"Wir werden in der Angriffsposition bleiben", sagt Bundestrainer Stefan Horngacher - seine österreichischen Landsleute um den überragenden Tournee-Spitzenreiter Daniel Tschofenig sollten sich bei den Heimspielen in Innsbruck am Samstag (13.30 Uhr/ARD und Eurosport) und Bischofshofen am Montag (16.30 Uhr/ZDF und Eurosport) keinesfalls sicher fühlen: "Es sind noch zwei Wettbewerbe. Und jeder wird einmal schlecht springen. Man weiß nie, was passiert."
Was bis zum Ruhetag am Donnerstag passiert ist: Die Konkurrenten aus Österreich haben sich die klare Pole Position im Kampf um den Goldadler erarbeitet. Garmisch-Sieger Tschofenig führt mit umgerechnet jeweils rund viereinhalb Metern Vorsprung auf Jan Hörl und Oberstdorf-Gewinner Stefan Kraft. Paschke geht als Gesamtsechster in den erstmals seit 2016 ausverkauften Hexenkessel am Innsbrucker Bergisel - er benötigt nun ein kleines Winterwunder.
Umgerechnet stolze 14 Meter liegt der Bayer nach den Tagesplätzen vier und neun hinter Tschofenig zurück, in jedem der vier verbleibenden Durchgänge müsste Paschke also rein mathematisch dreieinhalb Meter weiter springen als der Spitzenreiter. Jedoch: Pius Paschke wäre nicht der Paschke-Pius, wenn er sich um solche Rechenspiele einen feuchten Kehricht scheren würde.
"Ich schaue nicht auf die Gesamtwertung, die war mir schon vor dem Garmisch-Springen egal", sagte 34-Jährige: "Es ist nur wichtig, was ich oben auf der Schanze mache. Und das wird auch in Innsbruck so sein. Ich messe mich an mir selber, alles andere ist egal. Der zweite Sprung in Garmisch hat sich wieder angefühlt wie die Sprünge vor ein paar Wochen - darauf kann ich aufbauen."
DSV-Adler rechnen sich immer noch Chancen aus
So wie Paschke nach seinen fünf Siegen zu Saisonbeginn nicht in höheren Sphären lustwandelte und eingefangen werden musste, benötigt er nun mentale Aufbauhilfe. Den mit Ausnahme eines leichten Trainings und des obligatorischen Medientermins freien Tag vor der Qualifikation am Freitag genoss er dennoch. Der inmitten von Stallungen und Grünflächen gelegene Traditions-Gasthof Isserwirt, in dessen holzvertäfelten Stuben Mundschänke seit dem 14. Jahrhundert ihrem Handwerk nachgehen, lud das dort einquartierte DSV-Team zur Entschleunigung ein - wenn der grundentspannte Paschke dieser denn bedurft hätte.
Seine Teamkollegen Karl Geiger, in Garmisch Sechster, und Andreas Wellinger (Zehnter), nahmen in den Wohlfühltag die erfreuliche Erkenntnis mit, dass ihre Formkurve deutlich nach oben zeigt. "Ich bin auf dem richtigen Weg", sagte Geiger mit Vorfreude auf Innsbruck, wo er 2019 WM-Gold mit dem Team und Einzel-Silber gewonnen hatte. Und mit all seiner Erfahrung macht Geiger, der im Gegensatz zu Paschke durchaus die Gesamtwertung studiert, auch den Teamkollegen Mut.
"Jeder muss erstmal acht Sprünge runterbringen. Und in dieser Tournee steckt eine unglaubliche Dynamik", sagte Geiger: "Es gibt Springer, die sich unglaublich absetzen können. Der Pius kann das, der 'Welle' auch. Ich sage niemals nie. Es wird schwierig. Aber es ist nicht unmöglich."