Als sogenannte SAFs ("Sociedade Anônima do Futebol", zu dt. fußballbezogene Aktiengesellschaften) haben brasilianische Klubs seit 2021 die Möglichkeit, sich Investoren zu öffnen und somit externes Geld zu akquirieren. Atlético und Botafogo hat es in die Lage versetzt, um die wichtigsten Titel in Brasilien und auf dem Kontinent zu kämpfen.
Zum Match-Center: Atletico Mineiro vs. Botafogo RJ
Die Rechtsform hat es den beiden Vereinen ermöglicht, eine ungünstige finanzielle Realität und einen gewissen Abstand im Kampf um die großen Titel hinter sich zu lassen, um auf die von vielen gewünschten Neuverpflichtungen zu setzen. Die haben nicht nur den eigenen Fans Freude bereitet, sondern auch die ganze Liga aufgewertet. Wer würde sich nicht Spieler von der Qualität von Hulk, Paulinho, Luiz Henrique und Igor Jesus in seinem Kader wünschen?
Ganz unpassend zur brasilianischen Mentalität achten die Vereine durch den Einfluss des neuen Kapitals nun etwas weniger auf Emotionen, sondern mehr auf nüchternde Fakten - vor allem Ergebnisse. Bei Atletico Mineiro sind die langjährigen Vorstandsmitglieder Rubens Menin, Rafael Menin, Renato Salvador und Ricardo Guimarães seit Juli 2023 in der Leitung des mit mehr als 300 Millionen Euro verschuldeten Vereins.

Die ersten Erfolge sind schnell sichtbar geworden. 2021 gewann man den brasilianischen Pokal, 2023 bekam Atletico sogar sein eigenes Stadion. Doch während die Fans für die getätigten Investitionen dankbar sind, gab es auch viel Kritik an dem Geldregen. So fiel die neue MRV-Arena beispielsweise häufiger durch Probleme in der Infrastruktur oder dem Zustand des Spielsfelds auf. Auch die Akustik im weiten Rund ist ein wiederkehrendes Problem, an dessen Lösung noch gearbeitet wird.
Neben den strukturellen Mängeln hat sich die Vereinsführung auch in Aktionen verrannt, die am gesunden Menschenverstand zweifeln lassen. Beim Derby gegen Cruzeiro im Jahr 2023 versuchten die Vereinsfunktionäre, den Gegner daran zu hindern, die Fahne auf dem Tisch der Pressekonferenz zu platzieren, obwohl der Platz dort für das Interview der Celestes vorgesehen war. Bei Nichtbeachtung schaltete die Heimmannschaft das Mikrofon in diesem Raum aus, um das Interview nach dem Spiel zu verhindern.
Streit zwischen Vorstand und Anhängern
Ein obdachloser Fan wurde aus dem Stadion verwiesen, weil er die Anwesenden störte, als er allein und fröhlich auf den Sitzen tanzte, was für die Fans in der Nähe ein sichtbares Unbehagen verursachte. Der Verein rechtfertigte sich mit einem "unangemessenen Verhalten" des Fans, was von einigen Zeugen des Geschehens bestritten wurde. Der Vorstand räumte später den Fehler ein und entschuldigte sich für den Vorfall.
Der Journalist Fred Melo Paiva, ein Kritiker der "4 Rs", ließ sein Gesicht vom Wandbild des Stadions entfernen, nachdem seine Meinungskolumnen bei der Vereinsführung nicht gut ankamen, was gegen die Demokratie in der Geschichte des Vereins verstieß. Der Vorstand scheint sich nicht gerne mit abweichenden Meinungen zu beschäftigen.

Die Wiederaufstehung des "Glorioso"
Und auch bei Botafogo hat sich in den letzten Jahren vieles verändert. Die Ankunft von John Textor, als der Verein 2021 noch in der Serie B spielte, führte zu einer 180-Grad-Wende des Vereins, nicht nur in seiner Struktur, sondern auch in seinem Niveau auf dem Spielfeld. Nach Jahren des Leidens hat sich der "Glorioso" in die Liste der Favoriten eingetragen.
