"Hilles" Höhenflug und "Karles" Knick: Zwei DSV-Adler auf zwei Flugbahnen

Phillip Raimund (l.) und Karl Geiger (r.) unterstützen sich beim Wettkampf
Phillip Raimund (l.) und Karl Geiger (r.) unterstützen sich beim WettkampfFoto von HENDRIK SCHMIDT / DPA / DPA PICTURE-ALLIANCE VIA AFP

Beim Heimweltcup in Klingenthal beginnt für die DSV-Adler die heiße Tournee-Phase. Mit Vorfreude dank des überragenden Philipp Raimund, aber auch mit Sorgen um Karl Geiger.

Auf dem Weg nach Oberstdorf ist ein überschwänglicher Oberstdorfer obenauf und ein abgestürzter Oberstdorfer gleich unten in Oberstdorf geblieben: Wenn es gut zwei Wochen vor dem Auftakt der Vierschanzentournee für die deutschen Skispringer ab Freitag zum ersten Saisonheimspiel nach Klingenthal geht, beginnen für zwei DSV-Adler aus dem Tournee-Startort entscheidende Tage. Philipp Raimund wird immer mehr zum Mitfavoriten - Karl Geiger dagegen muss fast vom Nullpunkt aus auf Fehlersuche gehen.

"Ich freue mich extrem auf Klingenthal. Es ist einfach ein mega Gefühl, den ersten Wettkampf im Winter vor Heimpublikum springen zu dürfen", sagt Raimund. Der Oberstdorfer also, der derzeit eben obenauf ist. Und der sich seit dem Sommer - da gewann er den Matten-Grand-Prix - zur deutschen Nummer eins entwickelt hat.

Platz zwei und drei zuletzt in Wisla, zuvor Dritter in Falun: Beim 25-Jährigen läuft es erstklassig - im Gegensatz zu Cousin Luca übrigens, der mit Fußball-Zweitligist Fortuna Düsseldorf Richtung Drittklassigkeit stolpert.

Mit Rückenwind zum ersten Karrieresieg?

"Richtig cool" sei das im Moment, sagt "Hille", und "mit der guten Form aus Wisla nach Klingenthal zu reisen, ist nochmal cooler". Der erste Karrieresieg scheint nur eine Frage der Zeit, könnte vielleicht schon Samstag oder Sonntag in Sachsen gelingen. Dem frechforschen Allgäuer Raimund, der seit jeher unter Höhenangst leidet, ist jeder Höhenflug zuzutrauen.

"Er springt derzeit richtig gut", sagt der zum Saisonende scheidende Bundestrainer Stefan Horngacher, der trotz Raimund einen keineswegs sorgenfreien Start in den Winter erlebt hat. Bei nur noch zwei Weltcup-Stationen vor der am 29. Dezember beginnenden Tournee besitzt neben Raimund aktuell nur Aufsteiger Felix Hoffmann konstantes Top-10-Format, Pius Paschke springt immerhin grundsolide.

Die beiden erfolgreichsten noch aktiven deutschen Skispringer scheinen aber von allen guten Schanzengeistern verlassen. Olympiasieger Andreas Wellinger hat nach sieben Springen erst zweimal Weltcup-Punkte geholt, darf sich aber in Klingenthal neu beweisen. Bei Geiger dagegen schwenkte Horngacher nun statt der Deutschland- die weiße Fahne und nahm den fünfmaligen Weltmeister aus dem Kader.

Größtes Leistungsloch der Karriere

"Karl", sagt Horngacher, "wird die Tage nutzen, um im Training seine Sprungtechnik zu optimieren". Wobei "optimieren" kein optimales Verb für Geigers Mängel-Marathon ist. Platz 23 war das beste Saisonergebnis für den Edelflieger, der zuletzt in Wisla zweimal in der Qualifikation scheiterte.

"Richtig ärgerlich" sei das gewesen, sagte Geiger, der ins größte Leistungsloch seiner Karriere gefallen ist. Vor zwei Jahren gewann er noch beide Springen beim bislang letzten Klingenthaler Weltcup. Jetzt muss er auf seiner Hausschanze in Oberstdorf mit Horngacher-Assistent Maximilian Mechler den Reset-Knopf drücken, damit am 29. Dezember an gleicher Stelle nicht das nächste Desaster droht.

Das sportliche Minus bringt Geiger aber ein großes menschliches Plus: Statt auf Dienstreise in Sachsen ist er nun unerwartet ausgiebig bei seiner Familie. Beim älteren Töchterchen Luisa, das Anfang kommenden Woche in Papas Beisein fünften Geburtstag feiert. Und beim jüngeren Töchterchen Theresa, das erst im August geboren wurde. Wenn das dem "Karle" nicht beim Optimieren hilft...