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Verzicht auf Jude Bellingham: "Axtmann" Thomas Tuchel geht ins Risiko

Thomas Tuchel verzichtet auf Jude Bellingham.
Thomas Tuchel verzichtet auf Jude Bellingham.Mark Pain / Alamy / Profimedia

Thomas Tuchel verzichtet in den kommenden Länderspielen auf Jude Bellingham. Eine mutige Entscheidung, die aber auch Risiken birgt.

Nach dem Bellingham-Beben musste sich Thomas Tuchel so einiges anhören. Der Deutsche sei der "Mann mit der Axt", "der skrupellose Tuchel", hieß es in den englischen Medien, als der Nationaltrainer den wohl besten Fußballer der Insel verschmähte. Weil Tuchel unter anderem Starspieler Jude Bellingham nicht in sein Aufgebot für die kommenden Länderspiele berief, rückt er einmal mehr in den Fokus der Kritik.

Das Risiko ist offenkundig. Sollte England im Freundschaftsspiel am Donnerstag (20.45 Uhr) gegen Wales und am Dienstag in der WM-Qualifikation in Lettland patzen, steht Tuchel prompt für seine Entscheidung am Pranger. Und da sich der Coach dieser heiklen Lage schließlich bewusst ist, versuchte er, die Gemengelage schon im Vorfeld so gut es geht zu moderieren.

Match-Center: England vs. Wales

"Er ist ein besonderer Spieler, und für besondere Spieler kann es besondere Regeln geben. Aber dieses Mal wollten wir bei der gleichen Gruppe bleiben, die im September so gut funktioniert hat", so Tuchel. Der Profi von Real Madrid hatte die WM-Qualispiele im September wegen einer Schulterverletzung verpasst. Nachdem diese nun auskuriert ist, schien einer Rückkehr in die Nationalmannschaft eigentlich nichts im Wege zu stehen – doch Tuchel verzichtete erneut auf ihn.

Tuchel fordert eine Einheit

"Jude verdient es immer, hier zu sein, aber er hat bei Real Madrid noch nicht ganz zu seinem Rhythmus zurückgefunden", sagte Tuchel weiter. "Glaube ich, dass wir mit Jude ein stärkeres Team sind? Ja. Ist er einer der besten Mittelfeldspieler der Welt? Ja. Aber was machen wir, wenn ein Spieler wie Jude sich vor der Weltmeisterschaft verletzt? Fahren wir dann nicht hin?"

Bellingham hatte die ersten vier Saisonspiele in Spanien verletzungsbedingt gefehlt und bislang keine Partie über die volle Distanz bestritten. Dennoch, so Tuchel, habe der 22-Jährige "nominiert werden wollen" – die beiden hätten telefoniert. Tuchel wolle eine Mannschaft formen, die auch ohne den Starspieler funktioniert. "Das ist ein Mannschaftssport. Wir müssen Lösungen finden, wenn Spieler verletzt sind." Es könne "niemals die Lösung sein, sich im Fußball auf einen einzigen Spieler zu verlassen."

Dennoch hielten sich die Medien nicht mit ihrer Kritik zurück. Der "Mirror" kommentierte: "Wie auch immer er diese Entscheidung verpacken will – den besten Spieler nicht zu berücksichtigen, ist einfach die falsche Entscheidung." Und die "Daily Mail" meinte: "Diese Entscheidung ist schwach begründet." Rückendeckung erhielt Tuchel indessen von Kapitän Harry Kane, der ebenfalls auf Bellinghams längere Ausfallzeit hinwies. Die Entscheidung liege beim Trainer, so der Torjäger von Bayern München. Jener spüre, "wie die Stimmung unter den Spielern ist." Das Risiko bleibt jedoch.