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EXKLUSIV: "Flick die richtige Entscheidung" - Ivan Rakitic über Barca & das CL-Finale

Ivan Rakitic spielte in Spanien für den FC Barcelona und den FC Sevilla
Ivan Rakitic spielte in Spanien für den FC Barcelona und den FC SevillaJose Breton / NurPhoto / NurPhoto via AFP
Ex-Bundesliga-Spieler Ivan Rakitic hat in seiner glanzvollen Karriere alles gesehen: Champions League- und Europa League-Siege, LaLiga-Titel, ein WM-Finale und zahlreiche Stationen in einigen der besten Vereine der Welt. Im Alter von 37 Jahren spielt er aktuell für seinen Lieblingsverein Hajduk Split in der kroatischen Liga und lässt dort seine atemberaubende Karriere in der kroatischen Heimat ausklingen. Im exklusiven Interview spricht der kroatische Mittelfeldspieler unter anderem über Hansi Flick, Barcelonas neuer Ära und seine Favoriten für den Ballon d'Or 2025.

Frage: Lassen Sie uns mit einer kniffligen Frage beginnen. Sie haben für die Schweizer Jugendmannschaften gespielt, bevor Sie den Verband wechselten und in der A-Nationalmannschaft die Farben Kroatiens repräsentierten. Wie schwer war diese Entscheidung?

Anntwort: Diese Entscheidung würde ich keinem jungen Spieler wünschen. Es war keine leichte Entscheidung für mich. Denn die Entscheidung war nicht gegen die Schweiz oder Kroatien gerichtet. Es ist sehr schwierig, eine solche Entscheidung zu treffen, wenn man 17, 18 Jahre alt ist. Es waren sehr schwierige Momente, und ich wünschte, die UEFA und die FIFA könnten es diesen Spielern leichter machen, denn solche Entscheidungen sind mit viel Druck verbunden, und das ist nicht einfach. Das würde ich niemandem wünschen.

Am Ende war die Entscheidung für mich eher eine Frage meines Herzens. Und mein Herz hat mir gesagt, dass ich für Kroatien spielen möchte, und deshalb habe ich mich schließlich für diesen Wechsel entschieden. Aber es waren sehr komplizierte Zeiten. Und ich wünsche mir, dass kein junger Spieler so etwas durchmachen muss, denn es ist nicht einfach."

Luis Enrique hat PSG in diesem Jahr ins Champions-League-Finale geführt und ein Team voller Stars in eine geschlossene Mannschaft umgewandelt. Sie haben in einer turbulenten Zeit mit ihm in Barcelona zusammengearbeitet. Was ist sein Geheimnis?

Es hat mit dem zu tun, was Sie in Ihrer Einleitung sagten: nämlich wie stark Luis Enrique ist. Für mich ist es keine Überraschung, dass PSG das Finale erreicht hat. Enrique hat vor der Saison gesagt: der beste Spieler geht, aber die Mannschaft wird besser sein. Auch wenn Mbappe gegangen ist, hatte er von Beginn an Anfang einen sehr klaren Plan.

Er ist ein Trainer, der, bevor er den ersten Schritt macht, bereits den zweiten Schritt vorbereitet. Bei ihm ist es offensichtlich, dass es keine Zufälle gibt. Es kommt nicht oft vor, dass man einen Trainer sieht, der so hart arbeitet und so klare Vorstellungen hat. Deshalb möchte ich PSG zum Erreichen des Champions-League-Finales gratulieren. Sie hatten am Anfang Schwierigkeiten, sind aber in den Wettbewerb hineingewachsen und haben es verdient, im Finale zu stehen.

Wie wird das Finale der Champions League zwischen PSG und Inter Ihrer Meinung nach ausgehen?

Luis Enrique und PSG haben sich meiner Meinung nach unglaublich entwickelt. Mit den Spielen, die sie in letzter Zeit gemacht haben, sind sie die klaren Favoriten auf den Titelgewinn. Allerdings ist es in einem Finale sehr schwierig, von einem Favoriten zu sprechen. Denn auch Inter hat einen sehr guten Job gemacht.

PSG scheint vielleicht ein bisschen stärker zu sein, aber Inter hat gegen Barcelona gezeigt, wozu sie fähig sind. Ich bin mir sicher, dass sie auf eine Revanche für das Finale aus sind, das sie vor ein paar Jahren gegen Manchester City verloren haben. Es wird also wahrscheinlich ein sehr hartes Spiel werden. Sie werden sich in das Spiel kämpfen. Möge die beste Mannschaft gewinnen.

Barcelonas Lamine Yamal wird mit seinen 17 Jahren bereits mit Messi und Neymar verglichen. Was halten Sie von seinem Aufstieg und seinen Ballon d'Or-Chancen?

Ich bin sehr froh, dass wir über einen 17-jährigen Jungen sprechen. Das zeigt uns, dass es nicht auf das Alter ankommt. Wenn Yamal das Champions-League-Finale erreicht hätte, hätten wir wohl keine Zweifel, dass er dieses Jahr den Ballon d'Or gewinnen würde. Auch wenn es eine individuelle Auszeichnung ist, zählen auch Titel. Dann ist da noch (Ousmane) Dembele, der im Champions-League-Finale steht. Wenn man bedenkt, wie er in den letzten Monaten spielt, denke ich, dass auch er ein möglicher Gewinner ist. Für mich persönlich ist aber Yamal der Favorit.

