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"Dr." Yann Bisseck: Auf Umwegen ins Mailänder Wohnzimmer

Inter-Legionär Yann Bisseck
Inter-Legionär Yann BisseckALESSIO MORGESE/NurPhoto/NurPhoto via AFP
Yann Bisseck wollte seine Karriere beenden und Medizin studieren, jetzt steht er vor seinem Debüt in der Nationalmannschaft.

Yann Bisseck hatte "einen ausgeklügelten Plan", Julian Nagelsmann und die deutsche Nationalmannschaft kamen darin allerdings nicht vor. Nicht mal Fußball. Bisseck war 2021 bei Vitória Guimarães in Portugal in die zweite Mannschaft abgerutscht, als er seine Karriere abbrechen wollte – stattdessen: "Mit einem Kumpel nach Berlin ziehen. Medizin studieren. Eine WG aufmachen."

Es kam anders. Der gebürtige Kölner startete seine Laufbahn in Dänemark neu und empfahl sich für Inter Mailand, am Donnerstag (20:45 Uhr/ARD) könnte er in seinem "Wohnzimmer" in der Nations League gegen Italien für die DFB-Auswahl debütieren. "Wenn ich daran denke, dass ich fast mit dem Fußballspielen aufgehört hätte, bin ich jetzt extrem froh darüber, wie alles gelaufen ist", sagte er.

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Nagelsmann sieht "sehr großes Talent"

Nagelsmann hält große Stücke auf den 24-Jährigen, obwohl Bisseck nach einer Verletzung "aktuell keine Topphase" habe, wie der Bundestrainer betonte. Er schätze den Neuling aber "als sehr großes Talent. Ich finde, dass er sehr viel mitbringt. Er ist ein Spieler mit einem guten, interessanten Karriereverlauf."

In der Tat. Groß geworden in der FC-Jugend, ließ sich Bisseck nach Kiel, zu Roda Kerkrade in die Niederlande, nach Portugal und zu Aarhus GF verleihen, ehe Köln ihn an die Dänen verkaufte.

Unter Trainer Uwe Rösler empfahl sich der frühere Kapitän der deutschen U21 für Inter – und Kamerun, wo seine Wurzeln liegen. Doch die Afrikaner hatten keine Chance, schon im vergangenen November meldete sich Nagelsmann erstmals bei Bisseck. "Er hat gesagt, ich soll so weitermachen."

Das tat der Innenverteidiger, der seit der U17 für den DFB spielte und "schon immer mit großem Stolz den Adler auf der Brust getragen" hat. Die Berufung jetzt gehöre "definitiv zu den glücklichsten Momenten" seiner Karriere.

Berufung ins DFB-Team "krasser Moment"

Dabei hatte er Nagelsmanns Nominierungs-Anruf verpasst, weil er mit Inter trainierte. "Als ich seinen Namen dann in der Kabine auf dem Display gelesen habe – das war ein krasser Moment." Via Mailbox erfuhr der Mann, den sie in Italien augenzwinkernd "Dr. Bisseck" nennen, von seinem Glück und dem vorläufigen Happy End.

"Die Leute, die an mich geglaubt haben, kann ich an zwei Händen abzählen", sagte Bisseck im Rückblick. Dass er nun "ausgerechnet" im San Siro debütieren könnte, "macht das Ganze nochmal einen Tick spezieller", sagte er bei Sport1 und ergänzte ungläubig: "So etwas kann man sich fast nicht ausmalen."

Und das Medizinstudium? "Im Nachhinein bin ich sehr, sehr glücklich, dass ich keine Klausuren schreiben muss, sondern vor 70.000 Zuschauern Fußball spielen darf". Sein Kumpel sei auch ohne ihn "seinen Weg gegangen - und ich meinen".