Mehr

Magdeburg im Handball-Himmel: "Balsam auf unseren Seelen"

Der SCM sorgte für ein Happy End in einer emotional so schwierigen Spielzeit.
Der SCM sorgte für ein Happy End in einer emotional so schwierigen Spielzeit.ČTK / imago sportfotodienst / Anke Waelischmiller/SVEN SIMON
Mit dem Titelgewinn in der Champions League hat der SC Magdeburg eine schwierige Saison zu einem perfekten Ende geführt.

Nach der Krönungsmesse in Köln ließen es Europas neue Handball-Könige mal so richtig krachen. Und doch war die wilde Kabinen-Party im Anschluss an das Champions-League-Finale in der Domstadt nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was die Magdeburger Mentalitätsmonster am Montag in der Heimat erwartete.

Happy End in einer emotional so schwierigen Spielzeit

Erst der Fan-Empfang an der heimischen Arena, dann die Fahrt im offenen Doppeldecker-Bus durch die Stadt und schließlich der Eintrag ins Goldene Buch samt Mega-Sause auf dem Magdeburger Rathausplatz: Allein das Party-Protokoll ließ die Ausmaße der Feierlichkeiten am Tag nach dem Königsklassen-Triumph (32:26 gegen die Füchse Berlin) erahnen. All das, so Magdeburgs Trainer Bennet Wiegert am Ende einer auch und vor allem emotional so schwierigen Spielzeit, sei "Balsam auf unseren Seelen. Jetzt können wir durchatmen und zur Ruhe kommen."

Auf dem Alten Markt, ausgerechnet dort also, wo sich vor ziemlich genau einem halben Jahr der tödliche Anschlag auf den Weihnachtsmarkt ereignete, durften Wiegert und seine Mannschaft auf Einladung von Oberbürgermeisterin Simone Borris das Happy End einer hammerharten Saison zelebrieren. "Vor ein paar Monaten ist etwas Grausames passiert", sagte Torhüter Nikola Portner. Dort wolle man "jetzt einen schönen Erfolg feiern und glücklich sein". Und auch Nationalspieler Lukas Mertens meinte: "Die Saison war hart und, ehrlich gesagt, auch mental anstrengend. Der Anschlag auf Magdeburg ist hängen geblieben. Das war eine Sache, an der wir zu knabbern hatten. Wir haben allen Widrigkeiten getrotzt."

Titellose Saison abgewendet

Nach aufwühlenden Wochen und Monaten hatte den Magdeburgern die erste titellose Saison seit fünf Jahren gedroht, am Ende feierten sie jedoch den zweiten Champions-League-Sieg binnen drei Jahren. Und den Sieg über den ungeliebten Hauptstadtklub. Jenen Erzrivalen also, der dem SCM eine Woche zuvor den Meistertitel abgeluchst hatte. Und so fühlten Wiegert und Co. in den Stunden nach ihrem Triumph sicherlich das süße Gefühl der Revanche - auch wenn sie das so natürlich nicht öffentlich aussprachen.

Wiegert sagt lieber mit Blick auf viele knapp verpasste Titelchancen im Saisonverlauf: "Es hätte eine toughe Saison werden können. Jetzt fühlt es sich an, wie ein krönender Abschluss und wir werden über die Saison unser Leben lang sprechen." Vor allem der Magdeburger Erfolgscoach, der nach seinem Königsklassen-Gewinn als Spieler 2002 auch bei der dritten Thron-Besteigung eine Hauptrolle spielte.

SCM ließ sich einfach nicht unterkriegen

Besonders die Stehaufmännchen-Mentalität des Teams aus Sachsen-Anhalt beeindruckt. Keine andere Mannschaft war im Saisonverlauf derart vom Verletzungspech gebeutelt wie die Magdeburger. Doch der SCM trotzte derartigen und auch äußeren Rückschlägen im Saisonverlauf mit beeindruckender Resilienz. Als kurz vor Weihnachten bei dem Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt zehn Menschen starben, erschütterte dies auch das Team bis ins Mark.

"Die Widerstandsfähigkeit, die diese Mannschaft über die gesamte Zeit gezeigt hat, ist beeindruckend", sagte Wiegert, der kein "großes Geheimnis" hinter dieser Mentalität lüften konnte. "Das kommt intrinsisch von den Spielern. Sie haben den Anspruch, sich ständig zu entwickeln, sich ständig mit den Besten zu messen." Nun hoffe er aber zunächst auf "Ruhe" - für sich und auch das Team. "Gerade nach so einer Saison mit Olympia, Weltmeisterschaft und allen Wettbewerben ist das mental enorm belastend. Körperlich sind sie top, aber der Kopf braucht die Pause."