 

Barcelona hat in dieser Saison unter Hansi Flick teilweise atemberaubenden Fußball gespielt. Was hat sich geändert, und welcher Spieler hat sich besonders hervorgetan?

Die Entwicklung von Flick begann eindeutig mit Xavi. Xavi hat all diese jungen Spieler eingebunden, die Barcelona nun nach ganz vorne bringen. Ich glaube, dass diese jungen Spieler sehr wichtig waren. Xavi war ein Trainer, der ihnen die Möglichkeit gab und ihnen beibrachte, was es wirklich bedeutet, ein Spitzenspieler in Barcelona zu sein oder was die Anforderungen sind.

Am Ende muss man dem Präsidenten von Barca, Juan Laporta, gratulieren, denn es war zu 100 Prozent die richtige Entscheidung, Hansi Flick zu verpflichten, obwohl ich mir gewünscht hätte, dass Xavi noch ein bisschen länger geblieben wäre. In dieser Saison haben sich die jungen Spieler von Woche zu Woche verbessert. Jeder ist froh, dass es eine klare Entwicklung gibt. Flick und sein Team haben sehr gute Arbeit geleistet, um das Beste aus jedem Spieler herauszuholen.

Was macht Barcelonas junge Spieler so besonders, und wie wichtig ist La Masia?

Das ist kein Zufall. Nach der großartigen Generation mit Xavi, Iniesta und Messi kommt eine weitere Generation, und das hat wahrscheinlich viel damit zu tun, was man ihnen in jungen Jahren beibringt. Dabei geht es nicht nur darum, Qualität und Talent zu finden. Es kommt auch darauf an, was man ihnen für ihre Entwicklung mitgibt. Wie oft haben wir schon Spieler mit unglaublichem Talent gesehen, die es am Ende nicht geschafft haben? Dass ein Spieler wie Yamal mit 17 Jahren bereits 100 offizielle Spiele absolviert hat und mit Spanien Europameister geworden ist, ist unglaublich.

Ich bin sehr froh, dass Sie diese Frage gestellt haben. Denn es ist einfach, sich auf dem Markt umzuschauen, Spieler zu verpflichten und dabei viel Geld auszugeben. Aber die Jungen aus der Akademie haben diese besondere Chemie miteinander, weil sie sich schon seit vielen Jahren kennen.

Sie waren Teil von Barcelonas goldener Generation. Würden einige der heutigen Spieler in diese Mannschaft passen?

Wahrscheinlich viele. Es ist wahr, dass wir eine unglaubliche Gruppe hatten, vor allem in den ersten paar Jahren. 2014 bis 2016 waren einige unserer besten Jahre. Ich wurde gefragt, ob es in unserem Team von damals Platz für Yamal gegeben hätte. Meine Antwort dazu: Wenn man mit Messi konkurriert, gibt es keinen Platz für niemanden. Aber wir hätten sicherlich einen Weg gefunden, um einen Yamal, Pedri oder auch Inigo Martinez einzubauen. Sie sind alle unglaubliche Spieler.

Es ist allerdings auch wichtig, nicht zu viele Vergleiche anzustellen. Ich möchte, dass dieses Barcelona seine eigene Geschichte schreibt. Ich hoffe, dass sie mehr Titel gewinnen als wir, zur Freude aller Fans. Das ist es, was wir alle wollen.

Xabi Alonso soll nach seinem Erfolg in Leverkusen das Ruder bei Real Madrid übernehmen. Was glauben Sie, wie er sich in Spanien schlagen wird?

Es wird interessant sein, den Prozess zu verfolgen. Wir sind uns alle einig, dass wir mit Xabi Alonso ein ganz anderes Madrid erwarten, vor allem wegen seiner Art, Fußball zu verstehen. Ich denke, er wird ein ganz anderer Trainer sein als Ancelotti - weder besser noch schlechter, nur anders.

Man hat gesehen, wie Leverkusen gespielt hat, oder die Entwicklung, die die Mannschaft in den letzten zwei Jahren in Leverkusen genommen hat. Allerdings ist es auch klar, dass es eine andere Sache ist, Real Madrid zu trainieren. Er weiß das besser als jeder andere, und wir werden sehen, wie er seine Vorstellung von Fußball nach Madrid bringen kann.

Ich bin mir sicher, dass Madrid im nächsten Jahr einen großen Qualitätssprung machen wird, denn ich bin der Meinung, dass Alonso bereits jetzt einer der besten Trainer der Welt ist. Nicht nur wegen seiner Art, das Spiel zu verstehen, sondern auch wegen der Art, wie er eine Gruppe führt.

Ich habe aus Deutschland viel Gutes über ihn gehört, fantastische Dinge - und das kann den Unterschied ausmachen. Wir werden auch sehen, inwieweit sie ihn in Madrid arbeiten lassen werden. Ich hoffe, dass er genauso viele Freiheiten haben wird wie in Leverkusen. Am Ende wird dieser Tranfer gut für die Fußballwelt sein. Ich wünsche ihm wirklich viel Glück.

Owuraku Ampofo
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