Hattrick-Schütze Gonçalo Ramos: Ein Senkrechtstarter ohne Absturzgefahr

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Hattrick-Schütze Gonçalo Ramos: Ein Senkrechtstarter ohne Absturzgefahr

Ramos jubelt gerne mit zwei fiktiven Revolvern
Ramos jubelt gerne mit zwei fiktiven RevolvernAFP
Die Entscheidung von Fernando Santos galt vor dem Anpfiff des Achtelfinales von Portugal als umstritten: Cristiano Ronaldo hatte der Nationaltrainer gegen die Schweiz auf die Bank gesetzt. Statt ihm startete ein 21-jähriges portugiesisches Wunderkind. Eines von vielen? Wohl kaum. Gonçalo Ramos stellte mit drei Treffern und einer Vorlage einzigartige Fähigkeiten unter Beweis. Unter Benfica-Coach Roger Schmidt machte der Mittelstürmer zuletzt enorme Fortschritte.

Anfangs hielt sich der Einfluss von Gonçalo Ramos noch in Grenzen. Das Spiel lief am jungen Portugiesen vorüber, die Schweizer Dreierkette schien den Angreifer in Gewahrsam genommen zu haben. Den Ball beobachtete der 21-Jährige aus der Ferne. Doch nicht, weil Ramos nicht in das Spiel eingebunden war – sondern weil er sich mit viel leeren Metern gegen den Ball und etlichen abgebrochenen Tiefenläufen in den Dienst der Mannschaft stellte. Ramos tat, was ein Neuner tun muss: Er wartete auf seine Gelegenheit. Und er nutzte sie.

Im Nationalteam angekommen

17 Minuten waren gespielt. Der junge Benfica-Star hatte erstmals den Ball am Fuß, Fabian Schär spekulierte auf einen Schuss aufs lange Eck und deckte dieses ab. Ramos war Schär egal – ebenso platziert wie wuchtig zimmerte er den Ball ins kurze Eck, perfekt unter die Latte. Portugal führte 1:0, es war der Auftakt einer großen Show.

Nicht Mbappé, nicht Messi, nicht Ronaldo: Gonçalo Ramos, der vor der WM noch kein einziges A-Länderspiel absolviert hatte, erzielte den ersten Hattrick des Turniers. Nach dem Abpfiff stellte niemand die Entscheidung von Trainer Santos infrage, Cristiano Ronaldo auf die Bank zu setzen. 

Kaum war ihm der Knoten aufgegangen, überzeugte Ramos mit denselben Qualitäten wie auf Vereinsebene. Der 21-Jährige trat als Teamplayer auf, bewies beim ersten Ballkontakt große Intelligenz und im gegnerischen Strafraum jene Kompromisslosigkeit, die einen Weltklasse-Profi von einem mittelmäßigen Spieler unterscheidet.

Ramos glänzte gegen die Schweiz als Torschütze und Vorbereiter
Ramos glänzte gegen die Schweiz als Torschütze und VorbereiterOpta by Stats Perform/AFP

Auch in Minute 51 bestrafte er die nachlässige Manndeckung der Eidgenossen, vier Minuten später bedankte sich Raphaël Guerreiro für den Assist. In der 67. Minute wurde er schön freigespielt und lupfte den Ball schön über Yann Sommer – sieben Minuten später waren die Ramos-Festspiele beendet. Zum deutlichen 6:1-Erfolg im Achtelfinale hatte er drei Treffer und eine Torvorlage beigetragen.

Ramos über CR7: "Er ist der Anführer"

Der für ihn eingewechselte Cristiano Ronaldo übernahm nicht nur die Position an der Spitze, sondern auch die Kapitänsbinde. Die Schlagzeilen waren da längst für seinen Ersatz reserviert gewesen. Nach Spielende äußerte sich der Jungspund betont bescheiden, die medial gern aufgeschaukelte Ronaldo-Thematik versuchte er zu relativieren: "Er ist der Kapitän, er ist der Anführer. Wir allen freuen uns immer sehr darauf, Seite an Seite mit ihm am Platz zu stehen." 

Dass Ramos nicht nur talentiert ist, sondern sich auch in den Dienst der Mannschaft stellt, macht ihn für den deutschen Benfica-Coach Roger Schmidt unersetzlich. Die Spielweise des Eigengewächses passt gut zu jener des ehemaligen Leverkusen-Trainers. In der Vorsaison hatte Ramos – damals noch im Schatten von Darwin Núñez stehend – sieben Tore in 29 Ligaeinsätzen erzielt. Im neuen, längst nicht beendeten Spieljahr hält er bereits bei neun Volltreffern in nur elf Einsätzen. 

Schmidt und Ramos wissen, was sie aneinander haben
Schmidt und Ramos wissen, was sie aneinander habenProfimedia

Für seinen im Sommer von PSV Eindhoven gekommenen neuen Chef hat der Portugiese viel Lob übrig: "Er ist sehr gut. Einer der besten Trainer, mit denen ich je gearbeitet habe. Bevor er zu uns kam, hatte ich nicht erwartet, einen solch einen Coach zu bekommen. Das ganze Trainerteam ist fantastisch. Sie haben mir sehr geholfen, als Spieler und Persönlichkeit zu reifen. Auch die anderen Spieler unterstützen sie. Das spiegelt sich in unseren Ergebnissen und im Verhalten der ganzen Mannschaft wider", äußerte er sich gegenüber dem portugiesischen Sportmagazin Record.

Die Fußballgeschichte ist voll von vermeintlichen Wunderkindern, die nach anfänglichen Lobeshymnen im sportlichen Niemandsland verschwunden sind. Junge Menschen, denen plötzlich viel Ruhm zuteilwird, haben mit der Last solcher Ehre schwer zu kämpfen. Niemand kann garantieren, ob Ramos seine Leistungen über Jahre hinweg bestätigen kann. Die Gefahr, dass der 21-Jährige eines Tages tief fällt, scheint aber gering zu sein – denn dafür müsste der Portugiese einmal abheben. Allerdings ist Überheblichkeit für den mannschaftsdienlichen Senkrechtstarter ein echtes Fremdwort.