Letztes Rapid-Heimspiel des Jahres: Wenn es um nicht mehr viel und doch so viel mehr geht

Letztes Rapid-Heimspiel des Jahres: Wenn es um nicht mehr viel und doch so viel mehr geht
Letztes Rapid-Heimspiel des Jahres: Wenn es um nicht mehr viel und doch so viel mehr gehtMichal Dubiel/IPA Sport / ipa-agency.net / IPA / Profimedia

Wie weit geht er noch, der freie Fall von Rapid Wien? Vor dem Duell mit Omonia Nikosia stecken die Hütteldorfer tief in der Krise und warten in der Ligaphase der Conference League weiter auf den ersten Punkt. Morgen Abend geht es damit um die ersten Punkte, ein Abfangen des freien Falls und um die Revanche für eine Niederlage in der Vorsaison. Oder doch um "nicht mehr viel"?

Am Donnerstagabend (21:00 Uhr) bestreitet der SK Rapid sein letztes Heimspiel des Jahres – und es steht unter besonderen Vorzeichen. Vier Niederlagen in vier Partien, dazu ein torarmes Auftreten und wachsende Unruhe im Umfeld: In der Ligaphase der UEFA Conference League ist Rapid noch punktelos und hat nur noch theoretische Chancen auf die K.o.-Phase. Mit Omonia Nikosia kommt ausgerechnet jene Mannschaft nach Hütteldorf, die den Grün-Weißen vor rund einem Jahr auf Zypern eine 1:3-Niederlage zufügte. Als wäre die schlecht laufende Ligaphase nicht genug, steckt Rapid auch national im absoluten Krisenmodus. 

 

Rapid im Heim- und Europacup-Tief

Die Ausgangslage ist klar: Vier Spiele, vier Niederlagen, 1:12 Tore – die Bilanz in der aktuellen Ligaphase ist vernichtend. Nach dem 1:4-Katastrophenstart bei Lech Posen, dem 0:3 gegen Fiorentina, dem 0:1 gegen Universitatea Craiova und der hochverdienten Auswärtsniederlage bei Raków Czestochowa steht Rapid als einziges Team noch ohne Punkt da.

Auch national ist die Situation angespannt. Erstmals in der Klubgeschichte hat Rapid sechs der letzten sieben Pflichtspiele im eigenen Stadion verloren, zuletzt gab es sogar eine Heimniederlage in der Liga gegen die SV Ried – ein Ergebnis, das es in dieser Form zuvor noch nie gegeben hatte. Ohne den 2:1-Erfolg gegen Sturm Graz Anfang November wäre die Serie noch düsterer. 

Hinzu kommt ein weiterer Faktor, der das Heimspiel zusätzlich belasten könnte: Obwohl mehr als 22.000 Karten verkauft wurden, ist unklar, wie viele Rapid-Fans tatsächlich erscheinen werden. Gleichzeitig wird ein großer, lautstarker Gästeblock erwartet. Rund 2.300 Omonia-Anhänger reisen an und könnten phasenweise die akustische Kontrolle übernehmen. Je nachdem, wie sich der Block West positioniert, droht Rapid eine Stimmung, die eher an ein Auswärtsmatch erinnert. Beim 1:2 gegen Ried war bereits zu sehen, wie schnell sich die Atmosphäre drehen kann: Ab der 60. Minute richtete sich der Unmut der Heimfans lautstark an die Rapid-Spieler.

Interimscoach Stefan Kulovits, der zuletzt selbst in die Fan-Kritik geriet, will die Lage nicht beschönigen. Er weiß, dass lang genug geredet wurde und endlich erfolgreiche Taten folgen müssen. Die Mannschaft dürfe sich nicht mit zu sehr mit der negativen Vergangenheit beschäftigen.Zugleich hofft er auf Unterstützung von den Rängen: „Natürlich wäre es schön, wenn uns die Fans 90 Minuten lang unterstützen." 

 

 

Hütteldorfer Personalthemen

In der Defensive wird Kulovits zu Umstellungen gezwungen. Auf den Außenverteidiger-Positionen fehlen Bolla, Horn und nun auch Auer mit einer Gehirnerschütterung. Dadurch beginnt der 20-jährige Gröller rechts hinten. Er bekommt es dabei mit  Omonias Schlüsselspieler Willy Semedo zu tun. 

