Wunder gegen den FC Malaga gesehen, im vergangenen Jahr erst eine tolle Wende gegen Atletico Madrid - und einige andere große Nächte. Doch das? Puuuh. "Wunder gibt es immer wieder, aber es ist nicht so leicht", sagte Trainer Niko Kovac. Zumal Kapitän Emre Can wahrscheinlich wegen muskulärer Probleme ausfällt.
Irgendwie will Kovac vielleicht noch einmal einen Zündfunken an die Südtribüne legen - mit einem frühen Tor? Aber selbst dann wäre der Weg weit, so weit. "Wir wollen mit Leidenschaft, Leistung und Laufbereitschaft gewinnen", sagte Kovac, und er nahm eine Anleihe beim großen Otto Rehhagel: "Wir brauchen kontrollierte Offensive."
Auf Laschzockerei des katalanischen Illusionszirkus kann der BVB jedenfalls nicht setzen. "Nein, nein, nein", sagte Hansi Flick, es sei "überhaupt nicht" vorbei: "Wir sind noch nicht weiter. Fußball ist ein verrückter Sport."
Barcelona hat es selbst erlebt! 2017 drehte Barca erstmals in der Geschichte der Champions League ein 0:4 - mit dem allerletzten Torschuss zum unglaublichen 6:1 gegen Paris Saint-Germain im Rückspiel. Die Spanier nennen es ehrfürchtig "La Remontada", das Comeback der Comebacks.
Allerdings, mit Verlaub: Das war der FC Barcelona von Lionel Messi und Neymar - nicht der BVB von Julian Brandt und Pascal Groß. Es gab Augenhöhe, keine Schieflage in Talent und Brillanz. Dementsprechend "geht es darum, alles zu versuchen", sagt Kovac. Er fordert: "Wir müssen versuchen, zu gewinnen."
"Werden ganz und gar nichts herschenken"
Das 2:2 beim FC Bayern am Samstag gab dafür Rückenwind. Geht doch! BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl appellierte an die Spieler, ihrer "Verantwortung" gegenüber jedem Fan gerecht zu werden, der ins Stadion kommt: "Wir werden ganz und gar nichts herschenken." In Dortmund sei "nichts ausgeschlossen. Ich war selbst häufig genug dabei." Zum Beispiel 2013 beim legendären 3:2 gegen Malaga, da saß er auf der Reservebank.
Ungefähr liegt die BVB-Chance wie die Wahrscheinlichkeit, ein Kartenspiel in die Luft zu werfen - und alle Karten bleiben auf der Kante stehen. Kann passieren, wird es aber nicht. Ein Szenario für Fantasten. Zumindest normalerweise.
Die voraussichtlichen Aufstellungen:
Borussia Dortmund (3-3-2-2): Kobel - Süle, Can, Anton - Ryerson, Nmecha, Svensson - Chukwuemeka, Groß - Beier, Guirassy
FC Barcelona (4-3-3): Szczesny - Koundé, Cubarsi, Inigo Martinez, Martin - de Jong, Fermin, Pedri - Yamal, Lewandowski, Raphinha