Seit der Übernahme durch das Schauspieler-Duo im Jahr 2020 ist Wrexham zu einem der bekanntesten Fußballklubs außerhalb der Premier League geworden – und das nicht nur wegen sportlicher Erfolge. Die Doku-Serie “Welcome to Wrexham” brachte den ältesten walisischen Klub der Welt auf die Bildschirme von Millionen Fans. Doch jetzt geht es um mehr als gute PR: Der Klub steht vor der Herausforderung, sich in der Championship zu behaupten – einer Liga, die für ihre sportliche und finanzielle Härte berüchtigt ist.
Nach drei Aufstiegen in Folge muss Wrexham nun auf einem deutlich höheren Niveau bestehen. Manager Phil Parkinson weiß um die Schwere der Aufgabe – und um die Notwendigkeit, den Kader erheblich zu verstärken. Nur zwei Neuzugänge – Ryan Hardie und Danny Ward – wurden vor der Saisonvorbereitung präsentiert, doch mit dem Vereinsrekordtransfer des italienischen Linksverteidigers Liberato Cacace am vergangenen Freitag zeigte der Klub, dass er bereit ist, groß zu denken – und zu investieren.
Tour durch Australien: Marketing-Mission mit Nebeneffekt
Sportlich blieb die Australien- und Neuseelandreise von überschaubarem Wert: Ein Sieg (3:0 gegen Melbourne Victory) und zwei Niederlagen (gegen Sydney FC und Wellington Phoenix) sorgten nicht für Euphorie, zumal die Gegner aus der A-League in etwa einem Niveau mit dem Championship-Neuling eingestuft werden dürften. Doch Ergebnisse waren zweitrangig – Spielpraxis, taktische Feinarbeit und Fitness standen im Vordergrund.
Abseits des Platzes war die Tour ein voller Erfolg: Über 100.000 Fans besuchten die drei Partien, Fanartikel waren vor Reiseantritt nahezu ausverkauft. Die Stadionarchitektur in Melbourne und Wellington – beide Stadien wurden von Populous entworfen, dem gleichen Unternehmen, das auch die geplante Erweiterung des eigenen Racecourse Ground betreut – lieferte einen Vorgeschmack auf die Zukunft. Bis Juni 2026 soll die Kapazität auf 28.000 Plätze wachsen, rechtzeitig zur UEFA-U19-Europameisterschaft. Der neue Kop-Stand mit 5.500 Plätzen wird dabei ein zentraler Bestandteil sein.
Trainer Parkinson hielt in Australien weitgehend an der erfolgreichen 3-5-1-1-Formation fest, probierte aber auch kleinere Anpassungen. Besonders vielversprechend: Ryan Hardie, der aus Plymouth kam und direkt traf. Auch Ryan Longman, ein Winterneuzugang aus Hull, überzeugte auf der Außenbahn. Außenverteidiger wie Barnett und McClean bleiben Schlüsselspieler im System – wobei Letzterer beim Kopfball gegen Sydney die Chance zum Ausgleich liegen ließ.
Mit Cacace kommt nun ein international erfahrener, schneller Linksverteidiger, der diese Rolle zusätzlich beleben soll. Seine Eingewöhnung könnte jedoch Zeit brauchen – ähnlich wie bei Ollie Rathbone, der im Vorjahr spät durchstartete, inzwischen aber als Spieler der Saison ausgezeichnet wurde. Bittererweisr fällt Rathbone derzeit mit einer Knöchelverletzung aus, und auch Sam Smith, Jay Rodriguez und Jack Marriott verpassten große Teile der Tour verletzungsbedingt.
Verstärkungen stehen an – aber Geduld ist gefragt
Weitere Zugänge sind geplant – unter anderem George Thomason (Bolton), Josh Windass (vereinslos, zuvor Sheffield Wednesday) und Lewis O’Brien (Nottingham Forest). Auch der Premier-League-Leihmarkt könnte noch Bewegung bringen, doch erfahrungsgemäß lassen sich viele Topklubs Zeit, bevor sie ihre Talente verleihen. Entsprechend dürfte der endgültige 25-Mann-Kader, der zum 1. September registriert werden muss, deutlich anders aussehen als die Mannschaft, die gerade aus Neuseeland zurückkehrt.
Wrexham ist ein Verein, der zwischen den Welten lebt: Auf der einen Seite ein bodenständiger, traditionsreicher Klub mit walisischen Wurzeln und ambitionierter sportlicher Leitung. Auf der anderen Seite ein globales Medienspektakel, das Fußballromantik mit Hollywood-Inszenierung verbindet. Die Australienreise zeigte: Die Fans folgen Wrexham mittlerweile rund um den Globus – doch sportlich steht der Klub erst am Anfang seines vielleicht wichtigsten Kapitels.
Der Saisonauftakt am 9. August in Southampton wird der erste echte Gradmesser. Und spätestens zur Eröffnung des neuen Kop in einem Jahr wird sich zeigen, ob Wrexham nicht nur Marketingmeister ist – sondern auch sportlich in der Championship angekommen ist.