Nach CL-Patzer: BVB diskutiert wieder über Mentalität

Ramy Bensebaini
Ramy BensebainiČTK / imago sportfotodienst / Malte Ossowski/SVEN SIMON

Nach dem blamablen 2:2 gegen den krassen Außenseiter FK Bodö/Glimt ist die Stimmung bei Borussia Dortmund im Keller. Nico Schlotterbeck greift seine Teamkollegen an.

Als Nico Schlotterbeck neben ihm über die fehlende "Winner-Mentalität" klagte und seine Dortmunder Teamkollegen hart kritisierte, fühlte sich Marco Reus in die Vergangenheit versetzt. "Ich kenne auch die Situation. Am Ende stehst du hier und musst dich erklären", sagte der frühere BVB-Kapitän nach dem peinlichen 2:2 (1:1) der Borussia in der Champions League gegen den krassen Außenseiter FK Bodö/Glimt als DAZN-Experte.

Die Rückkehr an seine alte Wirkungsstätte hatte sich Reus eineinhalb Jahre nach seinem Abschied anders vorgestellt. Im BVB-Trikot mit schwarzgelbem Schal hatte der 36-Jährige neben Kevin Großkreutz auf der Südtribüne die riesige Enttäuschung der Fans miterlebt, als sein Ex-Klub zweimal eine Führung und damit eine hervorragende Ausgangsposition um den direkten Achtelfinaleinzug verspielte. Und er erlebte nach dem Schlusspfiff ein Déjà-vu: Kaum war Reus zurück in Dortmund, wurde wieder über Mentalität diskutiert.

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Schlotterbeck kritisiert fehlende "Winner-Mentalität"

"Jeder spielt so ein bisschen sein Spiel. Die Spieler, die reinkommen, verlieren jeden Ball. Und ich sage immer: Winner-Mentalität ist auch, mal das Spiel zu killen. Das haben wir gar nicht hinbekommen", sagte ein sichtlich genervter Schlotterbeck am DAZN-Mikrofon und kritisierte die Dortmunder "Schönspielerei" mit harschen Worten: "Wir chippen vor dem Torhüter, umkurven noch ein, zwei Spieler, wollen es ein bisschen schön machen, und das reicht dann nicht."

Statt mit dem vierten Sieg im sechsten Spiel auf Tabellenplatz vier in der Ligaphase zu springen und den Einzug in die K.o.-Runde bereits vor den letzten beiden Partien perfekt zu machen, rutschte der BVB aus den Top acht heraus. Angesichts des Restprogramms im Januar bei Tottenham Hotspur und gegen Inter Mailand drohen die Play-offs und damit zwei zusätzliche Spiele.

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In seiner Wutrede ging Schlotterbeck vor allem die Einwechselspieler an: Karim Adeyemi und Serhou Guirassy gelang so gut wie gar nichts. "Wenn man in der 60. Minute reinkommt, erwarte ich 30 Minuten Volldampf", sagte der Kapitän, der vor allem "Intensität" vermisste: "Das sah dann alles schön aus, wir haben ein bisschen rechts, links kombiniert, aber du musst killen, das haben wir nicht gemacht."

Sebastian Kehl wirft "Überheblichkeit" vor

Dass über die Dortmunder Mentalität diskutiert wird, kennt Reus nur zu gut. "Kommt mir nicht mit eurem Mentalitätsscheiß", ereiferte er sich im September 2019 am Sky-Mikro, "das geht mir so auf die Eier." Der BVB hatte damals in Frankfurt auch 2:2 gespielt - und ebenfalls zweimal die Führung aus der Hand gegeben.

Diesmal kommt die Debatte ziemlich überraschend, denn unter Trainer Niko Kovac stand die Borussia bisher nicht im Verdacht, Probleme mit der Mentalität zu haben. Doch auch Sportdirektor Sebastian Kehl ("eine gewisse Art von Überheblichkeit") und Mittelfeldspieler Felix Nmecha ("bisschen lässig, fast arrogant") stimmten Schlotterbeck zu, auch wenn sie andere Worte wählten.

Zuletzt hatte Julian Brandt, der zweimal die Führung erzielte (18./51.), öffentlich den Sicherheitsfußball von Kovac kritisiert. Durch die Gegentore fühlte sich der Trainer jedoch bestätigt: "Das zeigt, wir müssen gut verteidigen. Ein Spiel wird gewonnen, wenn man hinten weniger kassiert, als man vorne macht."