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Von der Streichliste ins Rampenlicht: Casemiro kämpft sich in Manchester zurück

Casemiro ist plötzlich wieder eine Stütze für Manchester United.
Casemiro ist plötzlich wieder eine Stütze für Manchester United.ČTK / imago sportfotodienst / Ricardo Larreina
In einem torlosen Manchester-Derby, das über weite Strecken wie ein Schachspiel anmutete, war es ausgerechnet ein 33-jähriger Veteran, der mit zwei kompromisslosen Grätschen die Schlagzeilen für sich beanspruchte. Casemiro, einst als Überbleibsel eines missratenen Transferfensters abgeschrieben, zeigt der Premier League derzeit, dass er mit Erfahrung, Wille und einer ordentliche Portion Härte noch lange nicht zum alten Eisen gehört.

Schon nach wenigen Minuten setzte der Brasilianer ein Zeichen. Ein schlampiger Pass von Harry Maguire landete bei Phil Foden – doch ehe die City-Offensive Fahrt aufnehmen konnte, rauschte Casemiro wie ein Ein-Mann-Abrisskommando heran, klärte die Situation mit chirurgischer Präzision und ließ Foden auf dem Rasen zurück. Kein Foul, keine Gnade – einfach Casemiro.

Vier Minuten vor Abpfiff dann Teil zwei seines Vintage-Auftritts: erst Jack Grealish gefällt, dann Rico Lewis abgekocht. Was blieb, war ein beeindruckendes Spiel voller Zahlen, die eigentlich nicht zu einem Spieler in diesem Alter passen: 11 Zweikämpfe bestritten – so viele wie kein United-Spieler seit Patrice Evra 2008 – und 92 Prozent Erfolgsquote. Eine statistische Kampfansage des Mannes, der einst mit Real Madrid die Champions League dominierte.

Casemiro verdiente sich die Flashscore-Note 7,7
Casemiro verdiente sich die Flashscore-Note 7,7Opta by StatsPerform/Profimedia

Dabei schien Casemiros Karriere bei den Red Devils vor nicht allzu langer Zeit bereits auf dem Abstellgleis zu enden. Schlechte Spiele gegen Liverpool und Newcastle, Verletzungspausen, eine Verbannung auf die Tribüne – und im Mai letzten Jahres dann der Tiefpunkt: Bei der 0:4-Klatsche gegen Crystal Palace irrte er über das Feld, wirkte unfit und desorientierte. Die Gerüchteküche brodelte – Saudi-Arabien, Türkei, wohin würde sein Weg führen?

Doch Casemiro blieb. Und das nicht nur physisch. Auch seine Disziplin hat sich gewandelt. Wo er in seiner ersten Saison noch eine gelbe Karte nach der anderen sammelte, wirkt er heute ruhiger, gezielter. Ein Leader, der wieder weiß, wann man zupackt – und wann man laufen lässt.

Konkurrenzkampf und Gehaltsstruktur

Trainer Ruben Amorim, der im Herbst übernahm, schien zunächst keine großen Stücke auf Casmiro zu halten. Doch inzwischen zeigt sich: Die Belastungssteuerung ist genau das Richtige für den Mittelfeldspieler. Und Casemiro zahlte das Vertrauen mit Leistung zurück. Sieben Startelfeinsätze in den letzten zehn Spielen sprechen eine deutliche Sprache. Nicht nur im Mittelfeld ist er gesetzt – auch bei Standards bleibt er gefährlich, wie seine Offensivaktionen gegen Forest und City beweisen.

Spannend wird, wie Amorim mit dem Konkurrenzkampf umgeht. Mit Manuel Ugarte wurde im Sommer ein potenzieller Casemiro-Nachfolger für 60 Millionen Euro verpflichtet – jung, dynamisch, von Paris Saint-Germain. Doch bisher wirkt Ugarte im englischen Hochgeschwindigkeitsfußball eher wie ein talentierter Mitläufer denn als unumstößliche Zukunft. Auch Kobbie Mainoo drängt zurück ins Team, doch Casemiro bleibt vorerst das Epizentrum.

Und dann ist da noch das liebe Geld. Sir Jim Ratcliffe, der neue Miteigentümer, möchte die Gehaltsstruktur entschlacken – und Casemiros Vertrag, der bei einem Europa-League-Erfolg und einer daraus folgenden Qualifikation für die Champions League auf satte 350.000 Pfund pro Woche ansteigt, steht dabei besonders im Fokus. Doch der Brasilianer hat seinen Willen zum Bleiben deutlich gemacht – ob aus Überzeugung oder als Verhandlungsstrategie, bleibt offen.

Fakt ist: Casemiro ist wieder da. Vielleicht nicht mehr mit der jugendlichen Spritzigkeit früherer Tage, aber mit einer Präsenz, die kaum zu übersehen ist. Solange er weiter grätscht, kämpft und das Spiel liest wie ein erfahrener Schachmeister, wird Amorim kaum an ihm vorbeikommen.