Julian Nagelsmann verzichtet auf EM-Heißmacher Niclas Füllkrug. Mit Frankfurts Nathaniel Brown und fünf Rückkehrern will er das WM-Ticket wieder greifbarer machen.
Keine vollmundigen Titel-Sprüche mehr, keine "Regierungserklärung" an die zitternde Fußball-Nation – und kein Platz mehr für Fanliebling Niclas Füllkrug: Mit neuer Demut, ein paar dürren Sätzchen und klaren Zeichen hat Julian Nagelsmann skizziert, wie er das gefährdete WM-Ticket wieder in greifbare Nähe bringen will.
Zwei Siege das "klare Ziel"
Der EM-Heißmacher Füllkrug und Nagelsmanns einstige Entdeckung Maximilian Mittelstädt sind die prominentesten der fünf "Opfer" des Bundestrainers. Stattdessen sollen Neuling Nathaniel Brown und fünf Rückkehrer um Abwehr-Stabilisator Nico Schlotterbeck Platz eins in der Qualigruppe A wieder in Reichweite rücken.

"Zwei Siege – das ist unser klares Ziel, um die WM-Qualifikation weiter auf direktem Weg zu erreichen", ließ sich Nagelsmann mit Blick auf die Schicksalsspiele gegen Luxemburg am 10. Oktober in Sinsheim und Nordirland drei Tage später in Belfast bei der Bekanntgabe seines 24er-Kaders zitieren.
Er betonte: "Auch wenn wir weiterhin auf einige Spieler verzichten müssen, sind wir überzeugt: Unser Kader hat die Qualität, um es besser zu machen als zuletzt."
Veränderungen
Nämlich bei der Blamage von Bratislava zum Auftakt in der Slowakei (0:2) und dem nur wenig beruhigenden 3:1 gegen Nordirland in Köln im September.
Seit dem ernüchternden Start auf dem langen Weg zum Traum-Ziel fünfter Stern droht Deutschland erstmals eine WM auf sportlichem Wege zu verpassen. "Vier Wochen lang diskutiert" habe er mit seinem Trainerteam, verriet Nagelsmann bereits am Montag in Frankfurt, "wie wir rangehen."

Das Ergebnis, auch nach 21 Stadionbesuchen seit Saisonstart: Das "große Talent" Brown, Vize-Europameister mit der U21, bekommt auf der linken Defensivseite eine Chance – zulasten Mittelstädts. "Klar war ich enttäuscht", sagte der Stuttgarter, der seit dem Neustart im März 2024 immer dabei war. Er will nun "Gas geben".

Neben Schlotterbeck, dessen Comeback Nagelsmann wegen des Ausfalls von Abwehrchef Antonio Rüdiger als "enorm wichtig" bezeichnete, kehren Ridle Baku, Aleksandar Pavlović, Felix Nmecha und Jonathan Burkardt zurück.
Mit Burkardt, Nick Woltemade und Maximilian Beier hat Nagelsmann drei Angreifer im Kader, die in zusammen zwölf Länderspielen kein einziges Tor erzielt haben – ein Wagnis. Füllkrug traf bei 24 Einsätzen 14-mal.
"Sehr instabile Situation"
Auch der unglückliche September-Debütant Nnamdi Collins, Pascal Groß und Paul Nebel fanden keine Berücksichtigung mehr. Dabei fehlen fest eingeplante WM-Säulen wie Torwart Marc-André ter Stegen, Magier Jamal Musiala, Abwehrchef Rüdiger und Stürmer Kai Havertz oder Alternativen wie Benjamin Henrichs und Tim Kleindienst weiterhin. Auf Leroy Sané verzichtet Nagelsmann erneut.
Im Aufgebot stehen noch 18 Mann, die beim Fehlstart dabei waren – allen voran Kapitän Joshua Kimmich und Florian Wirtz, der in Liverpool scheinbar seinen Zauberstab verloren hat.
"Wir sind in einer sehr instabilen Situation", deshalb sei es "nicht so ratsam", allzu viele Stars auszutauschen, sagte Nagelsmann zuletzt. Die Spieler, die es in Bratislava vergeigt hätten, "sollen die Chance bekommen, es besser zu machen".

Ansonsten will der Bundestrainer "einen Tick mehr auf Form" setzen. Das erklärt Personalien wie Baku oder Burkardt. Am großen Titel-Ziel hält der DFB fest, wenngleich defensiver. "Wir haben es immer noch in der eigenen Hand, wir müssen es aber besser machen", sagte Sportdirektor Rudi Völler und betonte: "Dann wollen wir eine Top-WM spielen."