Es gibt Fußballspieler, die Tore schießen. Es gibt welche, die Spiele entscheiden. Und dann gibt es Rayan Cherki – einen, der tanzt, jongliert, improvisiert und das Spiel zu seiner ganz persönlichen Showbühne macht. Wenn der Offensivzauberer von Olympique Lyon einen Ball berührt, dann hält das Spiel kurz die Luft an. Nicht aus Angst. Aus Staunen.
Auch im Hinspiel der Europa League gegen Manchester United ragte Cherki aus einer guten Leistung der Lyonnais heraus, war mit einer Note von 7,9 der Flashscore-Mann des Spiels. Entscheidend war er aber vor allem deshalb, weil er mit der letzten Aktion des Spiels in Thomas Müller-esker Manier für das 2:2 sorgte.
Cherki hat das Prinzip Fußball auf seine Weise interpretiert. „Wo auch immer ich hingehe, möchte ich mich amüsieren und die Leute unterhalten“, sagte er der L’Équipe. Das ist kein Marketingspruch. Das ist sein Spiel. Wie ein Künstler, der keine Angst vor weißen Leinwänden hat.
Doch wie bei jedem Genie war der Weg nicht nur golden gepflastert. Es kamen Fragen. An seine Einstellung. An seine Disziplin. An seine Defensive. Denn für all die TikTok-würdigen Tricks, die Herzen höher schlagen ließen, wollte die harte Fußballwelt auch: Laufarbeit. Struktur. Reife.
Ablösepoker um Cherki
Er musste lernen, dass nicht jeder Pass ein Gemälde sein muss – manchmal reicht ein Strich. In dieser Saison scheint ihm das gelungen zu sein. Mit neun Toren und 18 Vorlagen spielt Cherki eine herausragende Ligue 1-Saison, dazu ist er statistisch der kreativste Spieler der fünf Topligen Europas. Kein anderer kreiert mehr Chancen. Nicht Raphinha. Nicht Salah. Cherki.
Da ist es in der heutigen Zeit fast irritierend, dass der BVB in der Winterpause ein Angebot von 22,5 Millionen Euro abgegeben haben soll. An der Rhone soll man dementsprechend unbeeindruckt gewesen sein und lehnte das Angebot unverzüglich ab, obwohl sich der Spieler schon mit dem Bundesligisten einig gewesen sein soll.
Wenige wissen, mit welchem Fuß der französische U-Nationalspieler lieber spielt. Vielleicht weiß er es selbst nicht. Geschichten von Teamkollegen machen die Runde, die staunen, wenn er vor einem Elfmeter von einem Fuß auf den anderen wechselt und links genauso präzise ist wie rechts.
Er will Champions-League-Titel. Die Weltmeisterschaft. Den Ballon d’Or. Und warum nicht? Wer ihn spielen sieht, wer seine Körpersprache liest, merkt schnell: Cherki hat nicht nur das Talent. Er hat auch das Selbstbewusstsein. Er spielt, als wolle er sagen: Schaut her. Ich bin der Boss.
Auch Manchester City will Cherki
Und doch wirkt er selten arrogant. Sondern eher wie jemand, der sich freut, wenn andere sich freuen. Der unterhalten will – wie ein Straßenmusiker, der nicht das Geld, sondern das Lächeln der Passanten sucht.
Die Borussia wird schnell Nägel mit Köpfen machen müssen, wenn sie den talentierten Mann mit algerischen Wurzeln als Neuzugang eintüten will. In den letzten Tagen berichteten mehrere Medien übereinstimmend von einem Interesse von Manchester City, das in Cherki einen kostengünstigen Nachfolger von Kevin de Bruyne sieht.
Vielleicht wird Cherki nie der verlässlichste Spieler auf dem Platz sein. Vielleicht wird er nie 13 Kilometer pro Spiel laufen. Aber vielleicht – und das ist wichtiger – wird er der Grund sein, warum wir überhaupt Fußball schauen.
