Gegen Island spielte Samir Bellahcene eine starke erste Halbzeit. Er wehrte 44 Prozent der gegnerischen Schüsse ab, insgesamt gelangen ihm acht Paraden. "Vor einem Jahr, an einem Sonntagnachmittag saß ich vor dem Fernseher und sah mir die Spiele der französischen Nationalmannschaft an. Ich hatte kein Training, keine Spiele. Jetzt bin ich dabei. Das ist verrückt", sagte der in Montpellier geborene Franko-Algerier nach seinem erfolgreichen Auftritt.
Beim Eröffnungsspiel gegen Nordmazedonien (39:29) saß er durchgängig auf der Tribüne. Am Samstag stand er fast 55 Minuten auf dem Spielfeld. Eine kometenhafte Entwicklung. Möglich wurde sie, weil sein Kieler Teamkollege und Frankreichs Stammtorhüter Vincent Gerard die Handball-EM 2024 verletzt absagen musste.
Nationaltrainer Guillaume Gille legte vor Beginn der Europameisterschaft keine fixe Hierarchie fest. Mittlerweile gibt es keinen Grund für Diskussionen mehr, Bellahcene ist gesetzt. Gille hat für den 1,91 Meter großen und 130 Kilogramm schweren Titan viel Lob übrig: "Er ist ein großer Wettkämpfer, der sich sagt: Ich weiß nicht, wohin mich mein Weg führen wird - aber wenn sich eine Tür für mich öffnet, dann will ich dabei sein."
Wohl keine Zukunft in Kiel
Samir Bellahcene wurde im April 2023 erstmals für die französische Auswahl nominiert, seine Leihe nach Kiel ließ sein Prestige weiter anwachsen. Ein langfristiger Verblieb im hohen Norden ist jedoch unwahrscheinlich. Der Sportzeitung "L'Équipe" gegenüber erklärte er, dass man beim THW nicht mehr mit ihm plane.
Sorgen um seine Zukunft muss sich der 28-Jährige aber keine machen. Längst ist in seiner Heimat ein Hype um den Handball-Torhüter ausgebrochen. Niemand zweifelt daran, dass er am Montag gegen Österreich (18 Uhr) erneut in der Anfangsformation stehen wird.
Trotzdem bemüht sich Bellahcene, am Boden zu bleiben und die gezeigten Leistungen kontinuierlich zu bestätigen. Erst "Ende des Jahres" möchte er "Bilanz ziehen", denn er weiß, dass es "auf hohem Niveau sehr schnell gehen kann - in die eine oder die andere Richtung. Man muss jeden Moment nutzen und alles geben." Es war sein Traum, für die französische Nationalmannschaft zu spielen und "jetzt, wo ich ihn verwirklicht habe, möchte ich ihn nicht gleich wieder wegwerfen."