Thomas Tuchel kennt den Text. Natürlich. "God save our gracious King, Long live our noble King, God save the King". Dennoch wird der neue Nationaltrainer von England die Hymne bei seinem Debüt am Freitag nicht mitsingen. Er spüre, dass er sich "das Recht, sie zu singen, erst verdienen muss", sagte Tuchel, "weil sie so bedeutungsvoll, emotional und kraftvoll ist".
Tuchel weiß: Auf der Insel sehen ihn viele skeptisch. Seine Mission ist heikel, der Druck immens, die Medien beäugen ihn argwöhnisch - ausgerechnet ein Deutscher soll all die Hochbegabten um Bayern-Star Harry Kane und Jude Bellingham von Real Madrid zum WM-Titel im nächsten Jahr führen. 60 quälend lange Jahre nach dem ersten und bisher letzten großen Triumph von Wembley.
Match-Center: England vs. Albanien
Das Ziel ist klar formuliert: WM-Titel
19. Juli 2026, das Datum des WM-Finals im nächsten Jahr hat Tuchel immer im Kopf, der Titel treibt ihn an. "Ich bin hier, um einen weiteren Stern auf das Trikot zu setzen", sagte der 51-Jährige dem Telegraph zufolge in seiner ersten Ansprache gegenüber Kane und Co., sein Debüt im Wembley-Stadion in der Qualifikation gegen Albanien (20:45 Uhr) soll der Beginn von etwas Großem sein.
Perfektionist Tuchel bleibt auf seinem Weg nicht viel Zeit. "Wir müssen jeden einzelnen Tag nutzen und sicherstellen, dass wir auf dem Punkt da sind", sagte er: "Wenn wir das tun, wird sich der letzte Schritt hoffentlich von selbst erledigen." Und mit seinem Elan, seiner Gier steckt er das Team offenbar an.
Tuchels besondere "Aura"
Mittelfeldstar Morgan Rogers, der bei Aston Villa unter Unai Emery trainiert und bei Manchester City mit Pep Guardiola zusammen gearbeitet hat, schwärmt jedenfalls von Tuchel.
Der einstige Coach von Bayern München, dem FC Chelsea oder Paris Saint-Germain habe eine "Aura, die ich noch nie erlebt habe", sagte Rogers: "Es ist schwer zu beschreiben, aber er hat ein solches Maß an Selbstvertrauen. Er ist so entspannt und ruhig. Aber wenn es Zeit ist zu arbeiten, dann ist es Zeit zu arbeiten."
Halbfinale bei der WM 2018, zuletzt zweimal im Finale der EM - unter Tuchels Vorgänger Gareth Southgate waren die Three Lions oft ganz dicht dran an einem Titel. Nun soll mit dem Deutschen die Erlösung folgen, das ist Tuchels Aufgabe. "Er war sehr klar und transparent, was wir verbessern müssen", sagte Rogers: "Es war sehr direkt, ohne Umschweife."
Und Tuchel hofft, bald die Hymne vor den Länderspielen mitsingen zu dürfen. Er wartet darauf, dass ihm die Engländer dies offiziell gestatten. Tuchel will "ein Gefühl erzeugen, bei dem vielleicht sogar ihr irgendwann sagt: Jetzt ist es an der Zeit. Jetzt ist er einer von uns." Doch dafür muss er nun erst einmal liefern.