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Kleine Schwester ganz groß: Selina Freitag mit WM-Silber im Skispringen

Eine überglückliche Selina Freitag an der Seite von Weltmeisterin Nika Prevs und Anna Odine Ström.
Eine überglückliche Selina Freitag an der Seite von Weltmeisterin Nika Prevs und Anna Odine Ström.Jonathan NACKSTRAND / AFP
Nach ihrem Traumsprung zu Silber plumpste Selina Freitag juchzend in den Schnee, die entthronte Weltmeisterin Katharina Schmid zog ihre Teamkollegin das Stück den Gegenhang hinauf - und auf der Tribüne platzte der große Bruder Richard fast vor Stolz: Deutschlands beste Skispringerin hat bei der WM in Trondheim mit riesiger Nervenstärke den größten Erfolg ihrer Karriere gefeiert und dem DSV-Team die erste Medaille in Norwegen beschert.

"Ich bin megahappy. Dass ich hier solche Sprünge zeigen konnte, ist unglaublich", sagte die 23 Jahre alte Freitag, die sich wie zuletzt schon viermal in Serie im Weltcup nur der slowenischen Überfliegerin Nika Prevc geschlagen geben musste. Für die Sächsin war es die erste Einzelmedaille bei einer großen Meisterschaft. 2023 in Planica hatte Freitag Gold mit dem Team und dem Mixed-Team geholt. "Ihr Selbstvertrauen macht sie derzeit stark, sie hat einen Riesenjob gemacht", sagte Bundestrainer Heinz Kuttin.

Nach Sprüngen auf 99,0 und 103,5 m lag Freitag - die ohne Weltcupsieg in ihrer Karriere nach Trondheim gereist ist - mit 250,8 Punkten recht deutlich hinter der 19 Jahre alten Prevc (259,2/98,0+100,0). Freitags gewohnte Probleme bei der Landung kosteten sie erneut Punkte. "Ich bin eben keine Landekatze", hatte sie gesagt. Dritte wurde Anna Odine Ström (Norwegen/246,6).

Chancenlos war Titelverteidigerin Schmid. Die Rekordweltmeisterin, die derzeit mit großen technischen Problemen zu kämpfen hat, kam nach einem soliden und einem schwachen Sprung nicht über Platz 19 hinaus. "Mein Wettkampf war nicht gut - aber für Seli freue ich mich riesig", sagte Schmid. Zweitbeste Deutsche war Agnes Reisch auf Rang zehn.

Gleich am Samstag haben Freitag, Schmid und Co. im Team-Wettbewerb die nächste Medaillenchance. "Heute stoßen wir an. Und dann fokussieren wir uns sofort auf Samstag", sagte Freitag.

"Einfach Selina"

Freitag hatte sich in den Wochen vor der WM in der Weltspitze etabliert. Siebenmal stand sie in der laufenden Saison auf dem Weltcup-Podest. "Es ist einfach schön zu sehen, wie sie sich entwickelt hat", sagte Richard Freitag in Trondheim am ZDF-Mikro: "Das ist Natur pur, einfach Selina." Er selbst hatte zweimal Team-Gold bei Weltmeisterschaften, aber nie eine Einzelmedaille gewonnen.

Nika Prevc holte damit den ersten Titel bei einer Nordisch-WM für die Skisprung-Familie Prevc. Ihr großer Bruder Peter war 2013 Vizeweltmeister auf der Großschanze, hatte zudem ebenso wie Domen Prevc dreimal WM-Gold im Fliegen geholt. Der dritte Bruder Cene gewann 2022 wie Peter mit Sloweniens Team Olympia-Silber.

Die Stimmung im deutschen Team war vor dem ersten Wettkampf einigermaßen gedrückt. Am Vorabend hatte sich Luisa Görlich in der Qualifikation wohl erneut schwer verletzt. Die 26-Jährige hatte nach ihrem zweiten Kreuzbandriss erst Mitte Februar ihr Weltcup-Comeback gefeiert.

"Das hat die Teamkolleginnen natürlich beschäftigt. Aber sie müssen sich natürlich auf ihren Wettkampf fokussieren - anders wäre Luisa ja auch nicht geholfen", sagte DSV-Sportdirektor Horst Hüttel dem SID. Freitags Coup war für Görlich ein kleines Trostpflaster.