25 Entscheidungen, 200.000 Fans, ein Hauch von Olympia: Wenn Peter Schlickenrieder an die Weltmeisterschafts-Tage in Trondheim denkt, gerät er ins Schwärmen. "Für uns wird das ein Mini-Olympia", sagt der deutsche Langlauf-Teamchef, der 1997 selbst WM-Starter in der Küstenstadt war: "Wenn die Norweger im Wald campen, Lagerfeuer machen, die Kinder im Schnee spielen – dann ist das mit Winterspielen durchaus vergleichbar."
Das Problem: Ein Jahr vor den "echten" Olympischen Spielen in Mailand sind die deutschen Chancen in Trondheim ungleich verteilt. In der olympischen Premium-Disziplin Männer-Skispringen sind die Sorgen enorm. Gold-Hoffnungen gibt es eher in der Kombination. Doch genau jener Sparte droht das Olympia-Aus! Auch im Langlauf, wo es 2026 die meisten Medaillen zu holen gibt, hinkt das DSV-Team noch hinterher.
Eklatant ist die Formkrise bei Pius Paschke, Andreas Wellinger und Co. "Wir sind ganz weit weg vom Favoritentum", sagt Bundestrainer Stefan Horngacher. Von einer Einzelmedaille wie bei den letzten fünf Weltmeisterschaften sind die DSV-Adler weit entfernt. Und doch gebe es bei Weltmeisterschaften "eigene Gesetze", sagt der Österreicher.

Die besten Chancen dürfte noch Wellinger haben, vor zwei Jahren in Planica immerhin Zweiter von der Normalschanze. Doch auch der Bayer, der bei Olympia schon zweimal Gold einheimste, weiß: "Bei einer WM interessieren nur die ersten drei Plätze." Und davon war auch er zuletzt weit entfernt.
Am Ende werden wohl die Frauen die Skisprung-Kohlen in Trondheim aus dem Feuer holen müssen. Katharina Schmid, Selina Freitag und Agnes Reisch sind allesamt für eine Medaille gut. Für Olympia 2026 ist auch das aber nur ein kleiner Trost. Einen Teamwettkampf der Frauen wird es in Italien anders als in Trondheim nicht geben.

Nordische Kombination: Olympia-Aus droht
Noch größer ist die Diskrepanz zwischen WM und Olympia in der Kombination, seit jeher eine deutsche Domäne. Auch in Mailand werden keine Frauen am Start sein, für 2030 steht sogar die gesamte Sportart auf der Kippe. "Entweder es kommen die Damen dazu oder es kommen die Herren raus", prognostiziert DSV-Sportdirektor Horst Hüttel.
In Trondheim soll es ein Treffen mit dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) geben. Für Mai ist eine Vorauswahl der Olympia-Sportarten für 2030 angedacht. Ob die deutschen WM-Hoffnungen Vinzenz Geiger, Julian Schmid und Nathalie Armbruster dann dabei sind, ist also offen. In Norwegen sind sie es jedenfalls - und in jedem Wettkampf für einen Podestplatz gut.

Und der Skilanglauf, wo traditionell die meisten Medaillen vergeben werden? Ein Jahr vor Mailand sieht Schlickenrieder trotz der jüngsten Erfolge noch Aufholbedarf. "Ich bin nicht euphorisch, dass wir bei der WM die nächste Stufe erreichen, leider", sagt der deutsche Teamchef: "Der Schwerpunkt liegt auf den Teamwettbewerben, vor allem die Staffel der Damen."
Fest steht: Medaillen wird das nordische Team des DSV bei der WM fleißig sammeln, so wie immer in den vergangenen Jahren. Für Olympia wird das aber nicht viel heißen. Auch nicht, wenn das Flair an Schanzen und Loipen in Trondheim es anders vermuten lässt.