Linus Straßer nahm seine atemraubende Schrecksekunde zum Saisonabschluss mit Humor. "Mein erster Gedanke war: Ich muss über ihn drüber springen!", sagte der Münchner Slalom-Löwe über seine Beinahe-Kollision mit einem verirrten Pistenarbeiter.
Doch wie Straßers "enge Kiste" beim Saisonfinale von Sun Valley ging der gesamte alpine Weltcup-Winter aus deutscher Sicht glücklich aus: Der WM-Dritte fuhr unbeeindruckt und "sehr zufrieden" auf Rang sechs, Lena Dürr erlebte als starke Zweite sogar "ein perfektes Ende" – und hübschte die durchwachsene Bilanz auf.
Für die 33-Jährige war es nach einem zweiten und zwei dritten Plätzen die vierte "Stockerl"-Fahrt. Dank der beiden Siege und einem weiteren zweiten Rang von Aufsteigerin Emma Aicher sind die Frauen einigermaßen im Soll.
Die Männer um Straßer hingegen gingen erstmals seit 21 Jahren im Weltcup leer aus. Weniger Podestplätze als die insgesamt sieben diesmal gab es zuletzt 2020/21 mit fünf.
Maier sieht "schwächere Saison"
Wolfgang Maier blickte deshalb kritisch zurück. Er sei "nicht so begeistert" vom Gesamtabschneiden seiner Mannschaft, sagte der Alpinchef, die Zielsetzung seien zehn bis 15 Podestplätze gewesen. "Es war eher eine schwächere Saison, weil einfach die Ergebnisse nicht so gestimmt haben, wie man es erwartet hatte", gab Maier zu: "Es war einfach zu wenig, was wir gezeigt haben."
Im nächsten Winter stehen Olympische Spiele an. Maier neigt nicht zu Panikmache. Schließlich gibt es für die durchwachsenen Vorstellungen gute Gründe.

Bei den Frauen fehlen hinter Shootingstar Aicher und der erfahrenen Dürr die Breite und der Nachwuchs. Das Männer-Team war nach Rücktritten, Verletzungen und Erkrankungen "sehr ausgedünnt", wie Maier richtig feststellte.
Trotzdem geben gerade die Männer Anlass zu Optimismus. Zur Bilanz gehören nämlich auch die beiden Goldmedaillen bei der Junioren-WM durch Felix Rösle und Benno Brandis. ARD-Experte Felix Neureuther sieht für die Zukunft "zwei richtig heiße Eisen im Feuer". Wie Maier weist er jedoch darauf hin, dass die Youngster noch Jahre zur Entwicklung brauchen.
Hoffnungsträgerin Emma Aicher
Insgesamt erwartet der DSV-Sportchef, "dass wir uns hinterfragen - aber nicht in dem Sinne, dass man sich gegenseitig zerstört". Es gehe darum zu erörtern: "Haben wir das, was wir geplant haben, umgesetzt? Ist der Invest, den wir getätigt haben, speziell im Nachwuchs, richtig eingesetzt und zielführend?" Und wie kann es gelingen, "dass wir (...) wieder eine Frauenmannschaft entwickeln, mit mehreren Läuferinnen"?
Aicher dient dabei als Fixpunkt. Die 21-Jährige werde den deutschen Skifans "noch viel Freude bereiten", prophezeite Neureuther. Aichers großes Plus ist ihre schwedische Coolness. "Sie kann mit Drucksituationen extrem gut umgehen", sagte Neureuther.
Wie Straßer, der bei der WM auf den letzten Drücker eine Nullrunde verhindert hatte. Sein Fazit? "Alles in Ordnung." Und der Fast-Crash? "Stehenbleiben war keine Option." Das gilt mit Blick auf Olympia für das gesamte Team.