Davor sollen Stützen Seidl, Kara und Grgić die Mannschaft führen. Kapitän Matthias Seidl bleibt kämpferisch: „Wir wollen auf jeden Fall drei Punkte holen und werden nicht mit Halbgas, sondern mit Vollgas in die Partie gehen.“ Kulovits betont immer wieder die innere Haltung: „Der Glaube von jedem Spieler an seine eigene Stärke und an die der gesamten Mannschaftmuss da sein.“

Zudem steht ein Comeback von Niklas Hedl im Raum, der voraussichtlich wieder ins Rapid-Tor zurückkehren wird. 

 

Bilanz gegen Zypern und Erinnerungen an Omonia

Gegen Omonia hat Rapid schwierige Erinnerungen: In der vergangenen Saison setzte es auswärts ein 1:3, generell tat sich Rapid auf Zypern stets schwer (vier Niederlagen, ein Remis nach Verlängerung). Zu Hause sieht die Statistik allerdings deutlich besser aus – alle vier Heimspiele gegen Teams aus Zypern wurden gewonnen. Insgesamt ist die Bilanz mit neun Spielen (4 Siege, 4 Niederlagen, 1 Remis, 15:15 Tore) ausgeglichen. 

 

Gegnercheck: Omonia in Form – trotz Doppelbelastung

Omonia Nikosia reist in starker Verfassung an. Der zyprische Tabellenzweite zeigt aktuell, dass er mit der Doppelbelastung aus Liga und Europacup gut umgehen kann. Zuletzt feierte die Mannschaft drei Pflichtspielsiege hintereinander. 

In der zyprischen Liga steht Omonia mit neun Siegen, zwei Remis und nur zwei Niederlagen auf Platz zwei, bei einer beeindruckenden Tordifferenz von 29:9. In der Conference League qualifizierte sich Omonia – wie Rapid – über drei Runden für die Ligaphase und setzte sich dabei gegen Torpedo Kutaisi, Araz-PFK und im Play-off nach einem Elfmeterschießen gegen den WAC durch. In der Ligaphase selbst startete das Team mit einer 0:1-Heimniederlage gegen Mainz, holte anschließend zwei 1:1-Auswärtsremis gegen Drita und Lausanne-Sport und feierte zuletzt einen 2:0-Erfolg über Dynamo Kiew.

 

 

Players to watch: Semedo und Co.

Im Fokus steht vor allem Willy Semedo, der auf der linken Außenbahn in Hochform agiert. Der Nationalspieler aus Kap Verde hält bereits bei 14 Pflichtspieltoren und sechs Assists in dieser Saison. Schon vergangene Saison traf er in der Ligaphase beim 3:1-Heimsieg gegen Rapid. Omonia gilt zudem als Team, das regelmäßig hohe xG-Werte generiert und offensiv mit viel Tempo und Präsenz arbeitet.

Fehlen wird hingegen Ryan Mmaee, der frühere, im Wesentlichen dauerverletzte Rapid-Stürmer. Er hat wegen einer Adduktorenverletzung bereits die letzten Spiele verpasst. Der geneigte Rapidfan wird sich hier wohl denken: Manche Dinge ändern sich nie. 

 

„Es geht nicht mehr um viel.“ Oder doch?

Sportlich ist für Rapid die K.o.-Phase nur noch theoretisch erreichbar. Dennoch hat das Spiel einiges an Bedeutung: Es geht um dringend benötigtes Selbstvertrauen, um Punkte für die UEFA-Fünfjahreswertung (Zypern sitzt Österreich im Nacken) und um Geld, das Rapid mit Blick auf den anstehenden Winter dringend benötigt.

Geschäftsführer Steffen Hofmann fasste die Lage im Podcast „Gelb-Rot“ salopp und dennoch treffend zusammen: „Es geht nicht mehr um viel.“ Aus sportlicher Sicht mag das stimmen, aber auf emotionaler, wirtschaftlicher und struktureller Ebene ist das Duell gegen Omonia alles andere als bedeutungslos.