Im Mittelpunkt der Vorbereitungen steht das legendäre Azteca-Stadion in Mexiko-Stadt. Das "Koloss von Santa Ursula", Schauplatz unvergesslicher Fußballmomente wie Pelés Triumph 1970 und Maradonas "Hand Gottes" 1986, wird derzeit umfassend renoviert, um modernen FIFA-Standards zu genügen. Ziel ist es, das Eröffnungsspiel der WM 2026 würdig auszurichten – ein globales Spektakel, das die Augen der Welt auf Mexiko richten wird.
Die Arbeiten umfassen eine Erweiterung der Kapazität von 87.000 auf 90.000 Zuschauer sowie die Modernisierung von VIP-Bereichen, Hospitality-Zonen und Umkleidekabinen. Doch trotz der ehrgeizigen Pläne ist der Umbau nicht frei von Spannungen. Zwischen Stadionverantwortlichen, Anwohnern und langjährigen Logenbesitzern wachsen Misstrauen und Konflikte. Besonders umstritten ist die kürzlich verkündete Umbenennung in „Estadio Banorte“, benannt nach dem Finanzinstitut, das einen Kredit über mehr als 110 Millionen US-Dollar für das Projekt bereitstellt. Zwar wird das Stadion während des Turniers gemäß FIFA-Vorgaben als „Estadio Ciudad de Mexico“ firmieren, doch viele Fans kritisieren den kommerziellen Einfluss auf ein nationales Kulturerbe.
WM 2026 in Mexiko: Rechtliche Auseinandersetzungen und Anwohnerfrust
Zudem drohen rechtliche Auseinandersetzungen: Besitzer von VIP-Logen, die teils jahrzehntelange Verträge halten, sehen ihre Rechte durch die temporäre Beschlagnahmung ihrer Plätze während der WM verletzt. Erste Klagen sind bereits anhängig.
Auch im Umfeld des Stadions macht sich Unzufriedenheit breit. Bewohner der angrenzenden Stadtviertel beklagen, dass geplante Infrastrukturmaßnahmen – etwa neue Transitlinien und Fußgängerbrücken – nicht ausreichen, um langjährige Probleme wie Wasserknappheit, mangelhafte Beleuchtung und chronische Verkehrsstaus zu lösen. „Wir sind nicht der Hinterhof des Stadions“, so ein Anwohner gegenüber Expansión Política, „aber wir werden immer so behandelt.“
Guadalajara und Monterrey: Ruhigeres Fahrwasser
Im Gegensatz dazu verlaufen die Vorbereitungen in den beiden anderen mexikanischen Austragungsstädten deutlich reibungsloser. Guadalajara kann auf sein modernes Stadion aus dem Jahr 2010 zurückgreifen, das bereits bei den Panamerikanischen Spielen 2011 im Einsatz war. In Monterrey sind lediglich kleinere technische Upgrades erforderlich – insbesondere ein neues Belüftungssystem und ein frischer Rasen sollen das Spielerlebnis verbessern. Laut Host City Manager Alejandro Hutt will man ein Spielfeld schaffen, das langfristig von der Modernisierung profitiert.
Abseits der Infrastrukturfragen richtet sich der Blick auch auf das sportliche Abschneiden der mexikanischen Nationalmannschaft. Nach dem enttäuschenden Vorrundenaus bei der WM 2022 in Katar – dem schlechtesten Ergebnis seit 1978 – ist der Druck hoch. Die fußballverrückte Nation erwartet nicht nur ein perfekt organisiertes Turnier, sondern endlich auch das Überwinden des sogenannten „Fluchs des fünften Spiels“ – also der erstmalige Einzug ins Viertelfinale seit 1986.
Trainer Javier Aguirre bereitet seine Mannschaft auf einen wegweisenden Sommer vor. Neben der Titelverteidigung beim Gold Cup stehen auch Testspiele wie der Sieg gegen die Türkei auf dem Programm, weitere Gegner sind Japan und Südkorea. Allesamt wichtige Gradmesser auf dem Weg zur Heim-WM.
Mexiko steht ein Jahr vor der WM am Scheideweg zwischen glanzvoller Gastgeberrolle und den harten Realitäten eines Mammutprojekts. Die emotionale Aufladung rund um das Aztekenstadion zeigt, dass die Weltmeisterschaft auch ein Prüfstein ist - für Infrastruktur, Identität und den nationalen Zusammenhalt.