Messi und Argentinien - eine unendliche Leidensgeschichte mit Happy End?

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Messi und Argentinien - eine unendliche Leidensgeschichte mit Happy End?
Messi und Argentinien - eine unendliche Leidensgeschichte mit Happy End?
Messi und Argentinien - eine unendliche Leidensgeschichte mit Happy End?AFP
Wenn Lionel Messi am Sonntag den Rasen des Lusail-Stadions betritt, wird er mit seinem 26. WM-Spiel den bisherigen Rekordhalter Lothar Matthäus (25) ablösen. Im Halbfinale gegen Kroatien setzte sich "La Pulga" mit einem verwandelten Elfmeter unter die Latte an die Spitze der argentinischen WM-Torschützenliste (11). Zwei Meilensteine, die die brillante Karriere eines der größten Fußballer aller Zeiten abrunden werden. Der größte aller Meilensteine fehlt jedoch noch. Es ist möglich, dass das Finale gegen Frankreich endlich die Antwort liefert, auf die die ganze Welt wartet.

Die Beziehung zwischen Messi und der argentinischen Nationalmannschaft war von vielen Höhen und Tiefen geprägt. Messi, der seit jeher als Nachfolger des legendären Maradona galt, ist oft genug unter dem Druck einer ganzen Nation zusammengebrochen.

Die Liebe seiner Landsleute zu ihm war immer leidenschaftlich, oft bis zum Äußersten getrieben und konnte in Sekundenbruchteilen in Wut umschlagen, wenn die Ergebnisse nicht den Erwartungen entsprachen. Und für Messis Argentinien überwogen die Misserfolge bei weitem die Erfolge.

Ein schlechter Start

Messis Weg in die Nationalmannschaft hätte kaum schlechter beginnen können als am 17. August 2005. Argentinien spielte in einem Freundschaftsspiel gegen Ungarn. In der 64. Minute brachte Trainer José Pékerman einen jungen Spieler, den damals bereits viele für eines der größten Talente seiner Generation hielten.

Messi war bereits seit fast einem Jahr in der ersten Mannschaft des FC Barcelona. Am 1. Mai desselben Jahres hatte er sein erstes Ligator für die Katalanen erzielt und wurde damit zum jüngsten Torschützen in der Geschichte von La Liga (17 Jahre, 10 Monate und 7 Tage).

Gegen Ungarn wollte Messi von der ersten Minute an überzeugen. Er nahm einen Ball im Mittelfeld an und dribbelte an den gegnerischen Spielern vorbei. Als Vilmos Vanczák, verzweifelt über die Schnelligkeit seines Gegners, ihn am Hemd zog, um ihn zu stoppen, versuchte Messi, sich zu befreien und schlug ihm mit der Hand an die Kehle. 

Der Schiedsrichter wertete die Aktion als absichtlich und zeigte ihm die rote Karte. Messis Nationalmannschaftsdebüt war nach nur zwei Minuten Spielzeit beendet. 

Erste Weltmeisterschaft 2006: Pékerman traut Messi nicht

Am 3. September 2005 spielte Argentinien in der Qualifikation der Weltmeisterschaft gegen Paraguay, ein Spiel, das Messi wohl als sein "wahres Debüt" bezeichnen würde. 

Im darauffolgenden Qualifikationsspiel gegen Peru stand er erstmals in der Startelf und verwandelte den Elfmeter, der der Albiceleste den Sieg sicherte. Seine Leistung veranlasste Trainer Pékerman, von einem "Juwel" zu sprechen und ihn in den Kader für die Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland aufzunehmen.

Nachdem er in Argentiniens erstem Spiel auf der Bank gesessen hatte, wurde Messi in der 74. Minute gegen Serbien und Montenegro als jüngster Spieler der Albiceleste bei einer Weltmeisterschaft eingewechselt. 

Schon nach wenigen Minuten bereitete er ein Tor von Hernan Crespo vor, später erzielte er nach einem Pass von Carlos Tevez das 6:0 selbst.

Messis spektakulärer Auftritt wurde mit einem Startplatz im letzten Gruppenspiel gegen die Niederlande belohnt. Das 0:0 bescherte Argentinien den Sieg in der Gruppe C. 

Nach einem Sieg gegen Mexiko im Achtelfinale scheiterten die Pumas im Viertelfinale an Deutschland, das sich nach 120 Minuten und einem 1:1-Unentschieden im Elfmeterschießen durchsetzte. 

Im Anschluss an das Spiel wurde Trainer Pékerman kritisiert, insbesondere weil er sich weigerte, den jungen Messi einzusetzen.

Maradona stur: Messi bei WM 2010 ohne Torerfolg

Mit 23 Jahren galt Messi bereits als einer der besten Spieler der Weltfußballgeschichte und wurde nicht selten mit dem legendären Maradona verglichen. 

Südafrika 2010 war das erste internationale Turnier, bei dem der Argentinier als einer der größten Stars galt. Umso besonderer, dass ausgerechnet Diego Maradona selbst Trainer bei Argentinien war.

