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"Noch nicht genug": Preuß und die schwächelnden Biathlon-Männer haben Medaillenlust

Franziska Preuß schreibt die positiven Schlagzeilen bei der Biathlon-WM.
Franziska Preuß schreibt die positiven Schlagzeilen bei der Biathlon-WM.FRANCK FIFE/AFP
Mit schelmischem Grinsen griff Franziska Preuß vor versammelter Mannschaft zum Rasierapparat und lebte als Belohnung für die magische Auftaktwoche von Lenzerheide ihre Kreativität als Friseurin aus. Sverre Olsbu Röiseland rasierte sie kurzerhand ein Herz und einen Blitz in die Seiten, Kristian Mehringer stieg gar mit einer Art Mönchsfrisur samt einrasiertem "W" am Hinterkopf nach verlorenem Wetteinsatz aus dem Sessel. Das Gelächter über die entstellten Trainer war groß, selbst die gebeutelten DSV-Männer vergaßen für einen Moment ihre verkorkste erste WM-Halbzeit.

Bei Preuß könnte die Laune dank ihres kompletten Medaillensatzes samt emotionaler Krönung in der Verfolgung ohnehin nicht besser sein. Doch vor dem Einzel am Dienstag (15.05 Uhr/ZDF und Eurosport) sehnte sich die deutsche Goldheldin einfach nur nach Ruhe. Sie habe für sich "ein gutes Programm für den Montag gefunden mit wenig Sport und viel Zeit im Bett, um möglichst viele Körner zu sparen", kündigte die 30-Jährige an: "Die zweite Woche wird nochmal lang. Ich mache nichts Besonderes."

Zuzutrauen ist ihr in der Form ihres Lebens in den verbleibenden vier Rennen alles. Er würde bei Preuß für die zweite WM-Hälfte "keine Limits setzen", betonte Felix Bitterling: "Sie ist wahnsinnig bei sich, strahlt Gelassenheit aus, ist sehr positiv mit Selbstvertrauen." Aber seine Spitzenathletin sei "kein Roboter. Mit jeder Medaille und jedem Titel wird auch das drumherum mehr", führte der DSV-Sportdirektor aus: "Irgendwann zieht das Energie. Das darf man nicht unterschätzen."

Doch Preuß kennt ihren Körper mittlerweile bestens, ging sowohl in der Vorbereitung als auch während der Saison immer wieder eigene Wege abseits des Teams. "Ich bin dieses Jahr etwas mutiger, weniger zu machen während des Winters", erklärte die Bayerin. Sie übernehme selbst für sich "Verantwortung" und habe "ganz gut den passenden Dreh rausgefunden". Den Glauben an sich hatte sie trotz unzähliger "Täler" nie verloren. "Ich wusste immer", betonte sie: "Wenn ich gesund bin, kann ich mehr schaffen."

Das beweist sie nun in Lenzerheide als Lebensversicherung des deutschen Teams mit Verfolgungs-Gold, Sprint-Silber sowie Bronze mit der Mixed Staffel. "Alles in allem drei Medaillen - sicher keine schlechte Ausbeute für die erste Woche", urteilte Bitterling als Halbzeitfazit für das gesamte Team: "Es freut uns sehr, dass der Medaillensatz komplett ist. Aber ganz klar haben wir noch nicht genug. Wir wollen in der zweiten Woche angreifen und für möglichst viele Höhepunkte sorgen."

Staffel als letzte Herren-Hoffnung

Die blieben von den nun auch noch vom Ausfall von Philipp Nawrath gebeutelten Männern bislang allerdings aus. Insgesamt 29 Fehler leisteten sich die vier DSV-Skijäger in Sprint und Verfolger (elf mehr als die deutschen Frauen), beste Resultate waren die Ränge 17 und 18. Damit könne "man bei einer WM überhaupt nicht zufrieden sein", sagte Philipp Horn. Insbesondere der Sprint sei "total enttäuschend" verlaufen. "Da waren neun Nationen besser als die Deutschen und das ist einfach nicht unser Anspruch."

Da müsse ein "doppelter Strich drunter", forderte Bitterling: "Die nächsten Rennen gehen alle bei Null wieder los." Gerade in Richtung Staffel müsse das Team "ein anderes Mindset am Schießstand haben, sonst wird es schwer. Aber wir geben auf keinen Fall die zweite Woche auf, bevor sie gestartet ist". Vielleicht würde ja auch den Männern ein gewagter Wetteinsatz ihrer Trainer als Ansporn helfen.