Wir schreiben den 25. August 2015: Der SK Rapid hatte soeben die ersehnte Qualifikation für die Gruppenphase der UEFA Champions League. Ein 2:2-Unentschieden bei Shakhtar Donezk genügte nach einer knappen Pleite im Hinspiel nicht zum Weiterkommen.
Robert Beric wurde anschließend in der Mixed Zone ausgesprochen emotional. In der 89. Minute hatte der slowenische Mittelstürmer einen echten Matchball vergeben, kämpfte mit den Tränen. Angesprochen auf seine persönliche Zukunft verfiel er jedoch in ein vielsagendes Schweigen: "Es ist nicht der richtige Zeitpunkt für diese Frage."
Knapp eine Woche später wurde sein Wechsel in die Ligue 1 verkündet. AS St. Etienne hatte damals 7,5 Millionen Euro Ablöse nach Wien-Hütteldorf überwiesen. Das versäumte Startgeld für die Champions League wurde dadurch einigermaßen wett gemacht.
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Königsklasse das entscheidende Argument
Auf den ersten Blick scheint diese Geschichte in keinerlei Zusammenhang zu William Böving stehen – vielleicht abgesehen davon, dass Beric vor seiner Zeit bei Rapid für den SK Sturm auf Torjagd ging.
Bei genauerem Hinsehen offenbart sich allerdings ein klares Muster: Eine Teilnahme an der UEFA Champions League ist für Spitzenspieler aus der österreichischen Bundesliga in vielen Fällen attraktiver als ein Wechsel in eine europäische Spitzenliga.
Dass Böving nach einer bärenstarken Saison noch nicht verkauft wurde, sondern knapp zwei Wochen vor dem Deadline Day noch immer im Trikot des österreichischen Meisters zu sehen ist, hat vor allem einen Grund: Das Königsklassen-Playoff gegen Bodö/Glimt.
Setzt sich Sturm gegen den norwegischen Spitzenverein durch, dürfte der 22-jährige Däne zumindest noch bis zum Winter in Graz bleiben. Misslingt das Unterfangen jedoch, würde die Wahrscheinlichkeit eines Abgangs im laufenden Transferfenster rasch ansteigen.
Steigt Bövings Marktwert?
Auf den ersten Blick wirkt diese Strategie zögerlich und dementsprechend riskant. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich aber, dass dieses Vorgehen für beide Seiten äußerst sinnvoll ist – sowohl für den Verein als auch für den Spieler und dessen Karriereplanung.
Zwar hat Böving in der vergangenen Saison 19 Scorerpunkte (11 Tore, 8 Vorlagen) in 30 Ligapartien gesammelt – doch um das Interesse der absoluten Spitzenvereine zu wecken, hat diese Leistung nicht gereicht. Konkrete Gerüchte gab es kaum, am realistischen schien ein Wechsel zum 1. FSV Mainz 05.
Nach einer überraschend starken Spielzeit kämpfen die Rheinhessen aktuell um die Teilnahme an der Conference League. Für Klubs, die in einer der Top-5-Ligen beheimatet sind UND eine realistische Chance auf die Teilnahme an der Champions League haben – reichen die Arbeitszeugnisse Bövings einfach nicht aus.
Noch nicht! Denn klar ist auch, dass folgendes Szenario die Begehrlichkeiten ruckartig in die Höhe schnellen lassen würde: Sturm qualifiziert sich für die CL-Ligaphase, bekommt attraktive Lose, die ein gewisses internationales Interesse garantieren. Böving zeigt sein Können auf der großen Bühne, hinterlässt einen bleibenden Eindruck – und beschert den Grazern im kommenden Winter ein sattes Transferplus.
Schmaler Grat
Vorerst ist das alles Zukunftsmusik. In der Steiermark weiß man die Qualitäten des Skandinaviers jedenfalls zu schätzen. Dass die Chancen, sich gegen Bodö/Glimt durchsetzen, mit Bövings Hilfe deutlich größer sind – dürfte Sportdirektor Michael Parensen ebenfalls zum aktuellen Vorgehen motiviert haben.
Das bevorstehende Playoff ist jedenfalls mehr als nur ein sportliches Duell. Es ist ein Prüfstein, der über eine aussichtsreiche Karriere ebenso entscheidet wie über die finanzielle Zukunft von Sturm Graz. Zwischen der Champions-League-Hymne und einem Last-Minute-Transfer liegt nur ein schmaler Grat.