"Wir haben einen historischen Klub vom Bankrott in der zweiten Liga zum Kampf um die Meisterschaft in der Spitze der Serie A geführt", erklärte Textor in einer Erklärung, nachdem er 90 Prozent der Anteile an Botafogo erworben hatte. Nur drei Jahre später kämpft der Verein um den brasilianischen und den kontinentalen Titel. "Unser Plan war es immer, wettbewerbsfähig zu sein, kombiniert mit finanzieller Nachhaltigkeit", sagte Thairo Arruda, Botafogos CEO, in einem kürzlichen Interview mit dem brasilianischen Flashscore Podcast.
"Nach dem letzten Jahr, als wir gute Einnahmen hatten und die Ausgaben reduzierten, war es einfacher, sich auf die Wettbewerbsfähigkeit zu konzentrieren. Dieses Jahr werden wir wieder einen Umsatzrekord aufstellen und haben unsere Verbindlichkeiten ausgeglichen", sagte er.
"Wir hatten keine Ausbildungsstruktur, und heute haben wir ein gutes Fundament. Das wirkt sich auf die Ergebnisse auf dem Platz aus, es ermöglicht uns, zu investieren und die Spieler besser vorzubereiten. Ich halte dies für den wichtigsten Umschwung in der Welt des Fußballs, auch wenn wir noch keinen Titel gewonnen haben", fügte er hinzu.
Unbewiesene Anschuldigungen und geteilte Aufmerksamkeit
John Textor ist auch in Europa kein Unbekannter: Er leitet auch Vereine wie Crystal Palace in England, Lyon in Frankreich und Molenbeek in Belgien. Seine umstrittenen Äußerungen über Spielmanipulationen haben in der Presse für Aufsehen gesorgt und Reibereien mit Vertretern anderer Vereine, wie Leila Pereira, Präsidentin von Palmeiras, ausgelöst.
Textor behauptete, er habe einen Bericht in Händen, der Spielmanipulationen im brasilianischen Fußball in den Jahren 2022 und 2023 beweise. Dieses Dokument wurde nie vorgelegt, nicht einmal vor dem CPI, wo er als Zeuge aussagte. Die Situation klang wie eine Entschuldigung für Botafogos Versagen auf dem Spielfeld. Damals forderte er sogar den Rücktritt des CBF-Präsidenten Ednaldo Rodrigues.
Für viele Fans zählen nur Titel und Tore. Textor war für die größten Neuverpflichtungen der Vereinsgeschichte verantwortlich und griff in die Tasche, um das Niveau der Mannschaft merklich zu steigern. Allein im Jahr 2024 investierte der Glorioso mehr als 323 Millionen Reais (52 Millionen Euro). Textors Aufmerksamkeit für andere Vereine kommt dagegen auf der Tribüne nicht so gut an. Der argentinische Mittelfeldspieler Almada zum Beispiel kam 2024, als sein Abschied von Lyon, einem anderen Klub im Besitz des Geschäftsmannes, bereits feststand.
Die Leichtigkeit der Transaktionen zwischen den Vereinen, die dem Amerikaner gehören, entmutigt einige Botafogo-Fans, die der Meinung sind, dass die kommerziellen und wirtschaftlichen Aspekte am wichtigsten sind. Anders gesagt: Wenn es für Textor interessanter ist, einem der europäischen Vereine den Vorzug zu geben, wird er dies ohne zu zögern tun und die Botafogo-Fans enttäuscht zurücklassen, weil sie nicht die gewünschte Summe erhalten.
Der vorläufige Abstieg von Lyon in die zweite französische Liga könnte mit Hilfe von Botafogo vermieden werden. Eine Vorgehensweise, die, sollte sie sich bestätigen, von den Tribünen nicht so schnell vergessen werden wird. Sie haben es satt, die zweite Geige zu spielen und haben sich nun an Zeiten des Ruhms gewöhnt. Den Höhepunkt könnte es am Samstagabend geben.