Der Weg zum Finalturnier war, gelinde gesagt, turbulent. Messi erzielte in 18 Vorrundenspielen nur vier Tore und war unzufrieden mit der Position, auf der er spielen musste. 

Vor dem Finale trafen sich Trainer Diego Maradona und der Superstar des FC Barcelona, um die Rolle zu besprechen, die dem 23-Jährigen am besten liegt. Maradona bestand darauf, dass Messi weiterhin auf einer etwas zurückgezogeneren Position spielen sollte, um Argentiniens Spiel zu koordinieren.

Argentinien überstand die Gruppenphase ohne Probleme und schlug Mexiko im Achtelfinale. Wie vier Jahren zuvor traf man im Viertelfinale erneut auf Deutschland - und erneut war Schluss. In diesem Jahr kam man mit einem 0:4 besonders schwer unter die Räder. Messi gelang bei diesem Turnier kein einziges Tor.

Hatte es nach dem Turnier 2006 noch geheißen, Messi hätte der Retter der Nationalmannschaft sein können, so wurde ihm nun die Niederlage angelastet. Die Menschen in Buenos Aires hatten ihre Meinung geändert: Der Spieler des FC Barcelona hatte nichts mit dem großen Maradona gemein, der 1986 fast im Alleingang die Weltmeisterschaft gewonnen hatte. 

WM 2014: Mit einer Hand an der Trophäe

Vier Jahre später war die Kritik nach dem Afrika-Turnier aber längst wieder vergessen. Messi hatte bereits sechs spanische Titel, drei Champions Leagues und vier Ballon d'Ors gewonnen. 

Bei der Weltmeisterschaft selbst würde er 27 Jahre alt werden, ein Alter, das als ideal für große Leistungen gilt. Da das Turnier vom südamerikanischen Rivalen Brasilien ausgerichtet wurde, sahen es viele als die ideale Gelegenheit für Messi, einer WM seinen Stempel aufzudrücken und endlich den Pokal zu gewinnen.

"Jetzt wirst du sehen, Messi wird die Weltmeisterschaft gewinnen, Maradona ist größer als Pelé" - so lautete der Text eines Liedes, das argentinische Fans zur Musik von Creedence Clearwater Revival komponiert hatten. Beinahe wäre ihr Wunsch in Erfüllung gegangen.

Mit drei Gruppensiegen gegen Bosnien und Herzegowina, Iran und Nigeria startete die Albiceleste gut ins Turnier. Darauf folgten zwei knappe Siege gegen die Schweiz und Belgien.

Nach 120 Minuten spannendem Fußball im Halbfinale, in dem der Gegner aus der Niederlande aufopferungsvoll verteidigte, wurde das Spiel im Elfmeterschießen entschieden. Messi war einer der Torschützen, und die Fehlversuche von Ron Vlaar und Wesley Sneijder sicherten der Albiceleste den Einzug ins Finale.

Der ersten Weltmeisterschaft der nahezu makellosen Karriere des Lionel Messi stand einmal mehr Deutschland im Weg.

Auch im dritten Anlauf konnten die Argentinier den Fluch nicht brechen, Götzes Tor in der Nachspielzeit verhinderte den dritten WM-Titel der Südamerikaner und beließ es beim "nahezu makellos" für Messis Lebenslauf.

"La Pulga" wurde zwar mit dem Goldenen Ball, dem Preis für den besten Spieler des Turniers, ausgezeichnet. Angesichts der Tatsache, dass eine ganze Nation nichts weniger als den Titel erwartet hatte, war dies jedoch ein schwacher Trost.

Fünftägiger Ruhestand

Und nicht nur die Weltmeisterschaft war Messi durch die Lappen gegangen. Der argentinische Star führte seine Nationalmannschaft darüber hinaus zwar zweimal in Folge ins Finale der Copa América (2015, 2016). Beide Male war man gegen denselben Gegner aber nur zweiter Sieger - Chile

Nachdem Messi im Finale 2016 sogar einen Elfmeter verschossen hatte, war er mental völlig am Ende: "Ich habe ihn noch nie so am Boden zerstört gesehen", sagte sein Nationalmannschaftskollege und Freund Sergio Aguero nach der historischen Niederlage.

Die drei verlorene Endspiele in drei aufeinanderfolgenden Jahren zehrten an Messis Psyche, und er kündigte seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft an.

"Für mich ist die Nationalmannschaft eine beschlossene Sache. Ich habe alles getan, was ich konnte. Es gab vier Endspiele. Ich habe es versucht. Es war das, was ich am meisten wollte, aber ich konnte es nicht bekommen. Es ist schwer für mich, aber die Entscheidung ist gefallen und es gibt kein Zurück mehr", beschloss Messi damals, und hatte sichtlich Mühe, seine Tränen zu unterdrücken.

