Als die vermeintliche Geschichte dieses Abends gerade an eiskalten Mailändern zerbröselt war, wollte Thomas Müller davon nichts wissen. "Hatte ich heute mein Abschiedsspiel, oder war das das Viertelfinal-Hinspiel?", fragte der Routinier des FC Bayern nach dem 1:2 (0:1) gegen Inter Mailand genervt bei Prime Video. All die Fragen zu seinen letzten Spielen für den Rekordmeister? Blockte Müller gekonnt ab: "Ich bin ja nicht auf Farewell-Tour, ich bin Sportler."
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"Wir lassen uns davon nicht unterkriegen"
Und doch war auch dem 35-Jährigen bewusst: Ein Unentschieden dank seines Treffers zum 1:1 in der 85. Minute, nur wenige Tage nach Bekanntwerden seines erzwungenen Abschieds von den Bayern, es wäre die perfekte Story gewesen. Nur: Sie hielt gerade einmal drei Minuten. Bis Davide Frattesi (88.) dafür sorgte, dass die Bayern im Rückspiel am kommenden Mittwoch im legendären San Siro mit dem Rücken zur Wand und vor einer Mammutaufgabe stehen.
Und doch blickten sie beim Rekordmeister nach dem herben Rückschlag auf dem angepeilten Weg ins "Finale dahoam" am 31. Mai optimistisch voraus. "Das war erst die erste Halbzeit. Es ist nur ein Tor Unterschied, das ist im Fußball gar nichts. Wir lassen uns davon nicht unterkriegen", betonte Müller. Vielmehr sei die Mannschaft wild entschlossen, den Rückstand zu drehen: "Wir bleiben zusammen und kriegen das hin."
Grund zur Hoffnung gab es allemal, waren die Bayern gegen den italienischen Meister ja nicht zuletzt an der eigenen Chancenverwertung gescheitert. Entsprechend zeigte sich auch Vincent Kompany trotz der "schwierigen" Aufgabe in Mailand zuversichtlich. "Es ist noch keine Mannschaft nach einem 1:2 in der Halbzeit in die Kabine gekommen und hat gesagt, dass wir nach Hause fahren können", sagte der Münchner Trainer: "Wir glauben an unsere Chance." Auch dank Thomas Müller.
Müllers Einwechslung "hat etwas bewirkt"
Der Rekordspieler der Bayern hatte nach seiner Einwechslung in der 74. Minute und seinem Treffer zum zwischenzeitlichen Ausgleich noch einmal deutlich Energie freigesetzt, sowohl in der Mannschaft als auch unter den Zuschauern. "Er hat etwas bewirkt", betonte etwa Sturmpartner Harry Kane nach Abpfiff. Und auch Kompany lobte: "Thomas hat das Gefühl, im engen Raum was zu machen. Ich hoffe, dass es noch oft passiert".
Für das Rückspiel in Mailand oder das zuvor anstehende Bundesliga-Topspiel gegen Borussia Dortmund am Samstag (18.30 Uhr/Sky) dürfte Müller wieder ein heißer Kandidat auf einen Platz in der Startelf sein, er selbst fühlt sich trotz seines immer näher kommenden Abschieds jedenfalls bereit. "Es fühlt sich nicht so an, als ob ich hier jetzt mitten in einer Abschiedstournee wäre", betonte Müller: "Wir sind mitten im Geschäft."
Das hatte nicht zuletzt auch sein eigener Treffer bewiesen. "Die Schilddrüse hat geackert wie blöd", sagte Müller über die Szene, über die man so schöne Geschichten hätte erzählen können, mit einem Schmunzeln. Doch was nicht ist, kann ja noch werden - wie 1988: Damals schafften die Bayern mit Kapitän Klaus Augenthaler nach einem 0:2 im Hinspiel des UEFA-Cup-Achtelfinals durch ein 3:1 in San Siro noch das "Wunder von Mailand".
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