"Totgesagte leben länger": Reanimierte Bayern glauben an Endspiel in Wembley

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"Totgesagte leben länger": Reanimierte Bayern glauben an Endspiel in Wembley
Thomas Tuchel war nach dem Auftritt seiner Bayern beim FC Arsenal zufrieden.
Thomas Tuchel war nach dem Auftritt seiner Bayern beim FC Arsenal zufrieden.Profimedia
Als Jan-Christian Dreesen schwelgerisch den Geist von Wembley 2013 beschwor, konnte auch Thomas Tuchel den Alltagsfrust und seinen Schiri-Ärger für einige sorglose Momente vergessen. Unter schweren Kronleuchtern im Grand Ballroom des viktorianisch-noblen Hotels The Landmark schlürfte der Bayern-Trainer entspannt seine Eiswürfel-Cola, während sich Boss Dreesen die triumphale Rückkehr an den Ort der schönsten Champions-League-Erinnerungen ausmalte.

"Natürlich lebt heute der Traum weiter", rief er der "lieben Bayern-Familie" mit Blick auf das Finale am 1. Juni im englischen Fußball-Tempel zu und tönte: In dieser Verfassung "muss sich jeder in Europa vor uns in Acht nehmen". Auch die Spektakel-Kicker von Rekordsieger Real Madrid oder Titelverteidiger Manchester City in einem möglichen Halbfinale. Denn: "Totgesagte leben länger."

Über langsam gegartem Rindfleisch und gebratenem Wolfsbarsch wollte Dreesen an Tisch 7 gar nicht mehr aufhören den siebten Coup in der Königsklasse herbeizusehnen. "Das ist das wahre Gesicht des FC Bayern!", rief er nach dem in der Tat beeindruckenden 2:2 (2:1) bei Premier-League-Spitzenreiter FC Arsenal über das Silberbesteck hinweg: "Das wollen wir von euch, liebe Mannschaft, noch viel, viel öfter sehen!"

Dann, aber auch nur dann, scheint der nächste Coup keine Utopie, obwohl Tuchel die Ausgangslage vor dem Rückspiel am kommenden Mittwoch ohne den abermals verletzten Pechvogel Serge Gnabry und Alphonso Davies (Gelbsperre) nüchterner einschätzte. "Es ist erst Halbzeit", mahnte der Coach - wohl wissend, dass seine Mannschaft "diese Leidenschaft, dieses Verlangen, diese Gier" auch in München noch einmal zeigen muss.

"Gemeinsam packen wir das!"

Die "besondere" Unterkunft nahe des königlichen Regent's Park, meinte Vorstandschef Dreesen, solle das ach so wankelmütige Team "inspirieren, wieder diesen Geist aufleben zu lassen" von vor bald elf Jahren. Auch damals beim Triumph in Wembley über Dortmund wohnten Manuel Neuer, Thomas Müller und Co. im Landmark. Reiseleiter Dreesen hat die Fünf-Sterne-Herberge für 31. Mai bis 2. Juni sicher schon geblockt. "Ihr packt es! Gemeinsam packen wir das!", rief er.

Auch Tuchel genoss die Rückkehr an seine frühere Wahlheimat als Chelsea-Trainer sichtlich. Das graue Liga-Leben schien weit weg, die Champions League ist ihm eh die liebste Bühne. Hier gelang es dem kämpferischen 50-Jährigen, seine Mannschaft zu einem erstaunlichen Auftritt zu inspirieren, die ihr viele nicht mehr zugetraut hatten.

Sportvorstand Max Eberl sah nach der "sehr erwachsenen" Leistung den "Beweis" erbracht, dass der im Sommer scheidende Tuchel seine Stars sehr wohl noch erreiche. "Ein Stück weit befremdlich" fand er deshalb, dass er gefragt wurde, ob der am Samstag (ab 15:30 Uhr live bei Sky und in der Flashscore-Audioreportage) gegen Köln gesperrte Tuchel denn auch im Rückspiel sicher auf der Bank sitze. "Nach so einer Leistung sollte man sagen: Chapeau vor der Leistung des Trainers und der Mannschaft!"

Matthias Sammer tat dies. "Wir sollten auch mal unseren deutschen Trainer loben, der hat so viel auf die Nuss bekommen", meinte der BVB-Berater bei Prime Video und betonte: "Das war heute eine taktische Meisterleistung."

Elfmeterentscheidung spaltet die Gemüter

Nach den Toren von Gnabry (18.), der eine Oberschenkelblessur erlitt, und Superstar Harry Kane (32., Foulelfmeter) war sogar ein Sieg drin. Doch Schiedsrichter Glenn Nyberg verwehrte dem Rekordmeister in einer kuriosen Szene einen weiteren Elfmeter, als Arsenal-Verteidiger Gabriel den Ball nach einem verwirrenden Abstoß-Pfiff des Schweden in die Hand nahm (66.).

"Extrem arm", polterte Tuchel wegen des "Riesenfehlers" des Unparteiischen. Doch Nyberg meinte laut Joshua Kimmich, wegen Gabriels "Kinderfehler" habe er die Gunners nicht bestrafen wollen. "Das ist verrückt", sagte Kane fassungslos. Aber "im Sinne des Fußballs", wie Experte Lutz Wagner meinte, womöglich richtig. Wie die Entscheidung auf Weiterspielen in der Nachspielzeit, als Bukayo Saka gegen Manuel Neuer allzu gewollt abhob.

So oder so: Der Glaube an ein baldiges Wiedersehen in London war bei allen Münchnern groß. "In meinem Nationalstadion zu spielen", sagte der "alte Arsenal-Feind" (Daily Express) Kane sehnsuchtsvoll, "ist ein großer Traum. Und der Traum lebt."

Zum Match-Center: FC Arsenal vs. FC Bayern