"Ich war krank, hatte starke Hustenanfälle und habe das Medikament auf ärztliche Anweisung genommen. Ich habe alles offengelegt – mir war nicht bewusst, dass ein verbotener Wirkstoff enthalten ist", sagte Carl: "Ich hoffe sehr, dass die Umstände nachvollzogen und fair bewertet werden. Es geht mir sehr, sehr schlecht. Es ist sehr, sehr hart und zieht extrem viel Energie. Es steht definitiv eine Sperre im Raum. Wenn es schlecht läuft, fällt für mich auch die Olympiade aus."
Keine Täuschungsabsicht
Wie der DSV mitteilte, sei Carl der Hustensaft "am 26. März nach ihrem letzten Rennen bei den CISM Winter-Militärweltspielen durch einen Truppenarzt der Bundeswehr medizinisch verordnet und verabreicht" worden. "Aus Sicht des Verbandes spricht alles gegen eine Täuschungsabsicht", schrieb der DSV. Allerdings kann auch eine fahrlässige Einnahme eine Sperre zur Folge haben.
"Victoria Carl wird derzeit mit möglichen Konsequenzen konfrontiert, für die sie medizinisch nicht verantwortlich ist. Eine Sperre, insbesondere mit Blick auf die Olympischen Spiele, wäre aus unserer Sicht weder gerecht noch verhältnismäßig", sagte Stefan Schwarzbach, Vorstand Kommunikation im DSV: "Wir stehen für sauberen Sport – aber ebenso für Fairness und Verantwortung."
Was folgt?
Die Konsequenzen könnte denen im Fall der norwegischen Spitzenläuferin Therese Johaug ähneln. Bei dieser war im Jahr 2016 ein Test auf die Substanz Clostebol positiv gewesen. Der Wirkstoff war demnach in einer Creme enthalten, die Johaug von einem Teamarzt wegen eines Sonnenbrands auf der Lippe gegeben worden war. Auch wenn der Arzt die komplette Verantwortung übernahm, wurde Johaug schließlich 18 Monate gesperrt.
Der DSV hofft nun, dass Carl, die 2022 in Peking Olympiagold im Teamsprint mit Katharina Hennig-Dotzler geholt hatte, eine ähnliche Strafe erspart bleibt. "Sie wird derzeit mit möglichen Konsequenzen konfrontiert, für die sie medizinisch nicht verantwortlich ist. Eine Sperre, insbesondere mit Blick auf die Olympischen Spiele, wäre aus unserer Sicht weder gerecht noch verhältnismäßig", sagte Stefan Schwarzbach, Vorstand Kommunikation im DSV.
Bei Clenbuterol allerdings verstehen die Dopingjäger keinen Spaß, zu unrühmlich ist die Geschichte der Substanz im Sport. Die deutsche Sprinterin Katrin Krabbe wurde mit dem Mittel erwischt, dass boulevardesk gerne unter dem Label "Kälbermastmittel" läuft. Auch Radstars, darunter Alberto Contador, manipulierten mit dem Mittel.
Ursache noch ungeklärt
Im Normalfall sollten bei einem (Sport-)Mediziner sämtliche Rote Lampen blinken, sollte Clenbuterol in einem Medikament enthalten sein. Warum die Gabe trotzdem geschah, muss nun geklärt werden - letztlich könnte dies aber nur einen Nebenrolle spielen. Positiv ist positiv - auch wenn Carl anders hofft.
"Ich hoffe, dass die NADA (Nationale Anti-Doping-Agentur, d. Red.) meine Tests, die alle negativ waren im Vorfeld zu den Wettkämpfen, berücksichtigt", sagte sie.
Der herbe Schlag folgt nach Carls bester Saison: Im Gesamtweltcup wurde sie Zweite, das war zuvor noch nie einer deutschen Läuferin gelungen. Am 26. März war der Weltcupwinter längst beendet, die Militär-WM eigentlich ein Bonusstart für die Bundeswehr-Angehörige - es könnte auf absehbarer Zeit ihr letzter gewesen sein.