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"Frech, wild, und wunderbar": Portugal wie Pippi Langstrumpf

Alfred Gislason an der Seitenlinie.
Alfred Gislason an der Seitenlinie.ČTK / imago sportfotodienst / Eibner-Pressefoto/Marcel von Fehrn
Portugal steht erstmals im Viertelfinale einer WM. Deutschlands Gegner hat spannende Spieler und ist brandgefährlich.

Bundestrainer Alfred Gislason schwärmt, Torjäger Renars Uscins warnt: Mit Portugal wartet auf das deutsche Team im WM-Viertelfinale ein dicker Brocken. Was auf dem Papier nach einem No Name klingt, hat es auf der Platte in sich. Mit ihrem überfallartigen Highspeed-Handball sind die Portugiesen um die starken Costa-Brüder Francisco und Martim gerade dabei, die Handball-Welt zu erobern.

"Frech, wild und wunderbar": Das Motto von Pippi Langstrumpf lässt sich perfekt auf Deutschlands Rivalen am Mittwoch (20.30 Uhr/ARD) übertragen. Kein Team - nicht Dänemark (178) und auch nicht Frankreich (176) - erzielte in der Hauptrunde mehr Tore als die Südeuropäer (179). Keine Mannschaft spielte aufmüpfiger. Niemand überraschte mehr.

Match-Center: Portugal vs. Deutschland

Dass mit dem EM-Dritten Schweden, dem zweimaligen WM-Champion Spanien und Co-Gastgeber Norwegen drei Schwergewichte aus dem Weg geräumt wurden, war nicht weniger als eine Kampfansage ans Handball-Establishment. Und mit dem erstmaligen Erreichen des WM-Viertelfinals soll noch lange nicht Schluss sein.

"Bei denen ist es vielleicht so ähnlich wie bei uns bei Olympia, dass sie einen Flow und die Leichtigkeit haben. Wir sind gewarnt", sagt Uscins voller Respekt. Und Rückraumspieler Marko Grgic meint: "Ich mag es, wie die Portugiesen spielen. Ich sehe da auch uns ein bisschen drin wieder. Die sind auch eine Truppe mit vielen jungen, hungrigen Spielern und manchmal etwas wild - wie wir. Und die wollen immer hohes Tempo gehen."

Gleich sechs Profis im portugiesischen Kader verdienen ihr Geld bei Sporting Lissabon, darunter mit Martim und Francisco Costa (rechter Rückraum, 36 Treffer) auch die beiden Topstars. Der 22 Jahre alte Rechtshänder Martim erzielte bei dieser WM bislang 33 Tore, sein drei Jahre jüngerer Bruder "Kiko" sogar 36. "Das sind mit die größten Talente im Welthandball", meint DHB-Coach Gislason. Das Team habe eine "super Mischung aus Alt und Jung".

Goldene Generations Portugals

Doch nicht bloß die prominenten Brüder sind für den bislang beispiellosen Höhenflug des WM-Zehnten von 2021 verantwortlich. Im Süden Europas ist längst von einer Goldenen Generation die Rede. So tragen im Tor Diogo Marques (Porto) und Gustavo Capdeville (Benfica) ihren Teil bei, und in Alexandre Cavalcanti vom Tabellenführer MT Melsungen mischt sogar ein Bundesliga-Profi mit im Team von Nationaltrainer Paulo Pereira.

"Wir können gegen alle gewinnen, aber auch gegen alle verlieren", sagte Martim Costa beim Fachportal Stregspiller. Um Deutschland zu besiegen, "müssen wir perfekt spielen. Ich denke, das können wir. Aber wir müssen wirklich perfekt sein, weil die Deutschen ein herausragendes Team haben. Sie spielen auf dem höchsten Level."

Womöglich bittet Trainer Pereira seine Mannschaft vor dem Spiel noch einmal zum gemeinsamen Videoabend. Denn vor etwas mehr als drei Jahren, im November 2021, gewannen die Portugiesen in einem Freundschaftsspiel gegen Deutschland 32:30. In den beiden Härtetests vor der deutschen Heim-EM im Januar 2024 hatte allerdings das deutsche Team die Nase vorn (34:33 und 35:31).