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FlashFocus: Riccardo Orsolini - Vom vergessenen Talent zum Star des neuen FC Bologna

Riccardo Orsolini nach dem Sieg von Bologna gegen Inter Mailand im April.
Riccardo Orsolini nach dem Sieg von Bologna gegen Inter Mailand im April.Alessandro Sabattini / GETTY IMAGES EUROPE / Getty Images via AFP
Von einem kleinen Dorf in den italienischen Marken bis ins Rampenlicht der Serie A – die Karriere von Riccardo Orsolini gleicht einer Achterbahnfahrt, die von Rückschlägen, Zweifeln und letztlich von Triumph geprägt ist. Nach seinem Treffer im San Siro am Freitagabend haben wir uns die Karriere des Flügelflitzers genauer angeschaut.

Riccardo Orsolini war nie der Spieler, der den einfachen Weg gegangen ist. Geboren in Ascoli Piceno und aufgewachsen im ruhigen Rotella, wirkte sein Traum von einer Profikarriere im italienischen Fußball anfangs wie eine ferne Utopie. Doch früh zeigte sich sein außergewöhnliches Talent – schnell, trickreich, torhungrig. Im Trikot von Ascoli machte er erstmals überregional auf sich aufmerksam, und mit gerade einmal 18 Jahren gab er 2015 sein Debüt bei den Profis. Spätestens 2016 war klar: Hier reift ein Juwel heran.

Leih-Odyssee bei Juve sorgte für Karriereknick

Der Durchbruch in der Serie B rief 2017 sogar Rekordmeister Juventus auf den Plan, der Orsolini verpflichtete – eine vermeintliche Erfolgsgeschichte, die jedoch schnell ins Stocken geriet. Statt Spielpraxis in Turin wurde der junge Flügelspieler zunächst in Ascoli gehalten, später an Atalanta verliehen, wo er kaum Einsätze erhielt und zum Nebendarsteller verkam. Die große Bühne, die ihm einst versprochen wurde, schien wieder in weite Ferne zu rücken.

Doch das Schicksal hatte anderes vor. Im Januar 2018 kam der Wechsel zu Bologna – zunächst leihweise, später fest. Und dort begann eine neue Geschichte: die von "Orsonaldo", wie ihn die Fans mittlerweile nennen. Unter Trainer Sinisa Mihajlovic blühte Orsolini auf, fand zu sich selbst zurück und wurde schnell zum Schlüsselspieler. Mit spektakulären Dribblings, präzisen Abschlüssen und einer wiederentdeckten Spielfreude überzeugte er auch die letzten Skeptiker. 62 Tore in 235 Pflichtspielen sprechen eine deutliche Sprache.

Heute ist Orsolini mehr als nur ein Hoffnungsträger – er ist ein Gesicht des Aufschwungs in Bologna. In der laufenden Saison kommt der italienische Nationalspieler auf 13 Tore und 3 Assists und ist maßgeblich am historischen Höhenflug des Vereins beteiligt. Der Einzug in den Europapokal ist zum Greifen nah – ein Erfolg, der auch Orsolini gebührt.

Orsolinis Tor ließ Bologna kurz von der Champions League träumen

Selbst am Freitagabend, der für die Männer aus der Emilia-Romagna beim 1:3 in Mailand kaum Gutes brachte, stach Orsolini heraus. Sein zwischenzeitlicher Führungstreffer kurz nach der Pause sorgte für große Champions League-Träume in Bologna, doch dann schlug das in dieser Saison angekratzte rot-schwarze Imperium gleich dreimal zurück. Zwei Spieltage vor Saisonende ist die Königsklasse in weitere Ferne gerückt, an einer großartigen Saison Bolognas ändert das nichts.

Zum Match-Center: AC Mailand vs. FC Bologna

Trotzdem: Trainer Vincenzo Italiano hat es verstanden, Orsolinis Fähigkeiten zu entfesseln – und der Angreifer dankt es ihm mit Leistung. Vor allem sein Selbstbewusstsein ist heute unübersehbar. Wenn er vor den Kameras mit der Hand an die Tür klopft, dann ist das keine leere Geste – es ist ein Statement. „Ich bin da. Ich bin bereit.“

Dass Nationaltrainer Luciano Spalletti ihm bisher nur zögerlich Vertrauen schenkt, scheint Orsolini nur zusätzlich zu motivieren. Seine Antwort: Tore, Technik und eine unbändige Spielfreude. Wer heute an Bologna denkt, denkt auch an ihn – an Nummer 7, an "Orso", an den Jungen aus den Marken, der gelernt hat, dass Türen sich nicht immer von selbst öffnen, aber mit genug Entschlossenheit aufgestoßen werden können.