Er sei "fassungslos, was in den letzten sechs bis acht Wochen im internationalen Fußball passiert ist. Ich finde es völlig verrückt, was da abgeht", sagte Hoeneß bei der Gala der Deutschen Fußball Liga (DFL) in Berlin.
"Wenn wir nicht aufpassen, werden die Leute irgendwann fragen: 'Sind die eigentlich noch bei Verstand?' Ich arbeite für 2000 bis 3000 Euro netto im Monat, und gleichzeitig werden für mittelklassige Spieler 30, 40, 50 Millionen ausgegeben", schimpfte der frühere Manager, der bei den Münchnern immer noch im mächtigen Aufsichtsrat sitzt.
Vor allem die Exzesse der englischen Premier League, die die Rekordsumme von knapp 3,6 Milliarden Euro für neue Spieler ausgegeben hatte, brachten Hoeneß in Rage. Dies sei "völlig gaga". Allein der FC Liverpool hatte rund 500 Millionen investiert, davon 150 Millionen in Rekordtransfer Alexander Isak und bis zu 150 Millionen in Florian Wirtz, den Hoeneß und sein FC Bayern auch gerne verpflichtet hätten.
Man müsse deshalb im deutschen Fußball "einen eigenen Weg gehen. Ich bitte alle hier im Raum, das Geld, das alles verdirbt, niemals anzunehmen", forderte Hoeneß. Dass der Rekordmeister für Kingsley Coman und Mathys Tel aus Saudi-Arabien und England in dieser Transferperiode zusammen rund 60 Millionen einnahm, vergaß er dabei wohl.
FC Bayern: Erinnerung an "Katar-Gate"
Wie auch immer: Deutschland müsse "wieder eine Führungsrolle übernehmen", führte Hoeneß weiter aus. Man müsse "Stärke zeigen und uns nicht vom Geld der Araber, amerikanischer Hedgefonds oder Oligarchen abhängig machen."
Der FC Bayern hatte erst kürzlich einen Millionenvertrag mit der Fluggesellschaft Emirates beschlossen, zuvor war Qatar Airways fünf Jahre lang Partner der Münchner gewesen, erst nach heftigen Protesten der Fans war der Vertrag "einvernehmlich" aufgelöst worden.
Angesichts des finanziellen Ungleichgewichts sieht Hoeneß seinen FC Bayern in der kommenden Saison in der Champions League, die am 16. September startet, nur als Außenseiter. "Ich kann nur sagen, dass ich mich auf die kommende Saison freue, weil wir so wie Hoffenheim in die Champions-League-Saison gehen. Und genau das ist unsere Chance", sagte Hoeneß.
Selbst Bundeskanzler Merz, Gast bei der Gala, sprach sich bei seiner Rede für die Beibehaltung der 50+1-Regel in der Bundesliga aus. Er sei "ein Befürworter dieser Regel. Die Verankerung der Vereine ist wichtig. Auch wenn ich weiß, dass wir uns damit Grenzen auferlegen", sagte er.
Kahn kritisiert fehlenden Mut der Bundesliga
Der frühere Bayern-Boss Oliver Kahn hatte dagegen zuletzt zwar nicht direkt die Abschaffung von 50+1 gefordert, betonte aber, dass die strukturellen Zwänge dazu führten, dass "mutige Entscheidungen nicht zustande kommen".
Kahn schrieb in einem LinkedIn-Beitrag, dass die Bundesliga "zu sehr auf Nummer sicher geht". Man habe "vergessen, wie man Risiken eingeht". Die deutsche Eliteliga verwalte zu sehr "Bestehendes", so Kahn. Man gebe sich "mit der Rolle des Verfolgers zufrieden".