Fünfzigtausend Menschen gingen in Buenos Aires auf die Straße und skandierten "No te vayas, Leo" ("Geh nicht, Leo"), und fünf Tage später verkündete die argentinische Tageszeitung La Nacion, dass der Wunsch der Fans tatsächlich in Erfüllung gegangen war: Leo Messi werde doch mit der Albiceleste weitermachen.

"Meine Liebe zum Land und zum Nationaltrikot ist zu groß", kommentierte Messi den raschen Sinneswandel.

WM 2018: "Lasst uns aufhören, Messi zu vergöttern"

Doch bei der kommenden Weltmeisterschaft in Russland präsentierte sich Messi nur noch als ein Schatten des Spielers, der einst von einem ganzen Planeten verehrt wurde. 

Argentinien hatte sich mit einer alternden und in vielerlei Hinsicht mittelmäßigen Mannschaft nur mit Mühe für die Endrunde qualifiziert. Lediglich Messis Hattrick im letzten Qualifikationsspiel gegen Ecuador sorgte dafür, dass die "Pumas" überhaupt in Russland dabei waren.

Island, Kroatien und Nigeria schienen auf den ersten Blick eine durchaus machbare Gruppe zu sein, doch nach einem 1:1-Unentschieden gegen die Isländer, bei dem Messi einen Elfmeter verschoss, und einer herben Niederlage gegen Kroatien (0:3) hing das Weiterkommen von der dritten Begegnung gegen Nigeria ab.

Erst in der 86. Minute eröste Marcos Rojo (2:1) Argentinien, das von der internationalen Presse mit einem Sterbenden verglichen wurde, der nur noch von Maschinen am Leben gehalten wird.

Im Achtelfinale, das Argentinien mit 3:4 gegen Frankreich verlor, waren die Drähte endgültig gerissen. Das Spiel war weit weniger ausgeglichen, als es das Ergebnis vermuten ließ. 

"Wir sollten Messi nicht mehr vergöttern", wütete Maradona nach diesem Turnier. Obwohl die argentinische Legende oft an der Seite des Mannes stand, der seit über einem Jahrzehnt sein Nachfolger werden sollte, gab es Zeiten, in denen er ihn auch angriff. Das Turnier 2018 war eine davon: "Wenn er für Barcelona spielt, ist er ein Messi, wenn er für Argentinien spielt, ist er ein anderer Messi. Er ist ein großartiger Spieler, aber er ist kein Anführer. Es ist sinnlos, aus jemandem, der vor einem Spiel 20 Mal auf die Toilette geht, einen Anführer machen zu wollen."

Messi war damals 31 Jahre alt, und für viele war es nach diesem Turnier Gewissheit, dass er unvollendet bleiben und niemals eine Weltmeisterschaft gewinnen würde - wenn man es vorher nicht geschafft hat, wie könnte man es dann mit 35 Jahren schaffen?

WM 2022: Die letzte Patrone

"Die Weltmeisterschaft in Katar wird meine letzte Weltmeisterschaft sein", kündigte Messi kurz vor Beginn des Finalturniers an. Im Jahr 2026 würde er bereits 39 Jahre alt sein. Er könne sich nur "schwer vorstellen", in diesem Alter für Argentinien zu spielen.

Für die argentinischen Fans spielt das Alter dagegen keine Rolle. Für sie ist Messi auch mit 35 noch der beste Fußballer der Welt. Der Hoffnung auf den ersehnten WM-Titel wurde zusätzlich dadurch genährt, dass Argentinien sich im Vorfeld des Turniers tatsächlich in eine Mitfavoriten-Rolle gespielt hatte: Mit dem Copa America-Sieg 2021 in der Tasche und einer Serie von 36 ungeschlagenen Spielen reisten Messi und Co. nach Katar.

"Muchachos, Ahora nos volvimos a ilusionar, Quiero ganar la tercera, Quiero ser campeon mundial", so lautet der Text des Liedes, das die argentinischen Fans dieses Jahr komponiert haben ("Jungs, jetzt machen wir uns die Illusion, dass wir den dritten Pokal gewinnen, dass wir Weltmeister werden").

Nach dem 1:2-Schocker gegen Saudi-Arabien im ersten Gruppenspiel schien die Weltmeisterschaft wirklich nur eine weitere Illusion zu werden. 

Doch Siege gegen Mexiko, Polen, Australien, die Niederlande und Kroatien haben die Aussichten völlig verändert. Denn nun steht Messi, mit fünf Toren und drei Vorlagen bester Scorer des Turniers, zum zweiten Mal in einem WM-Finale - und ist erneut nur einen Schritt von der begehrtesten Trophäe im Sport entfernt.

Verewigt sich Messi durch einen Erfolg gegen Frankreich endgültig zum besten Spieler der Fußballgeschichte? Es ist schwer, ihn mit Spielern aus anderen Generationen wie Maradona und Pele zu vergleichen, aber ein Sieg im Spiel am Sonntag würde seinen Status als bester Spieler der Epoche endgültig festigen.